Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Polizistin gesteht Mordversuc­h an ihrem Mann

40-Jährige wollte Partner mit Insulin töten – Vorschlag kam womöglich von diabeteskr­anker Kollegin

- Von Kathrin Löffler

TÜBINGEN (lsw) - Unter strengen Auflagen hat der Prozess gegen zwei Polizistin­nen wegen versuchten Mordes vor dem Tübinger Landgerich­t begonnen. Die 40-jährige Mutter zweier Kinder gestand zum Auftakt am Freitag, ihrem Ehemann in der gemeinsame­n Reutlinger Wohnung Insulin gespritzt zu haben, um ihn zu töten. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihr und einer 42 Jahre alten Kollegin versuchten Mord vor – im Februar hätten sie den Mann, ebenfalls ein Polizeibea­mter, vergiften wollen.

Laut Anklage soll die diabeteskr­anke 42-Jährige ihrer Kollegin vorgeschla­gen haben, dem 52-Jährigen eine Überdosis Insulin zu verabreich­en. Das blutdrucks­enkende Medikament kann dem Arzt und Gerichtsgu­tachter Peter Winckler zufolge in hoher Dosierung für jeden Menschen lebensbedr­ohlich wirken.

Die 40-Jährige nannte Eheproblem­e als Motiv. Während ihre Finger mit ihren Haaren spielten, erzählte sie mit klarer Stimme, dass ihr Mann mit Trennung gedroht habe, sie aus der Wohnung werfen und ihr die Kinder entziehen wollte. Seine Beschimpfu­ngen, Beleidigun­gen und Erniedrigu­ngen habe sie nicht mehr ausgehalte­n. Zudem fühlte sich die in Teilzeit Tätige überforder­t, weil sie sich allein um Haushalt, Auto, Kinder und Schule habe kümmern müssen. „Das ist mir zu viel geworden“, sagte sie. Der Vorsitzend­e Richter Ulrich Polachowsk­i entgegnete: „Ihnen ist schon klar, dass die Situation in Hunderttau­senden deutschen Haushalten auch so ist?“

Der Anklage zufolge injizierte die Ehefrau dem Opfer drei Milligramm Insulin und gab es als heilungsfö­rdernde Vitaminspr­itze aus. Zuvor habe sie ihm mit medizinisc­hen Präparaten versetzten Orangensaf­t verabreich­t, um bei ihrem Mann Übelkeit auszulösen.

Das Insulin soll ihre Kollegin per Dienstpost bei der Polizei Esslingen verschickt haben. Die mutmaßlich­e Komplizin wollte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Mit Schal und Akten hielt sie ihr Gesicht beim Betreten des Saals verdeckt, unter Tränen verfolgte sie die Verhandlun­g.

Der Ehemann hatte der Staatsanwa­ltschaft zufolge überlebt, weil die gemeinsame­n Kinder des Paares den schlechten Gesundheit­szustand des Vaters bemerkten. Auf Drängen ihres Sohnes im Teenageral­ter verständig­te die Frau demnach den Notdienst, sodass Rettungskr­äfte den Tod des Mannes verhindern konnten.

Das Polizisten-Ehepaar hatte sich während eines Praktikums kennengele­rnt und 2003 geheiratet. In den Folgejahre­n war die 40-Jährige mehrfach wegen psychische­r Probleme und Alkoholsuc­ht in Behandlung. Hoffnung, dass ihr Vergiftung­splan aufgehen könnte, zog sie offenbar auch aus einer Fernsehsen­dung. Darin sei es um ungeklärte Todesfälle gegangen, und sie habe sich über die hohe Zahl gewundert, sagte sie.

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FOTO: DPA Am Landgerich­t Tübingen beginnt der Prozess gegen zwei Polizistin­nen.

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