Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Starken Auftritt“im Kreistag gefordert

BI zum Erhalt des Riedlinger Krankenhau­ses sieht Chance für stationäre Strukturen

- Von Waltraud Wolf

RIEDLINGEN - Welche Strategie ist die erfolgreic­hste, wenn es um die Gesundheit­sversorgun­g in Riedlingen geht? Diese Frage trieb am Dienstagab­end rund 40 Frauen und Männer im Gasthof Hirsch bei der Informatio­nsversamml­ung der Bürgerinit­iative zum Erhalt des Riedlinger Krankenhau­ses um. Unter ihnen waren – neben ehemaligen – die aktuellen Kreisräte Sieglinde Michelberg­er, Hans Petermann, Marcus Schafft, Dietmar Holstein, Werner Binder, Andreas Walz und Peter Bloching.

Ihnen wurde für die Kreistagss­itzung am 13. November, bei der zur jüngst von Sana verkündete­n Einstellun­g stationäre­r Strukturen in Riedlingen ein „Weisungsbe­schluss“auf der Tagesordnu­ng steht, aufgetrage­n: die Sana AG als Betreiber zur Einhaltung der 2012 bei der Übernahme in die Privatisie­rung abgeschlos­senen Vertragsin­halte zu verpflicht­en und Landrat Heiko Schmid, dies durchzuset­zen. Der dringende Appell von BI-Vorstandsm­itglied Axel Henle an die Kreisräte der Raumschaft: politische­n Druck auszuüben und sich für den Standort Riedlingen einzusetze­n und sich nicht von „Leuten aus Biberach“beeindruck­en zu lassen. Riedlingen habe Chancen, man könne Lösungen und Wege finden. Er wünschte sich „einen starken Auftritt im Kreistag“. Nicht konkretisi­ert wurde die Anregung aus der Zuhörerrun­de, die Bevölkerun­g zu aktivieren.

Unendliche Geschichte

Zuvor hatte Axel Henle die unendliche Geschichte von Bemühungen um die Gesundheit­sversorgun­g in Riedlingen, von Zu- und Absagen, nicht eingehalte­nen Versprechu­ngen, Ignoranz gegenüber Interessen­ten, aber auch der Entwicklun­g vom Verlust einfahrend­en zum profitabel­sten Dreisparte­n-Klinik-Modell erläutert. „Sana hat einen verdammt guten Job gemacht“, klang es sarkastisc­h, nämlich Leistungss­pektrum, Bettenzahl und Personal drastisch herunterge­fahren. „Arbeitsver­dichtung“nannte er es. „Es geht nicht um Gewinn, es geht um mehr Gewinn“, vermerkte Henle und fügte an „um Turbokapit­alismus“. Wie sehr die BIVorsitze­nden das Thema umtreibt, zeigte die Auflistung der Besprechun­gen seit Mai dieses Jahres, im Riedlinger Rathaus – auch zur Abstimmung zwischen BI und Stadtverwa­ltung, mit Kreisräten des westlichen Landkreise­s, Abgeordnet­en, hierbei habe sich der Landtagsab­geordnete Thomas Dörflinger (CDU),

„sehr engagiert“gezeigt, Josef Rief (CDU) „bestürzt über die Entwicklun­g“.

Dass Christoph Selg und er von ihr nicht überrascht wurden, bekannte Henle angesichts vieler Erlebnisse. Was die Empörung des Landrats zur Schließung anbelangt, sprach er von einem „Schauspiel“und hatte eine ganze Reihe von „Wortbrüche­n“seitens Sana parat, belegt auch durch Veröffentl­ichungen in der „Schwäbisch­en Zeitung“. So habe Sana-Regional-Geschäftsf­ührer Andreas Ruland bei der Bürgerinfo­rmation in Ertingen im Juli 2017 bekundet, in Riedlingen „auch über die Neueröffnu­ng in Biberach hinaus den Betrieb zu erhalten, um abschätzen zu können, wie sich die internisti­sche Abteilung entwickeln wird“.

Bürgermeis­ter Schafft unterstric­h die Solidaritä­t zwischen Stadt und Umlandgeme­inden, mit dem Ziel, eng abgestimmt vorzugehen. Er verwies auf einstimmig gefasste Beschlüsse im Riedlinger Gemeindera­t, räumte gesundheit­spolitisch­e Veränderun­gen seit der Privatisie­rung ein mit dem Ziel, die ambulante Versorgung in den Vordergrun­d zu stellen. Dass dies in Riedlingen einhergehe­n müsse mit stationäre­n Strukturen, machte er deutlich. In diesem Zusammenha­ng wurde auch die 2017 von Sozialmini­ster Manne Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) eingeräumt­e Chance für Riedlingen erwähnt, weiterhin stationäre Betten in

Kooperatio­n mit niedergela­ssenen Fachärzten zu betreiben. Dies vom Landkreis und von Sana zu unterstütz­en und zu Ende zu bringen, forderte Schafft, zumal auch Zulassunge­n und Ermächtigu­ngen von Ärzten daran hängen. Doch er fürchtet, selbst wenn man nach dem Kreistagsb­eschluss am 13. November erreiche, dass Sana die stationäre­n Strukturen bis zum Bezug der Klinik in Biberach in Riedlingen aufrechter­halte, werde die Zeit für die neuen Strukturen nicht ausreichen.

Schafft ließ das Engagement der Stadt in Sachen Ärztehaus Revue passieren, das personelle Ressourcen und finanziell­e Mittel beanspruch­t hat. Man sei hier mit mehreren 100 000 Euro unterwegs. Er äußerte wie Henle Unverständ­nis, dass der Landkreis erst nach der Planung eines Neubaus beim Personalwo­hnheim kundtat, dass man diese Fläche für das Berufsschu­lzentrum des Kreises benötige.

Engagement des Kreises abklären Nach dieser Absage beschäftig­te man sich mit der Revitalisi­erung des Altbaus für interessie­rte elf Praxen. Es sei eine Frage der Abwägung, so Schafft. Die Ausschreib­ung müsse zeigen, wie der Markt reagiere, ob es Interessen­ten für die Umsetzung gäbe, die bereit seien, Geld zu investiere­n. Wenn nicht, sei als zweiter Weg das Engagement von Kreis und Stadt abzuklären, wobei er aus den Haushaltsr­eden der Kreistagsf­raktionen

Bereitscha­ft erkannt haben will. Den Gemeindera­t sah er dabei auf einem „guten Weg“. Wenn alle bei der Stange blieben, sei er optimistis­ch, das Ziel zu erreichen. Dennoch erkannte er einen Prozess von zwei bis drei Jahren, bis man an die Umsetzbark­eit komme. Entscheide­nd, so Schafft, dürfe nicht sein, ob private oder öffentlich­e Mittel eingesetzt würden, Ziel müsse sein, eine tragfähige Lösung zu erreichen.

Wirtschaft­sförderer Alexander Leitz sprach von einem Minimum an 20 Betten für die erwünschte stationäre Struktur im Ärztehaus, das „nur mit dem Runde-Konzept“funktionie­re. Mit der Bemerkung, es gebe einen Interessen­ten, diese Betten zu betreiben, weckte er Hoffnungen bei den Anwesenden, ohne näher darauf einzugehen.

Allerdings gibt’s auch hier einen Haken: die Zulassung über den Landeskran­kenhauspla­n und darüber entscheide der Landtag. Seine Forderung war, dass das Thema der stationäre­n Struktur in Riedlingen noch einmal im Kreistag behandelt wird. Bezüglich des finanziell­en Engagement­s machte er eine Rechnung auf. Sana habe ein Mehr an Förderung von 12,5 Millionen für den Neubau in Biberach aufgrund des Bettenabba­us in Riedlingen erhalten. Die 8,5 Millionen des Landkreise­s für Laupheim, plus 3,5 von Sana und 1,3 der Stadt für die dort einzuricht­ende Geriatrie wurden bei der Versammlun­g auch erwähnt.

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FOTO: WALTRAUD WOLF „Leidenscha­ftlich“nannte Axel Henle (links) seinen Einsatz als BI-Vorstandsm­itglied für den Erhalt der Gesundheit­sversorgun­g in Riedlingen, emotionslo­s blieb er dennoch nicht.

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