Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Doppel-Sieg von Paris ist noch immer nicht verarbeitet
Kevin Krawietz und Andreas Mies zählen in Wimbledon zum Favoritenkreis – Die Briten schauen vor allem auf Andy Murray
WIMBLEDON/FRANKFURT (SID) Zwei Deutsche, die bis zu ihrem überraschenden Doppel-Sieg bei den French Open in Paris nur TennisExperten vertraut waren und die Rückkehr des britischen Lieblings Andy Murray rücken die Doppelkonkurrenz beim Rasenklassiker in Wimbledon mehr als gewohnt in den Mittelpunkt.
Beim gemeinsamen Abendessen in Antalya sinnierten Deutschlands neue Doppel-Stars Andreas Mies und Kevin Krawietz dieser Tage noch einmal über ihren großen French-Open-Erfolg. „Hast du es inzwischen verstanden?“, fragte Mies. „Ehrlich gesagt, so richtig gecheckt habe ich es immer noch nicht“, antwortete Krawietz. Der Triumph von Paris hat das Leben der beiden auf den Kopf gestellt und sie auch für Wimbledon in die Rolle der Mitfavoriten befördert.
Vor dem am Montag beginnenden Rasen-Grand-Slam gehören Krawietz und Mies plötzlich zu den großen Nummern in der Doppelkonkurrenz. Sie sind zwar nicht ganz so groß wie der zweimalige Olympiasieger Wimbledon-Champion Andy Murray, der an der Seite von Doppelspezialist Pierre-Hugues Herbert aus Frankreich ein vielbeachtetes Comeback gibt, aber sie zählen eben doch zu den prominenteren Gesichtern dieser manchmal etwas stiefmütterlich behandelten Variante.
Der sensationelle Erfolg in Paris hat für die Deutschen vieles verändert. „Da ist einiges auf uns eingeprasselt“, sagt Mies, genossen hat er allerdings jede Sekunde davon. „Ich könnte noch viele Superlative dafür finden, was uns da gelungen ist“, berichtet er. Am Samstagabend wird der 28-Jährige zusammen mit Doppel-Partner Krawietz (27) noch im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF zu Gast sein. Auch damit, gesteht er ein, gehe ein „kleiner Kindheitstraum“in Erfüllung.
Es waren drei Wochen im Ausnahmezustand für Krawietz/Mies, und ganz spurlos sind diese am Duo offenbar nicht vorbeigegangen. Beim Heim-Turnier in Halle/Westfalen und nun auch in Antalya verloren sie jeweils ihr Auftaktmatch. „Ich glaube aber immer noch, dass uns das Ganze mehr beflügelt als belastet“, behauptet Mies, gibt aber zu: „Die Umstellung auf Rasen braucht einfach etwas Zeit, und die hatten wir jetzt nicht wirklich.“
Immerhin spielte sich Krawietz bei einem seiner selten gewordenen Einzel-Auftritte in Antalya über die Qualifikation bis ins Achtelfinale vor und erhielt so doch noch ein wenig Spielpraxis. Und auch Mies, der im Vorjahr bei einem Challenger-Turnier erstmals überhaupt in seiner Karriere auf Rasen spielte, hat seinen Optimismus nicht verloren. „Es ist ein Belag, der uns schon liegt“, sagt er: „Zudem haben wir gute Erinnerungen.“
Auf dem Rasen von Wimbledon spielten Krawietz/Mies im Vorjahr erstmals ein gemeinsames MajorTurnier. Erst im Achtelfinale war nach zwei eigenen Matchbällen gegen die späteren Sieger Mike Bryan/ Jack Sock (USA) Schluss. „Wir trauen uns wieder zu, die zweite Woche zu erreichen“, gibt Mies als vorsichtige Zielsetzung vor. Schließlich lockt spätestens dort auch ein Duell mit Murray. Sie bleiben aber auch realistisch: „Es gibt im Doppel keine Topfavoriten. Dafür sind die Unterschiede zu gering. Alles ist möglich.“Das wissen Krawietz und Mies schließlich aus eigener Erfahrung.