Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schandmaul können auch bunt

Mit Dudelsack und Drehleier spielt die Mittelalte­r-Folkrock-Band in Ulm Lieder aus ihrem neuen Album

- Von Christoph Lotter

ULM - Dudelsack, Drehleier und altertümli­che Melodien. Die FolkrockBa­nd Schandmaul verwandelt das Ulmer Roxy am Donnerstag in eine mittelalte­rliche Festung. Mit musikalisc­h verpackten Märchen, Sagen und oft poetischen Texten aus ihrem neuen Album „Artus“bringen die sechs Musiker die knapp 600 Fans zum Tanzen, Klatschen und Mitsingen. Dabei geht es auf der Bühne oft düster zu. Ab und zu gibt es für das Publikum aber auch etwas zum Lachen – und eine musikalisc­h bunte Aufgabe für den Nachhausew­eg.

Viel Neues also für die treuen Fans der Münchner Musikgrupp­e. „Artus“ist bereits das zehnte Studioalbu­m in der 21-jährigen Bandgeschi­chte. Und es dreht sich, wie der

Name schon sagt, um die Artussage. „Er wurde uns gesandt, von Gottes Hand, König Artus er genannt, Entriss dem Stein das eine Schwert, Hat wütend Sachsen abgewehrt“, heißt es etwa in dem Song „Die Tafelrunde“. Begleitet wird die kräftige Männerstim­me von Frontsänge­r Thomas Lindner von einem Schlagzeug, einem Bass und einer E-Gitarre – das mittelalte­rliche Flair bringen die zwei Frauen an Lindners Seite auf die

Bühne. Birgit Muggenthal­erSchmack bläst abwechseln­d in Dudelsack und Flöte, Saskia Forkert streicht im Wechsel über Geige und Drehleier.

Textlich geht es passenderw­eise zumeist düster zu: „Wir waren Vagabunden, Spielleute, Halunken, ein Stück vom Dreck der Straße immer im Gepäck, hatten dort im Dreck das Gold entdeckt“, lautet eine Passage in dem Lied „Vagabunden“. Hier und da kämpft sich dazu tiefes Grölen der Fans durch die lauten Klänge aus den Boxen.

Wobei das Publikum nicht nur aus grölenden Männern besteht. Im Gegenteil, gefühlt jeder hatte seine Frau oder Freundin dabei. Dass der Großteil der Fans die 30 bereits überschrit­ten hat, zeigt sich auch in den kurzen Spielpause­n, in denen sich

Lindner zu Auflockeru­ng an etwas Stand-Up-Comedy versucht. Wie in den Songs, dreht sich bei Schandmaul auch hier vieles um längst Vergangene­s.

Lindner nennt einen Spruch, den jeder von seiner Oma kenne: Früher war alles besser. „Völliger Unsinn. Wir hatten früher den Baumarkt-Katalog und dann den Dr. Sommer in der Bravo – so viel zum Thema früher war alles besser“, so der Frontsänge­r, der zahlreiche Lacher erntet.

Auch für die Erzählung, wie er in seiner Jugend seine ersten Groschen für eine Schallplat­te gespart hat, kam gut an: „Für die Jungen hier, das ist so eine Art Playlist von nur einem Interprete­n.“Früher habe man Musik noch in stereo gehört, sagt Lindner: „Die jungen Leute laufen mit nur einem Knopf im Ohr rum.“

Die Frage an die Fans, ob es Menschen gäbe, die sie mal richtig durchschüt­teln lassen wollen, beantworte­t Lindner gleich selbst: „Als Kapelle schreibt man einfach ein Lied darüber.“Weil diese Leute aber die Schandmaul-Konzerte nicht besuchen würden, hat sich der Frontsänge­r einen Plan ausgedacht.

Die Münchner spielten das Lied trotzdem, die Fans im Roxy sollten es dann auf dem Heimweg laut singen. Für alle Leute, die es nicht hören wollen: „Narren sind bunt und nicht braun.“Schandmaul kann auch bunt. Die Fans jedenfalls feiern die Aktion.

Und der Wunsch der Band nach mehr analoger Fanpost – vor dem Saal wurde extra ein Briefkaste­n aufgestell­t – dürfte sich zumindest an diesem Abend zahlreich erfüllt haben.

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FOTO: CHRISTOPH LOTTER Die Münchner Band Schandmaul sorgte im Ulmer Roxy für mittelalte­rlich düstere Stimmung.

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