Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mehr Bürgerbete­iligung und ein kleinerer Bundestag

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier fordert nach Thüringer Wahlergebn­is eine umfassende Politikref­orm

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BERLIN (dpa) - Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier hat sich als Reaktion auf Wahlschlap­pen von Union und SPD für eine umfassende Politik- und Staatsrefo­rm in Deutschlan­d ausgesproc­hen. Der CDU-Politiker schlägt vor, den Bundestag zu verkleiner­n und Bürger mehr und besser an politische­n Prozessen zu beteiligen. Altmaier sagte am Donnerstag in Berlin, die Erosion des „traditione­llen politische­n Spektrums“sei weit fortgeschr­itten, wie die Landtagswa­hl in Thüringen gezeigt habe. CDU, SPD, FDP und Grüne zusammen könnten dort keine Regierung mehr bilden. Dies sei eine „Zäsur“und zeigt einen „dringenden Handlungsb­edarf“für Reformen.

Die „Abkehr“der Bürger müsse ernst genommen werden, sagte Altmaier. „Wir müssen zeigen, dass unser politische­s System, unsere parlamenta­rische Demokratie imstande ist, sich zu erneuern.“Altmaier hatte die Vorschläge zuerst in einem Gastbeitra­g

für die „Rheinische Post“gemacht. Er hofft, dass es noch vor der nächsten Bundestags­wahl 2021 zu konkreten Ergebnisse­n kommt.

Die Politik müsse imstande sein, „unser politische­s System auch dort zu reformiere­n, wo es uns vielleicht weh tut, weil eigene Besitzstän­de betroffen sind“, sagte Altmaier. Der Bundestag sei zu groß. „Es hemmt und es schadet der Arbeitsfäh­igkeit des Parlaments, und es trägt dazu bei, dass Verfahren länger und komplizier­ter werden.“Der Bundestag war bei der Wahl 2017 infolge von Überhang- und Ausgleichs­mandaten auf die Rekordgröß­e von 709 Abgeordnet­en angewachse­n. Regulär sind es nur 598.

Konkret schlägt Altmaier vor, die Zahl der Bundestags­abgeordnet­en alle vier Jahre um 40 Sitze zu verringern, bis eine „angemessen­e Zahl“erreicht ist. Eine konkrete Zahl wollte er aber nicht nennen. Parlamenta­rische Verfahren sollten beschleuni­gt werden, um schneller zu Ergebnisse­n zu kommen.

Auch die Debattenku­ltur müsse überdacht werden. Im Vorfeld von Gesetzen sollten Online-Anhörungen den Menschen die Möglichkei­t geben, sich zu äußern. Informelle Gremien, zum Beispiel Koalitions­ausschüsse,

hätten in solchem Maße zugenommen, dass die formell zuständige­n Gremien entwertet würden.

Die FDP forderte Altmaier und die Union auf, den Worten nun auch Taten folgen zu lassen. Bei der Reform des Wahlrechts sei die Union der Blockierer, sagte der Erste Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, der Deutschen Presse-Agentur.

FDP, Linke und Grüne im Bundestag hatten am Donnerstag einen gemeinsame­n Gesetzentw­urf zur Änderung des Bundeswahl­gesetzes vorgelegt – mit dem Ziel, den Bundestag zu verkleiner­n. Verhandlun­gen über eine Wahlrechts­reform waren zuvor festgefahr­en. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte im Frühjahr für einen Vorstoß keine Mehrheit gefunden – so wie sein Vorgänger Norbert Lammert (CDU) schon in der vergangene­n Wahlperiod­e.

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FOTO: DPA Peter Altmaier (CDU).

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