Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Sonderkontingent soll Jesidinnen helfen
Als der Hohe Jesidische Geistliche Rat am 24. April bekannt gab, dass „alle Befreiten mit Stolz, Würde, Menschlichkeit“behandelt werden, war die Hoffnung groß, dass auch die Frauen mit Kindern von ISTerroristen zurückkehren können in die jesidische Gemeinschaft. Doch nur drei Tage später verkündete derselbe Rat, dass zwar die Frauen, aber nicht ihre Kinder akzeptiert würden. Im Ausland, gerade auch in Baden-Württemberg, das sich stark im Nordirak engagiert und im Jahr 2015 rund 1000 jesidische Frauen in einem Sonderkontingent aufgenommen hat, stieß die Entscheidung auf Unverständnis. „Diese Frauen befinden sich in einer humanitären Notlage“, sagte eine Sprecherin des Staatsministeriums.
Helfen könnte ein neues Sonderkontingent, für das sich auch CDUPolitiker Volker Kauder (Tuttlingen), die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) stark gemacht haben. „Diese Frauen sind verzweifelt und bedürfen deshalb besonderer therapeutischer Betreuung“, begründet Volker Kauder den überparteilichen Vorstoß, der vor einigen Monaten bekannt wurde. Das Vorhaben sei inzwischen gut vorangekommen, so Kauder. Jetzt gehe es darum, mit der irakischen Regierung zu klären, warum die Frauen besser außerhalb des Iraks betreut werden sollten. Auch Baden-Württemberg würde sich wieder beteiligen, falls ein bundesweites Sonderkontingent zustande käme.
Der Trauma-Spezialist Jan Ilhan Kizilhan, Professor an der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen, ruft aber auch die jesidische Gemeinschaft dazu auf, die Entscheidung, die Kinder von ISVätern nicht zu akzeptieren, zu überdenken. Im Gespräch mit betroffenen Frauen habe er von ihnen erfahren, dass sie diese Kinder auf Druck ihrer Familien zurückgelassen haben. „Sie leiden unter schweren psychischen Störungen, da sie ihre Kinder vermissen, auch wenn sie von den Tätern sind“, so Kizilhan. Die jesidische Gemeinschaft dürfe deshalb nicht verlangen, dass die Frauen ihre Kinder verlassen. „Es muss die Pflicht der Jesiden sein, sich an ihre humane Pflicht und Friedenswillen zu erinnern und die Kinder zu schützen und zu helfen. Ansonsten hätte der IS-Terror tatsächlich noch gewonnen, da die Menschlichkeit nicht mehr zählt“, fordert der Psychologe, der seit Jahren Therapeuten an der Universität Dohuk im Nordirak ausbildet, um traumatisierten Frauen helfen zu können. (clak)