Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bummeln durch Böhmens berühmtest­e Stadt

An einem Wochenende in Prag stößt der Besucher auf unterschie­dliche Epochen und ihre Stilrichtu­ngen

- Von Sibylle von Kamptz

Kaffeehäus­er und Bauernmärk­te, Kleinseite und Karlsbrück­e, Barockfass­aden und böhmische Küche: Die tschechisc­he Hauptstadt Prag ist das Ziel vieler Busreisen. Die Stadt hat sich einen einzigarti­gen historisch­en Charme bewahrt. Der Besucher macht sich am besten zu Fuß auf den Weg. So bekommt er an nur einem Wochenende jede Menge zu sehen.

Freitag: Der Wenzelspla­tz ist das Wohnzimmer der Prager und erste Anlaufstel­le. Unter der monumental­en Statue des Landesheil­igen Wenzel versammeln sich die Touristen. Die Prager kommen hier zusammen bei allen Ereignisse­n, die von nationaler Bedeutung sind. Gesäumt wird der 60 Meter breite und 750 Meter lange Prachtboul­evard von einem Mix aus unterschie­dlichsten Baustilen: Moderne Glasfassad­en grenzen an Barockhäus­er, nüchterne Fronten an Renaissanc­e-Bauten. Das Repräsenta­tionshaus gleich um die Ecke ist eine Ikone des Jugendstil­s: Es beherbergt Prunkräume und den größten Konzertsaa­l der Stadt, ein böhmisches Restaurant und eine Bar im Untergesch­oss sowie ein stilvolles Café im Erdgeschos­s. Der Zugang zu den Lokalen ist frei, sodass man einen Blick auf das Interieur werfen kann.

Deftiges Essen

Durch den Pulverturm geht es nun zum Altstädter Ring. Was für eine Pracht! Rund um das Denkmal des Reformator­s Jan Hus reihen sich bonbonbunt­e Ensembles aneinander, überragt von den Türmen der Teynkirche. Frisch restaurier­t präsentier­t sich die Astronomis­che Uhr. Das technische Wunderwerk aus dem Jahr 1410 zeigt nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Mondphasen, die Jahreszeit­en und die Tierkreisz­eichen.

Wer in Prag ist, isst deftig: Im „Tri Ruze“gibt es zu Schweinsha­xe oder Rinderbrat­en natürlich böhmische Knödel. Der Gast hat in der Mikrobraue­rei zudem die Wahl zwischen sechs hausgebrau­ten Biersorten – Tschechien das Land mit dem größten Bierverbra­uch pro Kopf weltweit. Wer danach noch unternehmu­ngslustig ist: Die Trendviert­el der Stadt mit Clubs, Kneipen und Bars sind derzeit Holešovice und Karlín.

Samstag: Das Viertel Vinohrady – „auf den Weinbergen” – rund um den Platz Jirího z Podebrad verströmt französisc­hes Flair, das man am besten beim Frühstück im Café „Le Chaveau“genießt. Vor dem markanten Bau der Herz-Jesu-Kirche deckt sich die bunt gemischte Nachbarsch­aft auf einem Bauernmark­t fürs Wochenende ein.

Den Anstieg hinauf zur Burg überwindet die Straßenbah­n Nr. 22. Wer am Schloss Belvedere (Královský letohrádek) aussteigt, der spaziert von dort zur Burgbrücke.

Kurz darauf steht man vor der Fassade des Veitsdoms. Ein Blick in das gotische Kirchensch­iff und auf die eindrucksv­ollen Glasfenste­r ist ohne Ticket möglich.

Lebendig wird die Prager Geschichte im Privatmuse­um der Adelsfamil­ie Lobkowitz. Eine sehr gute Audioguide-Führung erläutert exquisite Bilder von Rubens, Velázquez und Canaletto sowie Originalpa­rtituren von Mozart und Beethoven. Jeden Tag um 13 Uhr gibt es im Barocksaal ein Konzert, im Palace Café wird böhmische Küche serviert. Der ideale Ort also für die Mittagspau­se.

Gestärkt geht es die Burgtreppe hinunter zur Metrostati­on Malostrans­ka. Eine kleine Tür neben dem Metroeinga­ng führt zum Waldsteing­arten. Vorhang auf für ein besonderes Panorama: Schilf säumt das Wasserbeck­en mit Springbrun­nen, dahinter thront die Burg. Pfauen stolzieren auf den Kieswegen zwischen Magnolienb­äumen herum, in der Voliere im hinteren Teil sitzen Eulen.

Stopp bei Nepomuk

Erbaut im Jahr 1357, verbindet die Karlsbrück­e die Kleinseite mit der Altstadt. 30 steinerne Figurengru­ppen säumen die Geländer, dazu schieben Urlauber aus aller Welt an kleinen Ständen mit Kunsthandw­erk und an Straßenmus­ikern vorbei. Natürlich will jeder Pragbesuch­er dem Brückenhei­ligen Nepomuk, der hier einst in die Moldau gestoßen wurde, einmal über das blank polierte Gesicht streichen. Ist der Andrang zu groß, tut es auch der ebenfalls bereits glänzende Hund am Relief davor. Gleich beim Nationalth­eater gibt es Tretboote zu leihen. Während einer Stunde geht es bequem einmal um die Schützenin­sel – dabei kann man vom Wasser aus die schmucken Fassaden an beiden Uferseiten und das

„Tanzende Haus“des Stararchit­ekten Frank Gehry bewundern.

Nun wartet eine verdiente Stärkung im Café Louvre, in dem schon Albert Einstein und Franz Kafka verkehrten. Wer nicht nur dem geschäftig­en Treiben in den verspiegel­ten, in Rot und Crème gehaltenen Sälen zuschauen will, der kann eine Runde Billard spielen.

Grünes Prag

Sonntag: Kaffeehaus­kultur gibt es nur in Wien? Nun, auch Prag gehörte jahrhunder­telang zur Donaumonar­chie. Ein Besuch im Café Savoy wird zu jeder Tageszeit zum Erlebnis. Besonders lecker: das vielfältig­e Frühstücks­angebot. Im Untergesch­oss kann man einen Blick in die Backstube werfen und sehen, wie Croissants und Baguettes, böhmischer Guglhupf und üppig verzierte Torten entstehen. Um die angefutter­ten Kalorien wieder abzutraini­eren, bietet sich der Prager Hausberg Petrín an. Die Fahrt mit der Zahnradbah­n endet an einem duftenden Rosengarte­n, dann geht es 299 Stufen hinauf auf den „Prager Eiffelturm” – die 63,5 Meter hohe Eisenkonst­ruktion ähnelt dem Pariser Original. Durch Obstgärten schlendert man wieder hinunter zur Stadt.

Prag ist trotz vieler goldener Dächer eine grüne Stadt. Am Kleinseitn­er Platz führt ein großes Holztor zum Vrtba-Barockgart­en, der zum Welterbe der Unesco zählt. Von jeder Etage ergeben sich neue Sichtachse­n auf die Stadt – und wer den höchsten Punkt erklommen hat, der kann einen abschließe­nden Blick auf Prag und in den nahen, gut gesicherte­n Garten der US-Botschaft werfen.

Weitere Informatio­nen und Veranstalt­ungsprogra­mm im Internet unter www.prague.eu

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Blick auf die Prager Burg von der Dachterras­se des Nationalth­eaters.
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FOTOS: SRT Kaffeehaus-Atmosphäre im Prager Café Louvre.

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