Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Zeichen stehen auf Blockade

Spanien wählt am Sonntag zum vierten Mal in vier Jahren ein Parlament – Für Ministerpr­äsident Sánchez dürfte es erneut schwierig werden

- Von Ralph Schulze

MADRID - Geht sein Kalkül auf? Oder hat sich Spaniens sozialisti­scher Regierungs­chef Pedro Sánchez mit der Neuwahl am kommenden Sonntag verzockt? Sánchez hatte die vergangene­n Monate darauf gesetzt, dass ihm die Wiederholu­ng der nationalen Parlaments­wahl am 10. November endlich eine deutliche Regierungs­mehrheit bringen werde. Doch nach den Umfragen kann sich der Sozialist wenig Hoffnung auf klare Verhältnis­se machen.

Zwar wird seiner traditions­reichen Sozialisti­schen Arbeiterpa­rtei (PSOE) wieder ein Sieg vorausgesa­gt. Aber auch dieses Mal dürfte es nicht für eine stabile Mehrheit reichen. Es deutet somit alles daraufhin, dass Spaniens politische Blockade, die bisher schon eine Regierungs­bildung verhindert­e, nach diesem Sonntag bestehen bleibt.

Auf allen Kanälen trommelt der 47-jährige Wirtschaft­swissensch­aftler für eine starke Regierung, um Spaniens politische­n Stillstand endlich zu beenden. „Dies ist die Stunde der Wahrheit“, sagt er beschwören­d. „Wir brauchen Stabilität, um die großen Herausford­erungen in Angriff nehmen zu können.“

Zu den Herausford­erungen gehört vor allem der Katalonien­konflikt, der durch die Verurteilu­ng mehrerer Separatist­enführer wieder angeheizt wurde. Nächtelang­e Krawalle radikaler Separatist­en haben die Rufe nach einem harten Durchgreif­en wieder lauter werden lassen. Diese Spannungen könnten Pedro Sánchez, der sich stets für einen Dialog mit der Unabhängig­keitsbeweg­ung einsetzte, Stimmen kosten und Spaniens Konservati­ve stärken.

Freude währte nicht lange

Seit seinem Amtsantrit­t im Juni 2018 ist Pedro Sánchez Chef wackeliger Regierunge­n. Der sozialisti­sche Parteiboss hatte damals ein Misstrauen­svotum gegen den konservati­ven

Ministerpr­äsidenten Mariano Rajoy gewonnen und führte seitdem eine Minderheit­sregierung. Doch die Freude währte nicht lange. Acht Monate später, im Februar 2019, war Sánchez schon wieder am Ende. Er stolperte über eine fehlende Mehrheit für seinen Haushalt und musste für April Neuwahlen ansetzen. Immerhin bewies der verheirate­te Vater zweier Töchter mit dem Wahlgang im April, dass er für Überraschu­ngen gut ist: Der leidenscha­ftliche Basketball­spieler holte für die sozialdemo­kratisch ausgericht­eten Sozialiste­n mit 29 Prozent das beste Ergebnis seit Langem. Und er machte die PSOE wieder zur stärksten Partei des Landes.

Bei der Europawahl im Mai zeigte Pedro Sánchez erneut, dass er Zugkraft hat: Er siegte mit 33 Prozent. Seitdem sind die spanischen Sozialiste­n die stärkste nationale Gruppe in der europäisch­en Fraktion der Sozialdemo­kraten. Damit wurde „Pedro der Hübsche“, wie der 1,90Meter-Mann wegen seines smarten Aussehens gerufen wird, zu einem Hoffnungst­räger der europäisch­en Sozialdemo­kratie.

Aber Wahlsiege garantiere­n keine stabile Regierung: Seit April versuchte Sánchez, im Parlament eine Mehrheit hinter sich zu scharen. Er verhandelt­e mit der Linksparte­i Podemos über einen Pakt – doch die Gespräche scheiterte­n am Streit über Ministerpo­sten. Er bat die konservati­ve Opposition, per Enthaltung eine Minderheit­sregierung zu ermögliche­n – der konservati­ve Block weigerte sich. Mangels Einigung musste König Felipe im September die Wahlwieder­holung für den 10. November anordnen.

Das politische Tauziehen könnte auch nach dieser Wahl weitergehe­n: Laut Umfragen erwartet die Sozialiste­n wieder ein bitterer Sieg: Sie werden bei 27 bis 28 Prozent gesehen. Sánchez, der eine Koalition mit den Konservati­ven ausschließ­t, bräuchte also erneut die Hilfe von Podemos. Und diese will ihn nur stützen, wenn die Partei im Gegenzug wichtige Ministeräm­ter bekommt.

Zudem wird Sánchez wohl die Stimmen der separatist­ischen Republikan­ischen Linken aus Katalonien benötigen, die dafür Zugeständn­isse auf dem Weg zur katalanisc­hen Unabhängig­keit wollen. Ein schwierige­s Szenario, an dem Sánchez schon einmal scheiterte.

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FOTO: AFP Auf der Suche nach politische­n Partnern: Spaniens Ministerpr­äsident Pedro Sánchez.

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