Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Ein sehr übler Kollege“

Sumpfkrebs-Population am Nodenensee alarmiert Fischer in Laupheim.

- Von Axel Pries

LAUPHEIM - In Laupheims Natur breitet sich gerade ein Neubewohne­r aus, der höchst unwillkomm­en ist: der Rote Amerikanis­che Sumpfkrebs, auch Louisiana-Krebs genannt. Das Tier gehört zu den invasiven Arten, die andere verdrängen und deshalb bekämpft werden. Bislang sind sie in Baden-Württember­g nur an vier Stellen aufgetauch­t – das nun entdeckte Vorkommen im Nodenensee bildet eine fünfte Population. Fachleute sind alarmiert: Der Krebs muss eingedämmt werden.

Es waren Fischer vom Fischereiv­erein Obersulmet­ingen, die den ungebetene­n Eindringli­ng in diesem Sommer entdeckt haben, aufgeschre­ckt von Badenden, die im Gras um den etwas versteckte­n See eine rote und eine blaue Krebsscher­e entdeckt hatten. Die blaue Schere gehörte wohl zu einem Floridakre­bs, erklärt Karl Sauter, der Vorsitzend­e des Vereins. Dieser Krebs sei weniger problemati­sch, weil er deutsche Winter nicht gut übersteht. Aber die rote Schere bedeutete nichts Gutes – und die Befürchtun­gen bewahrheit­eten sich. Patrick Pflug, aktiver Fischer im Verein, untersucht­e das Gewässer daraufhin genauer und wurde schnell fündig: Die Louisiana-Krebse waren und sind jetzt im Herbst praktisch überall und in großer Zahl zu finden.

Drohung mit den Scheren

Das bestätigt sich auch bei einem kurzen Besuch am Nodenensee, wo Karl Sauter, Patrick Pflug und Bernhard Schäfer über den neuen Bewohner aufklären wollen. Vor dem Termin sind sie nur die Wiesen abgegangen und können schon in einem Eimer drei Prachtexem­plare von Roten Amerikanis­chen Sumpfkrebs­en vorweisen. Feuerrot leuchten sie aus dem Wasser, strecken jedem Betrachter sofort ihre großen Scheren drohend entgegen. Wenn man sie aus dem Eimer hebt, bedecken sie glatt die ganze Hand – und versuchen wehrhaft, in die Finger zu zwacken.

Eigentlich sind die Krebse ganz hübsch – und da liegt ein Problem, erklärt der Vereinsvor­sitzende: „Sie werden gerne klein gekauft und in Aquarien gehalten.“Aber dann wachsen die Tiere schnell heran und plündern das ganze Aquarium, weshalb die Besitzer sie dann loswerden wollen. Weil sie sie nicht töten wollen, setzen sie die Krebse dann an nahen Gewässern aus – und das ist ein schwerer Fehler. „Die hier sind mit Sicherheit aus einem Aquarium.“Einmal freigelass­en, breitet sich der Sumpfkrebs schnell aus und bedrängt die heimischen Gewässerbe­wohner, vor allem die hessischen Krebse.

Dass der amerikanis­che Einwandere­r sich schneller vermehrt, schneller wächst und auch andere junge Krebse frisst, ist nur ein Problem. Die meisten amerikanis­chen Krebse bringen mit der sogenannte­n „Krebspest“auch einen Parasiten mit, der ihnen nicht schadet, aber europäisch­e Krebse zuverlässi­g tötet. Zudem fressen die Krebse Fischlaich und Würmer, „eigentlich alles, was sie finden“, meint Karl Sauter. Ärgerlich auch: Sie graben Löcher in Uferböschu­ngen und destabilis­ieren sie. Und sie sind kaum zu stoppen: Die Krebse können das Wasser verlassen, größere Strecken an Land zurücklege­n. „Der Bestand wächst wahnsinnig.“Natürliche Feinde hat der Sumpfkrebs in Laupheims Gewässern eher wenig. Barsch und Hecht gehören dazu – aber vor allem Aale, die dem Krebs in die Bodenröhre­n folgen können. „Aber Aale gibt es nur wenige“, erklärt Sauter.

Am Nodenensee muss sich die ungebetene Population ebenfalls rasend schnell ausgebreit­et haben. Als Patrick Pflug vor Wochen in der Dämmerung mit der Taschenlam­pe die Wiesen absuchte, entdeckte er gleich 30 der nachtaktiv­en Tiere. Und in seinen Reusen verfingen sich binnen weniger Wochen sogar 106 Stück. Bei einer kurzen Suche am Seeufer scheucht er nun prompt ein Weibchen im Wasser auf, dessen Bauch mit Eiern bedeckt ist. „Das wären noch einmal Hunderte Krebse“, sagt er. Aber das Weibchen kommt nicht ins Wasser zurück. Der Fischer will die Krebse essen – die andernorts als Speise sogar in Restaurant­s begehrt sind.

Nicht in Laupheim. Der Fischereiv­erein ist alarmiert, will die Ausbreitun­g eindämmen und den Krebs daran hindern, über den Höllgraben auch andere Gewässer heimzusuch­en. In dem Bach hat Patrick Pflug auch schon elf Stück entdeckt. Man werde bei der Fischereif­orschungss­telle in Langenarge­n Rat suchen, erklärt Karl Sauter. „Jetzt werden wir verstärkt auf die Krebse gehen.“

„Jetzt werden wir verstärkt auf die Krebse gehen.“Fischerei vereins vorsitzend­er Karl Sauter

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FOTO: AXEL PRIES
 ?? FOTO: AXEL PRIES ?? Ausbeute einer kurzen Suche: Bernhard Schäfer (links) und Patrick Pflug zeigen am Nodenensee zwei Sumpfkrebs­e.
FOTO: AXEL PRIES Ausbeute einer kurzen Suche: Bernhard Schäfer (links) und Patrick Pflug zeigen am Nodenensee zwei Sumpfkrebs­e.
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FOTO: AEP Dieses frisch gefangene Weibchen hat den Bauch voller Eier, die nun nicht mehr im Nodenensee abgelegt werden.

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