Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Im Menscheln vereint
Ähnlich und doch verschieden: Claus Vogt und Christian Riethmüller wollen den VfB führen
STUTTGART - Es schien, als hätten sich Claus Vogt und Christian Riethmüller abgesprochen: im dunklen Anzug und weißen Hemd stellten sich die beiden verbliebenen Präsidentschaftskandidaten des VfB Stuttgart vor. Beide griffen trotz anderer Verlockungen nur zum Wasser. Die zwei stehen grob für die gleiche Richtung, die eine gänzlich andere ist als die ihrer Vorgänger an der Spitze des Vereins, aber in ihrem Anderssein waren Vogt und Riedmüller gänzlich unterschiedlich.
Am 15. Dezember dürfen die Mitglieder des VfB Stuttgart darüber entscheiden, welcher der beiden Kandidaten die Nachfolge von Wolfgang Dietrich, der einen zutiefst gespaltenen Verein hinterlassen hat, antreten darf. Unternehmer sind beide – wie Dietrich. Obgleich sie in anderen Branchen tätig sind. Vogt ist Geschäftsführer eines Facility-Management-Unternehmens, Riethmüller macht in Büchern. Vogt konnte „nichts Schlechtes über“seinen Konkurrenten sagen. Riethmüller, der den Kampf wohl als Außenseiter aufnimmt, formulierte sogar, sein Gegenüber sei „sympathisch und kompetent und wäre für mich als Mitglied eine gute Besetzung als Präsident“. Aber: „Den Kampf nehme ich an.“Egal, wer es wird: es dürfte menschlicher zugehen auf dem Chefposten. Wofür die beiden stehen:
Christian Riethmüller machte auf der chaotischen Mitgliedervesammlung, die schließlich zum Rücktritt Dietrichs führte, mit einer aufrüttelnden Rede auf sich aufmerksam. Schonungslos griff er die handelnden Personen an, warf ihnen eine Spaltung des Vereins vor. Die Gräben sind für Riethmüller längst nicht gekittet. „Das ist ja nun nicht weg, nur weil Dietrich weg ist. Das ist ein Prozess, der Monate und Jahre dauert.“Diesen Prozess will der Chef der Buchhandelskette Osiander nun vorantreiben. Ein Vorbild hat er auch: „Wenn sich die 15-jährige Schwedin Greta Thunberg an die Spitze einer Bewegung stellen kann, erwarte ich auch von mir als 44-Jährigem dasselbe – Verantwortung zu übernehmen.“
Claus Vogt, Gründer des FC PlayFair, der sich für Integrität im Profifußball einsetzt, sieht sich „nicht als Besserwisser, sondern Bessermacher“. Der 50-Jährige wird von ExSpieler und Ex-Trainer Rainer Adrion unterstützt, gab sich weltmännischer und weniger idealistisch als Riethmüller. „Ich würde mir wünschen, dass es in ein paar Jahren heißt: ,Als Claus Vogt Präsident wurde, stand der Verein im Mittelpunkt und nicht der Präsident.’“, so Vogt. Immer wieder betonte er, wie wichtig ihm die „strategische Ausrichtung des VfB in den Gremien“sei. Beide bezeichneten sich als finanziell unabhängig und würden das zeitintensive im Ehrenamt ausüben wollen.
Claus Vogt tritt zwar für die Integrität im Profifußball ein, er sei aber „ganz bestimmt kein Fußballromantiker“. Die „Über-Über-Kommerzialisierung“des Fußballs sehe er kritisch, der Sport müsse immer im Vordergrund stehen. Doch der Sport brauche ein Fundament. Da sprach der Unternehmer aus Vogt. Die strategische Ausrichtung der Gremien dürfte seine Arbeit dominieren.
„Werte“heißt dagegen der Slogan von Christian Riethmüller, der den SC Freiburg „da sicherlich als Vorbild“sieht. Es gelte, die jungen Menschen langfristig an den VfB zu binden und sich als Verein auch bei gesellschaftlichen Themen klar zu positionieren – und eine Vorbildfunktion einzunehmen. Kleines Beispiel: Holger Badstuber hätte er nach dessen Muschi-Attacke gegen den Schiedsrichter erst mal „ein Jugendfußballspiel leiten lassen“: „In einer Woche, in der ein Kreisligaschiedsrichter bewusstlos geschlagen wird, geht so was einfach nicht. Ich hätte mich mit Badstuber zu Abendessen verabredet und ihm klargemacht, welche Auswirkungen solche Aussagen haben.“Unter Präsident Riethmüller hätte es definitiv eine Entschuldigung gegeben.
Die Investorensuche: Unter Wolfgang Dietrich war die Suche nach einem zweiten Investor neben Ankerinvestor Daimler schon recht weit gediehen. Beide Kandidaten äußerten sich nun wage, dass sie sich erst einmal einarbeiten müssten in die Thematik. Für Vogts komme auch ein „Konsortium aus mittelständischen schwäbischen Unternehmen“, infrage. Riethmüller würde sogar auf Euros verzichten, wenn der Investor zum VfB passe – den russischen Ölgiganten Gazprom schloss er etwa lachend aus.
Nun heißt es für beide erst mal: Wahlkampf. Beide wollen den Kontakt zur Basis suchen und Fanclubs besuchen. Jedoch: „Der emotional wichtigste Termin ist der 24. November – das Derby gegen den KSC“, so Riethmüller.