Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Geld ist ihr Ding
Finanzbloggerin Chiara Bachmann fordert mehr finanzielle Unabhängigkeit für Frauen
ASCHAFFENBURG
- Chiara Bachmann kann es selbst nicht fassen: „Noch bis 1962 brauchte eine Frau die Zustimmung ihres Ehemannes, wenn sie ein Konto eröffnen wollte. Das ist noch gar nicht lange her“, sagt sie. Alte Glaubenssätze wie, dass Geld Männersache sei, würden bis heute weitergegeben „und es ist schwer davon loszukommen“. Zu viele Frauen würden deshalb vor dem Thema Finanzen zurückschrecken. Die 25-jährige Bachmann aus dem bayerischen Aschaffenburg hat es sich zum Ziel gesetzt, das zu ändern. Ihre Hilfsmittel sind so überschaubar wie effektiv: Laptop, Smartphone und Kamera.
Unter dem Pseudonym „Fräulein Finance“gibt die Finanzbloggerin Onlinekurse, -workshops und spricht in den sozialen Medien über Geld, Vermögensaufbau, Haushaltsbücher, Sparpläne und auch über Macht und Selbstvertrauen. Der Großteil ihrer 5000 Follower ist weiblich. Mal geht es um die richtige Mitte zwischen Sparen und Konsum oder darum, warum es wichtig ist immer zuerst in sich selbst und seine Bildung zu investieren, statt in den erstbesten Fonds.
Dabei findet es Bachmann enorm wichtig, sich als Frau so früh wie möglich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen. Zum einen, weil Frauen im Gegensatz zu Männern durchschnittlich weniger verdienen und auch weil sie oft durch Kinderpause und Teilzeitarbeit weniger für ihre Rente einzahlen. Aber Bachmann sieht auch noch einen anderen Grund. „Das ist eine Form von Selbstliebe. Es gibt Frauen die Option, das zu tun, was sie möchten.“Diese finanzielle Unabhängigkeit ist das, was Bachmann Frauen vermitteln möchte. „Wir sind selbstbestimmte Frauen. Und genau das sollten wir auch auf unsere Finanzen übertragen“, findet sie. ETF-Fonds sind dabei aus ihrer Sicht beispielsweise ein gutes Produkt für Börseneinsteigerinnen. ETFs sind Indexfonds, das heißt sie bilden Indizes, wie beispielsweise den Dax ab und lassen sich bereits mit kleinen Summen – ab 25 Euro – besparen.
Bachmann selbst schloss vor wenigen Wochen ihren Master in den Fächern Wirtschaft und Recht mit Schwerpunkt auf Finanzen ab. Schon während der Schulzeit wählte sie den
Schwerpunkt Wirtschaft, es folgten Praktika bei Banken und Versicherungsmaklern. Es sei ihr immer darum gegangen finanziell selbstständig und unabhängig zu sein, sagte sie.
„Eigentlich dachte ich immer, ich arbeite mal in Frankfurt in einem von den großen Türmen“. Aber im Studium merkte Bachmann dann im Gespräch mit ihren Kommilitoninnen, dass diese „alles hoch und runter“rechnen konnten, sich aber privat nicht mit dem Thema Finanzen beschäftigen. „Da habe ich mich gefragt, wie das erst bei jungen Frauen sein muss, die im Studium oder durch die Arbeit gar keine Schnittmenge mit dem Thema haben“.
Bei einem Treffen mit einer Freundin vor zwei Jahren fiel der Entschluss „Fräulein Finance“zu gründen – um anderen jungen Frauen ihr Wissen aus dem Studium und private Erfahrungen mit dem Thema Finanzen weiterzugeben. „Am Anfang war das alles sehr theoretisch, da habe ich Studien zitiert. Das hat natürlich keinen interessiert“, sagt sie. Nach einem Social-Media-Coaching sei ihr dann bewusst geworden, dass sie selbst ins Rampenlicht muss. Informationen würden sich persönlich besser vermitteln lassen. Auf Fotos und in Videos selbst aufzutauchen, sei am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig gewesen. Irgendwann war es dann aber kein Problem mehr für sie, einfach das Handy anzumachen und live mit ihren Abonnentinnen zu sprechen.
Frauen öffnen sich eher unter sich
Bachmann machte sich mit „Fräulein Finance“selbstständig. Ihr Büro ist heute kein Turm in Frankfurt, sondern ihre Dachgeschosswohnung in Aschaffenburg mit Holzbalken an der Decke und Hund Ludwig im Korb. Leben kann sie von ihrem Startup „Fräulein Finance“. „Ich habe von Anfang an Geld für meine Onlinekurse genommen“, sagte sie. „Ich habe da viel Liebe und Zeit reingesteckt. Und dann ist es auch wichtig, etwas dafür zu verlangen.“Zur finanziellen Unabhängigkeit gehöre eben auch zu wissen, was die eigene Arbeit wert ist. Immer wieder gebe es Teilnehmerinnen bei ihren Workshops, die sich dessen nicht bewusst seien. „Und das kann nicht sein“, sagt Bachmann, „man muss es sich wert sein, etwas zu verlangen.“Das Beste sei es, wenn sie merke, wie es dann bei ihrem Gegenüber in solchen Dingen „Klick“mache, dass sie ein Umdenken veranlasst habe.
Sie habe die Beobachtung gemacht, dass „Frauen sich eher öffnen, wenn sie unter sich sind“. Darum sei es ihr Ziel, künftig noch mehr Frauen zu erreichen, die sich dann untereinander austauschen können. „Ich sehe keine andere Option, als mich da voll reinzustürzen“, sagt sie lachend. Bachmann will keinen Turm in Frankfurt. Laptop, Smartphone und Kamera reichen.