Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Von der Bühne auf die Anklageban­k?

Suzanne Grieger-Langer gibt Mobbing-Opfern Ratschläge – Verhaltene­r Applaus am Ende

- Von Dagmar Hub

NEU-ULM - Bambi hat auf dieser Bühne keinen Platz, ebenso wenig die „Gutmenschf­aschisten“. Die nicht unumstritt­ene Rednerin, Unternehme­rin und Autorin Suzanne Grieger-Langer ist kein „Bambi“, das wird bei ihrem Auftritt in der Ratiopharm-Arena vor gut 1000 Zuschauern schnell deutlich.

Entschloss­en steht sie da im schwarzen Overall, als würde sie zu einem Sondereins­atzkommand­o gehören. Auf der schwarzen, nur mit wenig Weiß kontrastie­rten, Bühne ist links ein angedeutet­es ProfilerBü­ro aufgebaut. Die lackschwar­zen Haare der 47-Jährigen haben einen diabolisch­en Schnitt. Kein „Bambi“zwar, aber mit Einsatz für das Gute: Grieger-Langer spendet von jedem verkauften Eintrittst­icket und jedem verkauften Buch einen Euro an die Opferhilfe Weißer Ring, für den sie sich auch auf der Bühne engagiert. Bei ihren Auftritten nennt sich die Frau aus Detmold „Profiler Suzanne“– wie eine Analytiker­in in einem Kriminalfa­ll. Nur, dass es bei ihr nicht um Morde geht, sondern um psychische­n Druck und um den persönlich­en Erfolg.

Ihr Ziel sei es, sagt Grieger-Langer, die Guten vor den Bösen zu bewahren, damit sie nicht zu Opfern werden. Wer aber genau sind die Guten? Und wer die Bösen? Man befindet sich im Bereich der „weißen Gewalt“, also auf der Ebene von Büro und privatem Umfeld, dort, wo es Mobbing und Niedermach­en gibt. Und den Terror der „Niedergesc­hwindigkei­tstäter“und „Mieslinge“, die andere klein machen. Die Ratiopharm-Arena ist für den Abend ein bisschen groß gewählt, aber die Frau hat ihre Fans. Und unterhalts­ame Sätze hat sie zweifellos auf Lager. Und: Ihre Themen betreffen viele Menschen.

Der dreistündi­ge „Cool im Kreuzfeuer“-Abend der selbststän­digen

Profilerin aus Detmold, ursprüngli­ch Diplom-Pädagogin, gliedert sich in drei Teile: Im ersten gibt sieTipps, wie man sich am besten gegen Mobbing wehrt. „Niemals auf den Täter zugehen“, rät sie. Stattdesse­n: alles Schriftlic­he ausdrucken und die Wände von Büro oder Klassenzim­mer damit tapezieren. Den Täter an den öffentlich­en Pranger stellen, das ist ihr Credo.

Dann folgt ein scharfer Angriff auf das Gutachter-Wesen der Gerichte, mit dem – wie Grieger-Langer ausrechnet – beispielsw­eise 2015 weit mehr als eine halbe Milliarde Euro generiert wurde, obwohl etwa die Hälfte der Gutachten mangelhaft sei. Das Beispiel vom zu Unrecht angezeigte­n Vater zweier Töchter, der zwar freigespro­chen wird, die Tausende Euro teuren Gutachten aber dennoch bezahlen muss, geht dem Publikum unter die Haut.

Der dritte Teil des Abends, der um 22 Uhr beginnt, ist ein in sich geschlosse­ner Vortrag, wie ihn auch andere Erfolgs- und Selbstopti­mierungsco­aches halten könnten. Er liste im Wesentlich­en auf, was für ein gelingende­s Leben wichtig sei: Orientieru­ng vor allem, immer wieder Orientieru­ng daraufhin, was man wirklich will. Das Ziel liege dann quasi auf dem Weg.

Am Ende des Abends geht alles ganz schnell. Grieger-Langer verlässt die Bühne unter erstaunlic­h wenig Applaus, das Publikum ruft sie nicht noch einmal auf die Bühne zurück, diskutiert dagegen im Gehen die Länge des Abends. Manchem mögen es doch zu viel der Worte gewesen sein.

Für Suzanne Grieger-Langer dagegen wird es in nächster Zeit spannend. Nach Medienberi­chten liegen gegen sie Anzeigen wegen Titelmissb­rauch und Betrug vor. Die Staatsanwa­ltschaft Bielefeld hat im September Anklage erhoben gegen die Profilerin, für die – natürlich – die Unschuldsv­ermutung gilt.

 ?? FOTO: ADAM KAPALLA ?? Profiler Suzanne Grieger- Langer steht bei ihrem Auftritt in der Ratiopharm- Arena in Neu- Ulm da, als würde sie zu einem Sondereins­atzkommand­o der Polizei gehören.
FOTO: ADAM KAPALLA Profiler Suzanne Grieger- Langer steht bei ihrem Auftritt in der Ratiopharm- Arena in Neu- Ulm da, als würde sie zu einem Sondereins­atzkommand­o der Polizei gehören.

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