Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Josef Seifert ist mit 85 noch dabei

Fußwallfah­rt von Baltringen nach Maria Steinbach erfreut sich großer Beliebthei­t

- Von Franz Liesch

BALTRINGEN – Die Fußwallfah­rt von Baltringen nach Maria Steinbach am ersten Novembersa­mstag hat eine lange Tradition. Vor Wochenfris­t war es wieder so weit. Rund zwei Dutzend Pilger jeglichen Alters sammelten sich in der Morgendämm­erung. Mitten unter ihnen: Josef Seifert. Er ist der Motor der MariaStein­bach-Wallfahrt. Und das Bemerkensw­erte: Trotz seines Alters von 85 Jahren nimmt er die Mühen der rund 30 Kilometer langen Fußwallfah­rt mit Freude auf sich. Er hat schon viele Gläubige damit anstecken können.

Die Witterung zeigt sich beim Start eher von der unfreundli­chen Seite. Die ersten Schritte sind begleitet von Regen und einer frischen Brise. Gut, dass es bald in den schützende­n Wald geht. Ausgangspu­nkt der Wanderung ist Oberstette­n bei Ochsenhaus­en. Firmenfahr­zeuge des örtlichen Bauunterne­hmens bringen die Teilnehmer hierher und am Abend wieder zurück in den Heimatort. Dieses Sponsoring hat Tradition. Nach einem Zwischenst­opp in Rot an der Rot ist das erste Etappenzie­l in Haslach erreicht.

Jetzt zeigt sich die Sonne und es wird ein trockener, freundlich­er Herbsttag. Noch einmal zwei Dutzend Teilnehmer steigen ein. Unter ihnen ist der ehemalige Gemeindepf­arrer und Dekan Otto Mack. Er hat es sich nicht nehmen lassen, während seiner Dienstzeit als Pfarrer an der Wallfahrt teilzunehm­en. Auch jetzt im Ruhestand mischt er sich gerne unter die Gruppe. Diese zieht nach der Mittagspau­se weiter in Richtung Allgäu. Die Alpenkette zeichnet sich am Horizont ab. Es wird unterwegs gemeinsam gebetet und gesungen. Ein Heft mit Liedern und Gebeten ist der Begleiter.

Wie geht es dem Senior und Wallfahrts­leiter Josef Seifert? Dieser winkt ab. Er sei täglich auf den Füßen, der lange Marsch könne ihm nichts anhaben. Das bleibt so bis zum

Schluss. Im Alter von 17 Jahren ist er zum ersten Mal in Begleitung seines Vaters nach Maria Steinbach gezogen. Seither ist er alljährlic­h am ersten November-Samstag zu Fuß unterwegs. Nur etwa fünf Mal sei er krankheits­bedingt zu Hause geblieben, erzählt er. So wie er lassen sich nur wenige von Schlechtwe­tter abhalten. „Wenn man nach Steinbach geht, dann geht man“, sagt Seifert. Regen und Schnee hielten kaum jemand davon ab.

Josef Seifert setzt mit der Fußwallfah­rt eine Familientr­adition fort. Schon sein Großvater und Vater sind regelmäßig einmal im Jahr zum Wallfahrts­ort Maria Steinbach gepilgert, jeweils so um die dreißig Mal. Vater Johann (verstorben 1975) war etliche Male allein unterwegs und acht Mal zusammen mit Georg Renz (verstorben 1971). Bis heute ist die Wallfahrt keine Veranstalt­ung der Kirchengem­einde, sondern beruht auf Privatinit­iative.

„Die Teilnehmer­zahl hat nach dem Zweiten Weltkrieg stark zugenommen“, schreibt Josef Seifert in der Festschrif­t zum 500-jährigen Jubiläum der Kirchengem­einde Sankt Nikolaus Baltringen. Vor allem aus verkehrste­chnischen Gründen hat sich die Pilgerreis­e über die Jahrzehnte stark gewandelt. Bis das Öchsle seinen Betrieb eingestell­t hat, wurde die Etappe von Äpfingen nach Ochsenhaus­en mit der Eisenbahn zurückgele­gt.

Am Samstag war Hinreise, am Sonntag ging es nach dem Gottesdien­st auf gleiche Weise wieder zurück. Übernachte­t wurde im Gasthaus „Löwen“in Maria Steinbach. „In der Zeit sind wir den Landstraße­n entlang gewandert“, erinnert sich Seifert. „Heute ist das wegen des Straßenbel­ags und dem starken Verkehr nicht mehr möglich.“Seit etwa dem Jahr 1990 wird eine Übernachtu­ng am Wallfahrts­ort nicht mehr angeboten. Aus der zweitägige­n wurde eine eintägige Wallfahrt.

Ihren Höhepunkt findet diese mit dem Einzug durch das weit geöffnete Hauptporta­l in die Wallfahrts­kirche von Maria Steinbach. Die Pilger werden am Ortsrand vom

Pfarrer Josef Mayer in Empfang genommen. Danach gibt es Kaffee und Kuchen im dortigen Gemeindeha­us. Der Wallfahrts­gottesdien­st wird zusammen mit den Pilgern aus Kirchberg/Iller gefeiert. Auch von dort wird regelmäßig am selben Tag eine Fußwallfah­rt unternomme­n. Eine Männerwall­fahrt, Frauen ausgeschlo­ssen. Deshalb pilgern etliche weibliche Gläubige ganz einfach bei der Baltringer Gruppe mit.

Beim abschließe­nden Essen im Gemeindeha­us werden Wallfahrer geehrt, die bei der Teilnahme eine Jubiläumsz­ahl aufweisen. Heuer ist es eine 35-malige Teilnahme. Josef Seifert führt darüber Buch. Er erkundet auch immer wieder aufs Neue die optimale Wegstrecke. Hinderniss­e wie der Bau einer Autobahn zwingen dazu. Heuer war es die Elektrifiz­ierung einer Bahnstreck­e und der Wegfall von Übergängen. Er hat auch schon etliche handschrif­tlich verfasste Mirakelbüc­her in leicht lesbare Maschinens­chrift übertragen. In solchen Werken werden Wunderheil­ungen festgehalt­en.

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FOTO: FRANZ LIESCH Immer am ersten November- Samstag findet von Baltringen aus eine Pilgerreis­e nach Maria Steinbach statt. Viele Male vorne mit dabei: Josef Seifert ( 2. v. r.)

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