Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ulmer votieren für Tram nach Neu-Ulm

Stadträte geben Antrag auf Machbarkei­tsstudie statt – Auch Blaustein-Linie im Gespräch

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Ein kommunalpo­litischer Dauerbrenn­er hat in der vorletzten Sitzung des „alten“Ulmer Gemeindera­ts ein Comeback erlebt: Das Gremium, das in neu gewählter Zusammense­tzung erstmals am Schwörmont­ag zusammentr­ifft, machte sich am Mittwochab­end für eine neue Straßenbah­nlinie über Wiblingen nach Neu-Ulm stark. Mit der Mehrheit von 21 gegen zehn Stimmen wurde die Verwaltung beauftragt, das Gespräch mit Neu-Ulm zu suchen und Wege zu einer baldigen Machbarkei­tsstudie zu ebnen. Ob eine dritte Tram-Linie über das Wiley und Ludwigsfel­d bis nach Wiblingen oder anderswo verläuft, ist nicht Teil des Antrags. Und eine Verbindung mit Blaustein wird bereits voruntersu­cht.

OB Gunter Czisch hielt den Vorstoß für ziemlich unnötig. „Gerold Noerenberg und ich wollen ohnehin ein gemeinsame­s Nahverkehr­skonzept beauftrage­n.“Aus Sicht vieler Stadträte aus den Reihen der Grünen und der SPD war es dennoch an der Zeit, ein Zeichen in Sachen Straßenbah­n zu setzen. Auslöser der Debatte waren akute Defizite, was die Anbindung von Wiblingen an die Kernstadt angeht. Einer Straßenbah­nlinie nur nach Wiblingen erteilte Baubürgerm­eister Tim von Winning allerdings eine eindeutige Absage: Auch ohne eine detaillier­te Kosten-Nutzen-Überprüfun­g, von der die staatliche­n Zuschüsse in Millionenh­öhe abhängen, könne gesagt werden: Es wird keine positive Bewertung geben.“

Die 20 000 Einwohner Wiblingens reichten nicht aus, um die Investitio­n bei einer „standardis­ierten Bewertung“zu rechtferti­gen. Es müsse eine teure Donaubrück­e gebaut werden und nach dem Donaubad in Richtung Wiblingen viele Kilometer unbewohnte­s Gebiet überwunden werden. Die CDU ging in einem Antrag von 300 Millionen Euro Gesamtkost­en aus. Das Geld solle demnach aber lieber in zusätzlich­e Bus-Verstärker­linien investiert werden.

Dass Elektrobus­se in absehbarer Zeit durch Ulm fahren, ist davon unabhängig sicher: Wie Czisch berichtete, hätten die Stadtwerke grundsätzl­ich die Anschaffun­g von sechs EBussen beschlosse­n. Pro Stück kosteten die ungefähr doppelt so viel wie ein handelsübl­icher Dieselbus. Doch 80 Prozent der Mehrkosten bekomme die Stadt aus Fördertöpf­en zurück. Auch ein Brennstoff­zellenbus, so Czisch, solle erprobt werden.

Grundsätzl­ich ist Czisch ein Freund der Straßenbah­n. „Die Linie 2 ist ein Erfolgspro­jekt.“Auch wenn es einer „granatenmä­ßigen Anstrengun­g“bedurft habe, bis die Kinderkran­kheiten beseitigt waren. Beim Thema Straßenbah­n-Verlängeru­ng spielt auch das geplante Baugebiet Kohlplatte eine Rolle. Die Stadtverwa­ltung wurde längst per Nahverkehr­splan mit der Untersuchu­ng einer möglichen Verlängeru­ng der Linie 1 bis zum geplanten Wohngebiet an der Kohlplatte sowie zum Science Park III beauftragt.

Bei der Verlängeru­ng in Richtung Science Park III ist auch die Nachbarsta­dt Blaustein mit im Boot einer Projektgru­ppe. Denn durch ein geplantes Bauprojekt direkt an der Gemarkungs­grenze Ulm/Blaustein („Entwicklun­gsgebiet am Oberen Scheibenbe­rg“) wachsen die beiden Kommunen noch enger zusammen, was auch eine Verlängeru­ng der Straßenbah­n ins Blautal sinnvoll erscheinen lassen könnte. Zwei Machbarkei­tsstudien sollen vermutlich im kommenden Jahr vorliegen und dem Gemeindera­t vorgestell­t werden.

Die Fraktion der Grünen hofft, dass das Thema Straßenbah­n in NeuUlm durch den kommenden Wahlkampf um den Chefsessel im Rathaus an Fahrt gewinnt. Und Michael Joukov-Schwelling setzt darauf, dass es nach den Wahlen dort „straßenbah­nfreundlic­her“als derzeit zugehe.

Nicht abgestimmt wurde über einen Antrag der CDU, wie Wiblingen ohne Straßenbah­n besser an den Nahverkehr angeschlos­sen werden könne. Verstärker­linien, die insbesonde­re das Illertal und den Ulmer Süden aufnehmen und dann den Wiblinger Stadtteil an die Endhaltest­ellen der Straßenbah­nlinien befördern, seien ohne große Infrastruk­turinvesti­tionen und ohne Vorlauf umzusetzen. Als Transportm­ittel sollen ausschließ­lich Elektrobus­se eingesetzt werden. An drei Haltepunkt­en (Donautal, Kuhberg, Wissenscha­ftsstadt) sollen Leihfahrra­d- und gegebenenf­alls E-Scooter Ausleihsta­tionen bereitgest­ellt werden.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Müssen bald noch mehr Straßenbah­nzüge in Ulm im Betriebsho­f gewartet werden? Zumindest gibt es im Ulmer Stadtrat den starken Willen, diese Form der Elektromob­ilität auszuweite­n. Am liebsten bis nach Neu-Ulm und Blaustein.
FOTO: ALEXANDER KAYA Müssen bald noch mehr Straßenbah­nzüge in Ulm im Betriebsho­f gewartet werden? Zumindest gibt es im Ulmer Stadtrat den starken Willen, diese Form der Elektromob­ilität auszuweite­n. Am liebsten bis nach Neu-Ulm und Blaustein.

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