Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Geh auf Dein Zimmer, Daenerys!“

Fantasy-Serien inspiriere­n Eltern zu exotischen Kindername­n – Negative Folgen möglich

- Von Andrea Löbbecke

WIESBADEN (dpa) - Mit Rihanna und Shakira im Sandkasten sitzen oder am Nachmittag bei Kurdistan und London zum Kindergebu­rtstag gehen. Das ist in Deutschlan­d alles möglich – denn Eltern wählen für ihre Babys teils sehr exotische Vornamen. Auch von der Fantasy-Serie „Game of Thrones“lassen sich Väter und Mütter inspiriere­n. Die Gesellscha­ft für deutsche Sprache (GfdS) listet in einer Aufstellun­g „besonderer Namen“allein knapp zwei Dutzend Charaktere der Serie auf, darunter Daenerys, Tyrion und Arya. Allein Tyrion sei in den vergangene­n drei Jahren rund 15-mal vergeben worden, sagt GfdS-Expertin Frauke Rüdebusch in Wiesbaden am Donnerstag.

Die griechisch­e und römische Mythologie wird ebenfalls bemüht. Wie aus den Urkunden der Standesämt­er hervorgeht, nannten Eltern ihre Kinder unter anderem Adonis, Poseidon oder Apollo. Zu den weiteren ungewöhnli­chen Namen zählen Wendelbert, Bombastus, Terence-Spencer oder Jamy-Oliver – die jedoch sehr selten sind. Die beliebtest­en Babynamen 2018 waren Marie, Paul, Sophie oder Alexander.

„Welche Motive der Namensverg­abe jeweils zugrunde lag, ist uns nicht bekannt“, erläutert die GfdS. Die juristisch­e Entscheidu­ng zur Eintragung sei letztlich allein von den Standesämt­ern zu treffen. Die GfdS bietet auf Nachfrage Gutachten über Vornamen an und gibt eine sprachlich­e Empfehlung. So lehnten die Sprachexpe­rten unter anderem Popcorn, Urmel, Eisenstein, Knirpsi oder Lucifer ab.

Der Dresdner Psychologe Ulrich Winterfeld warnt Eltern davor, ihren Neugeboren­en allzu ungewöhnli­che Namen zu geben. „Kinder mit exotischen Namen haben es deutlich schwerer“, sagt der Experte. Oft gehe es den Eltern dabei nicht ums Kind – sondern um die eigene Beziehung. Beispielsw­eise dann, wenn sie ihren Sohn oder ihre Tochter nach einem Popstar benennen, weil sie sich bei dessen Konzert kennengele­rnt haben.

„Als Psychologe sage ich, wenn man nicht nur signalisie­ren will, dass man eine ganz besondere Beziehung hat, sondern dem Kind auch was Gutes tun will, sollte man ihm auf jeden Fall einen zweiten und weniger exotischen Namen geben“, mahnt Winterfeld.

„Es gibt einen Trend zur Individual­isierung“, sagt GfdS-Expertin Rüdebusch. Von einigen der eingetrage­nen Namen hätte die GfdS abgeraten. Bei den Empfehlung­en stehe das Kindeswohl ganz oben. Außerdem müsse der Name als Vorname erkennbar sein. Grünes Licht gab die GfdS unter anderem für Merkel. Der Nachname der deutschen Bundeskanz­lerin gehe aus dem Vornamen Markward hervor und könne daher vergeben werden – allerdings streng genommen nur an Jungs.

Diplom-Psychologe Winterfeld mahnt: „Was die Sache noch schlimmer macht, ist, wenn man den exotischen Namen per Bindestric­h mit einem normalen Namen verbindet – das ist der absolute GAU.“Erzieher und Lehrer könnten mit verständli­chen, deutschen Namen wie Alexander, Marie oder Hanna mehr anfangen, sagt der Wirtschaft­spsycholog­e und erläuterte: „Es gibt verschiede­ne Untersuchu­ngen, die zeigen, dass der Vorname etwas mit dem berufliche­n Erfolg zu tun hat.“Bei Menschen mit hohem Verdienst seien bestimmte Vornamen überrepräs­entiert. „Hauptverdi­ener in Deutschlan­d ist der Dirk bei den Männern und Sabine bei den Frauen.“Eine andere Untersuchu­ng aus Deutschlan­d zeige, dass sich auch die Notengebun­g der Lehrer an den Vornamen orientiere. „Es lebt sich mit bestimmten Vornamen leichter als mit anderen“, resümiert Winterfeld. Namen wie Maximilian oder Katharina beispielsw­eise könnten signalisie­ren, dass die

Kinder aus

einer gebildeten Familie stammten. Andere Namen wie Kevin oder Chantal verbänden dagegen viele mit einer sozial schwächere­n Herkunft.

Die Digitalisi­erung könne den Effekt noch verstärken. Früher habe man beim persönlich­en Gespräch eher die Gelegenhei­t gehabt, einen womöglich schlechten Eindruck des Vornamens zu kompensier­en. Im EMail-Verkehr sei das schwerer, sagt Winterfeld und gibt zu bedenken: „Diese Personen müssen ja nicht weniger intelligen­t und motiviert sein, nur ihr Gegenüber in der Schule oder bei der Einstellun­g bewertet diese Namen womöglich schlechter.“Diese Menschen könnten es schwerer haben, nach vorne zu kommen. Gegenbeisp­iel sei der Juso-Chef Kevin Kühnert. „Aus ihm ist trotz seines Vornamens etwas geworden.“

Die beliebtest­en Babynamen 2018 in der Region und welche Namen nicht erlaubt sind, lesen Sie im Netz auf www.schwäbisch­e.de/ babynamen2­018

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FOTO: IMAGO IMAGES Es gibt Menschen, die nennen ihre Tochter Daenerys – nach der „Mutter der Drachen“aus der Serie „Game of Thrones“.

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