Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zeit zum Auftanken, Zeit für sich selbst
Landfrauen treffen sich in Neufra zur Mitgliederversammlung
NEUFRA - Etwa 150 Frauen und acht Männer haben am Mittwoch die Donauhalle in Neufra gefüllt. Sie nahmen sich einen ganzen Tag Zeit, der Einladung der Landfrauen des Kreisverbandes Biberach-Sigmaringen zu folgen. Das Programm der jährlichen Mitgliederversammlung enthielt neben dem Geschäftsbericht der Vorsitzenden Doris Härle und weiteren Reden auch Unterhaltsames. Das Referat der Managementtrainerin und Diplomkauffrau, der Landwirtin und dreifachen Mutter Martina Grill bestimmte den Vormittag. Am Nachmittag sorgten das Bronnenweiler Weib Friedel Kehrer mit ihrem schwäbischen Kabarett und der Landfrauenchor für Entspannung. Zeit für einen Schwatz, einen Austausch, ein Gespräch blieb auch während des Mittagessen oder der Kaffeepausen.
Herbstlich dekorierte Tische und ein Sonnenstrahl aus dem ansonsten grauen Himmel empfingen die Frauen aus dem ländlichen Raum, aus den Landkreisen Biberach und Sigmaringen, in der Mehrzahl Mitglieder des Landfrauenverbandes. Männer waren sehr spärlich vertreten, einzig als offiziell Geladene. Oder, wie es der erste Landesbeamte des Landkreises Biberach Walter Holderried formulierte: „Wenn die Landfrauen rufen, bin ich in der Regel da.“Und er ergänzte schmunzelnd: „Ich steh kurz vor der Schwelle zur Ehrenlandfrau.“
Man kennt sich, man trifft sich hier jedes Jahr wieder. Doris Härle lud ein, an diesem Tag für die Landfrauen die „besonderen Momente“zu genießen; nach der Arbeit sei hier die Möglichkeit, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, Zeit zum Auftanken. Und die Landfrauen könnten nicht nur Backen, sie arbeiteten auch für ein lebenswertes Dasein auf dem Lande. Dazu, so Doris Härle, gehöre der Erhalt der beiden Krankenhäuser Riedlingen und Laupheim; zur Genesung der Patienten trügen auch Besuche der Angehörigen bei, die weniger möglich seien bei längeren Anreisen.
Naturschutz im Blick
Das Volksbegehren zum Artenschutz fand ebenfalls Platz in ihren Ausführungen. Die Kooperation zwischen allen Beteiligten mahnte sie an. Trotz „Streuobstwiesen und Blühstreifen“würden zahlreiche Landwirte frustriert aufgeben. „Woher kommen dann unsere regionalen Produkte?“, fragte sie und bat um Unterstützung des ausliegenden Antrags der Landfrauen durch Unterschriften. Ähnliches zum Ausdruck brachten Juliane Vees, Vizepräsidentin des Landfrauenverbandes
WürttembergHohenzollern, und der stellvertretende Obmann des Kreisbauernverbandes Karl Endriß. Er sprach auch von den Landfrauen als Grundpfeiler jeder Familie, jedes landwirtschaftlichen Betriebes, des ländlichen Raumes. Die Schuld am Insektensterben könne jedoch nicht einseitig auf den ländlichen Raum abgewälzt werden. Für Juliane Vees müsse der Dialog der unterschiedlichen Positionen gefördert werden. Eine fortschreitende Digitalisierung, der Bedarf nach einem schnellen Internet auch bei den Landfrauen, fänden sich im Leitthema ab 2020 wieder: LandFrau 4.0. Der ländliche Raum würde sonst „komplett abgehängt“. Walter Holderried schilderte „den Spagat“eines bäuerlichen Familienbetriebes zwischen der täglichen Arbeit und den Forderungen der Verbraucher und Politiker. „Das alles hat wenig mit bäuerlicher Idylle, dem Duft nach frischem Heu, handgemolkener Milch und duftendem Brot zu tun.“Dennoch sei Landwirtschaft, seien die Landfrauen unverzichtbar.
In ihrem Bericht zählte Doris Härle die Veranstaltungen zur Fortbildung des vergangenen Geschäftsjahres auf von Ernährung und Gesundheit, über Kunst und Kultur bis zur Medienkompetenz. Fast 8000 Frauen hatten an ihnen teilgenommen. Eine Talkrunde zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“war angeboten worden, ein Qualifizierungskurs, mehrere Lehrfahrten und Besichtigungen, Teilnahme an Demonstrationen. Ein Stammtisch der Bäuerinnen, die Tanzgruppe und der Chor gehören ebenfalls zum festen Programm der Landfrauen.
Mit ihrem Thema „Balance zwischen Arbeiten und Was? – Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt!“machte Martina Grill die Landfrauen aufmerksam. Aus eigener Erfahrung schuf sie Listen über „die fünf Geister“als Antreiber der täglichen Überlastung von „Sei perfekt!“bis zu „Mach es allen recht!“. Mit den zehn Thesen für ein besseres Zeitmanagement zeigte sie auf, wie das Leben gut zu meistern sei. Ein Glas mit großen Steinen symbolisierte die richtigen, die wichtigen Dingen des Lebens. Zusätzlich gefüllt mit Kies, mit Sand, mit Wasser wäre das Glas – das Leben – dann voll. In umgekehrter Reihenfolge hätten die wichtigen Dinge keinen Platz. An Beispielen aus ihrem Leben machte sie ihre Punkte klar: delegieren, den eigenen Tagesrhythmus beachten, eine dauerhafte Ordnung herstellen, eigene Bedürfnisse äußern. Wissendes Kopfnicken und nachdenkliches Schmunzeln der Zuhörerinnen.