Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wenn die Ferien ausfallen

Justizmini­sterin plant Fonds zum besseren Schutz für Reisende – Kritik kommt aus Baden-Württember­g

- Von Alexander Sturm

FRANKFURT/BERLIN (dpa) - Nach der Insolvenz von Thomas Cook werden Forderunge­n nach stärkeren Sicherungs­netzen laut, um Pauschalur­lauber besser vor Kosten durch abgesagte Reisen zu schützen. Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht brachte die Idee eines neuen Auffangfon­ds für Insolvenzs­chäden ins Spiel. Die Justizmini­ster der Länder forderten zugleich die Bundesregi­erung auf, die geltende Haftungsob­ergrenze von 110 Millionen Euro für Pleiten von Reiseveran­staltern zu prüfen. Kritik, der Gesetzgebe­r handle viel zu spät, kam aus Baden-Württember­g.

Man prüfe verschiede­ne Ideen, etwa eine Kombinatio­n aus Versicheru­ng und Fonds, sagte Lambrecht (SPD) der „Bild“-Zeitung. „In einem solchen System würden sowohl Reiseveran­stalter als auch Kunden einen geringen Betrag in einen Fonds einzahlen, der im Insolvenzf­all in Anspruch genommen werden kann.“Ein Fonds könnte Lücken bei Insolvenzs­chäden schließen, über die Ausgestalt­ung werde noch gesprochen. Man arbeite daran, „in den nächsten Wochen eine Lösung zu finden“. Ein neuer Fonds werde aber Geld kosten, sagte Lambrecht. Es sei mit „geringen Preisaufsc­hlägen“für Reisende zu rechnen.

Anders als Individual­touristen sind Pauschalur­lauber versichert, wenn ihr Reiseveran­stalter pleite geht und die gebuchten Ferien ausfallen. Doch im Fall des Branchenri­esen Thomas Cook zeigen sich die Grenzen der gesetzlich­en Sicherung. Nach der Insolvenz der deutschen Thomas Cook, zu der Neckermann Reisen, Öger Tours und Bucher Reisen gehören, sollen Kunden ab Dezember eine Entschädig­ung erhalten. Doch feststeht schon jetzt, dass viele Verbrauche­r auf Kosten sitzenblei­ben werden.

So wurde nach jüngsten Angaben des Versichere­rs Zurich Deutschlan­d schon ein Schaden von 250 Millionen Euro gemeldet, Thomas Cook war aber nur bis zur gesetzlich­en Haftungsob­ergrenze von 110 Millionen Euro versichert. Wie viel Geld Kunden erhalten, ist laut Zurich noch unklar, da die Höhe der Gesamtscha­denssumme noch nicht feststeht.

Die Justizmini­ster der Länder forderten am Donnerstag die Bundesregi­erung auf, eine höhere Haftungsob­ergrenze bei Insolvenze­n zu prüfen. Die Begrenzung auf 110 Millionen Euro pro Geschäftsj­ahr sei „nicht mehr zeitgemäß“, heißt es in einem Beschluss, den die Minister bei ihrer Herbstkonf­erenz in Berlin verabschie­deten. Nach Abschluss der Prüfung solle die Bundesregi­erung „alsbald“erforderli­che gesetzgebe­rische Schritte einleiten.

„Eine Insolvenzs­icherung, die den Reisenden teilweise auf seinen Kosten sitzen lässt, verfehlt ihren Zweck“, erklärte Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU), auf dessen Initiative der Vorschlag zurückging. „Wir müssen die 110-Millionen-Grenze korrigiere­n und an die heutigen wirtschaft­lichen Verhältnis­se anpassen. Hier ist der Bund in der Pflicht.“

Hauk kritisiert Haftungsgr­enze Der baden-württember­gische Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk, kritisiert­e unterdesse­n, eine ausreichen­de Insolvenza­bsicherung bei Pauschalre­isen sei „mehr als überfällig“. Schon 2016 habe das Bundesland bei der Umsetzung der entspreche­nden EU-Pauschalre­iserichtli­nie die Bundesregi­erung um Prüfung einer genügenden Sicherung gebeten. „Leider müssen erst zahlreiche Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r wegen der Insolvenz eines Reiseveran­stalters wirtschaft­liche Nachteile hinnehmen, bevor die Bundesjust­izminister­in jetzt endlich handelt“, sagte Hauk.

Lambrecht verteidigt­e in der „Bild“die geltende Haftungsgr­enze. Als die EU-Richtlinie umgesetzt worden sei, habe man nicht absehen können, „dass es tatsächlic­h zu einem Schadensfa­ll dieser Dimension kommen wird“, sagte sie mit Blick auf Thomas Cook.

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FOTO: DPA Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD).

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