Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gelungene Umstellung
Die Zahlen sind nicht neu, die Entwicklung ist bekannt: Landauf landab verschwinden immer mehr Höfe. Im Landkreis Biberach gibt es in diesem Jahr noch 1588 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als fünf Hektar Fläche. Sechs Jahre zuvor waren es noch 1710. Auf der anderen Seite steigt die Zahl jener Betriebe, die ökologisch wirtschaften, Jahr für Jahr. 105 an der Zahl sind es mittlerweile im Kreis, immerhin 22 mehr als im Jahr 2013. Einer von ihnen ist Norbert Huchler. Zusammen mit Stefan Huchler führt er den Wendelhof in Niedernzell (Gemeinde Gutenzell-Hürbel), vor 17 Jahren stellten sie auf Bio um. „Das war ganz klar der richtige Schritt“, sagt Norbert Huchler. Er begründet dies unter anderem mit den geringeren Preisschwankungen, vor allem bei der Milch. Knapp 35 Cent erhielten Milchbauern 2018 im Durchschnitt pro Kilogramm konventionell erzeugter Milch von deutschen Molkereien. Für Biomilch gab es rund 48 Cent.
75 Kühe gibt es auf dem Wendelhof – gleich viele wie vor 40 Jahren. Würde der Hof noch existieren, wenn nicht auf ökologischen Landbau gesetzt worden wäre? „In dieser Größe vermutlich nicht“, sagt Huchler, ergänzt aber, dass eine Biogasanlage als weiteres Standbein hinzugekommen sei. Huchler möchte seinen Hof weiterentwickeln, noch mehr in Naturschutz und Tierwohl investieren. Mit dem derzeitigen Milchpreis von 47 Cent pro Liter seien „aber keine großen Sprünge“möglich. „Der Preis stagniert.“Was auch daran liegt, dass der Absatz von Bioprodukten an manchen Stellen stockt. „Es schreit gerade nicht jeder nach Bio“, weiß Huchler. „Viele wollen mehr Ökologie und Tierwohl, aber beim Einkauf entscheiden sie sich anders.“Hinzu kommt: Mancherorts findet Bio nicht statt. „Bestimmte Bereiche sind noch ganz schlecht für Bioprodukte erschlossen, beispielsweise die Außer-Haus-Verpflegung: Mensen, Kindergärten, Krankenhäuser. In Dänemark funktioniert das wunderbar, in Deutschland aber noch nicht“, sagt Sabine Zikeli von der Universität Hohenheim.
Relativ neu auf dem Biomarkt ist Franziska Machleidt. Die 35-Jährige bewirtschaftet in Ummendorf zusammen mit ihrem Vater Anton Köberle einen Milchviehbetrieb mit 80 Kühen, seit September 2017 vermarktet sie Biomilch. Der Weg weg von der konventionellen Landwirtschaft sei eine persönliche Entscheidung gewesen, gefolgt von einer wirtschaftlichen, sagt die Bäuerin. Eine Vergrößerung des Betriebs sei für sie nicht infrage gekommen, der bessere Preis für Biomilch habe ebenfalls eine Rolle gespielt. Einige Jahre später ist Franziska Machleidt froh, sich für die Umstellung entschieden zu haben, sie sagt aber: „Die Umstellungszeit war eine Herausforderung. Das sind zwei Jahre, in denen man nicht viel verdient.“Eine Einschätzung, die Expertin Zikeli teilt: „Die Umstellung auf den Ökolandbau ist eine harte Zeit. Es ist ein jahrelanger Prozess, oft verbunden mit erheblichen Kosten.“Deshalb stelle ein Betrieb, der nicht konkurrenz- und zukunftsfähig ist, nicht auf Bio um. Zikeli weiter: „Oft gibt es bei der Übergabe auf die nachfolgende Generation einen klaren Schnitt. Es werden ganz andere Betriebsstrukturen geschaffen. Schweine werden beispielsweise ab-, Hühner angeschafft. Und manch einer stellt auf Ökolandbau um.“Franziska Machleidt übernimmt im kommenden Jahr den Hof in Ummendorf. Mit dem Verkauf von Bioeiern hat sie zwischenzeitlich eine weitere Einkommensquelle erschlossen. Die Eier von ihren 290 Hühnern werden auf dem Hof und im Supermarkt verkauft. „Das wird sehr gut angenommen.“Aber sie ist sich bewusst, dass nicht jeder Verbraucher bereit ist, 40 Cent für ein Ei zu zahlen. Genauso wie nicht jeder Landwirt auf Bio umstellen kann und will. Auch wenn Norbert Huchler und Franziska Machleidt zeigen, dass es der richtige Weg sein kann. Beiden merkt man an, dass sie sich mit Themen rund um den Ökoloandbau identifizieren. Franziska Machleidt bring es auf den Punkt: „Es muss Spaß machen und man muss zufrieden sein. Aber die finanzielle Seite muss natürlich auch stimmen.“