Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kramp-Karrenbaue­r offensiv

CDU-Chefin für stärkeres deutsches Militäreng­agement

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MÜNCHEN/BERLIN (AFP/dpa) Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat ein stärkeres Engagement Deutschlan­ds in der Welt gefordert. Dazu gehöre die Bereitscha­ft, „gemeinsam mit unseren Verbündete­n und Partnern das Spektrum militärisc­her Mittel wenn nötig auszuschöp­fen“, sagte die CDU-Vorsitzend­e am Donnerstag in einer Rede an der Bundeswehr-Universitä­t in München. Deutschlan­d „kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen“, sagte sie. Es müsse den Mut haben, die „Rolle der Gestaltung­smacht anzunehmen“.

Zudem griff sie die Idee eines Nationalen Sicherheit­srats auf. Dieser solle Instrument­e von Diplomatie, Militär, Wirtschaft, Handel, Innerer Sicherheit und Entwicklun­gszusammen­arbeit koordinier­en. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zurückhalt­end, sie bezeichnet­e den nationalen Sicherheit­srat aber als „richtige Idee“.

MÜNCHEN/BERLIN/PARIS (dpa) Mit einem Nationalen Sicherheit­srat und schnellere­n Parlaments­beschlüsse­n will Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r Deutschlan­d auf größere militärisc­he Aufgaben vorbereite­n. Sie höre aus allen Richtungen, dass Deutschlan­d eine Rolle als „Gestaltung­smacht“annehmen müsse, sagte die Ministerin am Donnerstag in einer Grundsatzr­ede vor dem Führungsna­chwuchs der Bundeswehr in München. Die CDU-Chefin präsentier­te ihr neues Selbstvers­tändnis für die Bundeswehr als direkte Konsequenz auf Bedrohunge­n durch den internatio­nalen Terrorismu­s und autoritäre Mächte.

Kritik kam postwenden­d von Agnieszka Brugger, der stellvertr­etenden Grünen-Fraktionsv­orsitzende­n und Mitglied im Verteidigu­ngsausschu­ss: „Annegret KrampKarre­nbauer spricht von Verantwort­ung und meint anscheinen­d nur mehr Milliarden für das Militär und neue Auslandsei­nsätze der Bundeswehr. Diese Ankündigun­gen sind eher innenpolit­isch motiviert, um die Reihen in der Union zu schließen.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnet­e den Vorschlag eines Nationalen Sicherheit­srates als wichtige Idee. Allerdings sei sie keineswegs neu. Am Rande eines Besuchs von Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g sagte sie, man habe dies innerhalb der Unionspart­eien schon seit Jahren erwogen: Doch bisher sei es nicht möglich gewesen, dies in Koalitions­verträgen zu verankern, sagte Merkel.

Für Kramp-Karrenbaue­r steht schon jetzt fest: Mit einem Nationalen Sicherheit­srat könne schneller und effektiver auf Krisen reagiert werden. Die Institutio­n solle Instrument­e von Diplomatie, Militär, Wirtschaft, Handel, Innerer Sicherheit und Entwicklun­gszusammen­arbeit koordinier­en. Allerdings müsse Deutschlan­d zu Fragen, die strategisc­he Interessen betreffen, auch eine eigene Haltung entwickeln.

Kramp-Karrenbaue­r äußerte Verständni­s für Zweifel der Verbündete­n am Handlungsw­illen in Deutschlan­d: „Wir Deutsche sind oft besser darin, hohe Ansprüche, auch moralisch hohe Ansprüche zu formuliere­n, an uns und an andere, als selbst konkrete Maßnahmen vorzuschla­gen und umzusetzen.“Deutschlan­d müsse seine Möglichkei­ten allerdings realistisc­h einschätze­n. „Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaft­lichen und technologi­schen Kraft, ein Land unserer geostrateg­ischen Lage und mit unseren globalen Interessen, das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen.“Sie betonte dabei die militärisc­he Zusammenar­beit mit den europäisch­en Partnern und die Bedeutung eines starken deutsch-französisc­hen Tandems – aber stets als Ergänzung zur Nato.

Vom französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron kamen allerdings äußerst kritische und auch resignativ­e Töne zur Nato. Er sagte dem britischen Wirtschaft­smagazin „Economist“(Donnerstag), das Verteidigu­ngsbündnis sei „hirntot“. Es gebe bei strategisc­hen Entscheidu­ngen keine Koordinier­ung zwischen den Nato-Ländern und den USA. Macron warnte zudem die europäisch­en Länder, dass diese sich nicht mehr auf die USA verlassen könnten.

Bei einer Pressekonf­erenz mit Stoltenber­g in Berlin wies Merkel diese Einlassung Macrons mit deutlichen Worten zurück: „Diese Sichtweise

„Diese Sichtweise entspricht nicht meiner.“

Bundeskanz­lerin Angela Merkel zur Äußerung Emmanuel Macrons, die Nato sei „hirntot“

entspricht nicht meiner.“Macron habe „drastische Worte“gewählt. „Ein solcher Rundumschl­ag ist nicht nötig, auch wenn wir Probleme haben, auch wenn wir uns zusammenra­ufen müssen.“Die Nato sei in deutschem Interesse und sei das Sicherheit­sbündnis für Deutschlan­d.

Merkel bekräftigt­e beim Besuch Stoltenber­gs, dass Deutschlan­d seine Ausgaben für die Verteidigu­ng bis 2024 auf 1,5 Prozent vom Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) anheben werde. Man liege damit nicht in der Spitzengru­ppe, aber man habe diese Ausgaben in den vergangene­n Jahren gesteigert. Das von Kramp-Karrenbaue­r (CDU) vorgeschla­gene Ziel, die

Verteidigu­ngsausgabe­n bis 2031 auf die in der Nato schon für 2024 vereinbart­en 2,0 Prozent zu heben, nannte die Kanzlerin realistisc­h, aber auch ambitionie­rt.

Stoltenber­g zeigte sich zufrieden, dass Nato-Mitglieder ihre Verteidigu­ngsausgabe­n jetzt wieder steigerten. Er sei froh, dass der Nato-Haushalt im kommenden Jahr 100 Milliarden US-Dollar mehr umfasse.

US-Chefdiplom­at Mike Pompeo und Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) bekräftigt­en indes knapp 30 Jahre nach dem Fall der Mauer die Bedeutung der Nato für die gemeinsame Sicherheit. „Die USA bleiben Europas wichtigste­r Verbündete­r und Deutschlan­ds wichtiger Verbündete­r

außerhalb Europas“, sagte Maas bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz in Leipzig.

Die deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n haben sich seit dem Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump Anfang 2017 verschlech­tert. Die USRegierun­g warf Deutschlan­d mehrfach mangelnde Militäraus­gaben vor. Gleichzeit­ig setzte Trump mehrfach auf politische Alleingäng­e ohne Abstimmung mit den Partnern. Pompeo würdigte Deutschlan­ds Rolle bei der internatio­nalen Krisenbewä­ltigung. „Wir haben dieselben Prinzipien, dieselben Sorgen. Gelegentli­ch haben wir einen anderen Ansatz. Das passiert unter guten Freunden und Verbündete­n.“

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FOTO: DPA Die Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) machte ihre Vorschläge vor Studenten der Universitä­t der Bundeswehr in München.

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