Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Besonderer Ort, besondere Chance
Alexander Zverev könnte sein Tennisjahr in London ziemlich aufwerten – Krawietz/Mies wollen ATP-Finals „genießen und alles reinhauen“
LONDON (SID/dpa) - Bei seinen Trainingseinheiten in der imposanten Londoner O2-Arena hatte Alexander Zverev am Samstag einen prominenten Zuschauer. Während sich der 22-Jährige unter anderem mit Novak Djokovic auf seine Mission Titelverteidigung bei den ATP-Finals vorbereitete, verfolgte am Rande des Courts Boris Becker das Geschehen ganz genau. Nicht nur Deutschlands Tennisikone ist offensichtlich gespannt, wie sich sein designierter Erbe beim Elite-Turnier in diesem Jahr präsentiert.
Denn Zverevs Form gibt vor seinem Auftaktmatch an diesem Montag (21 Uhr/Sky) gegen Rafael Nadal einige Rätsel auf. Nach einem mehr als durchwachsenen Jahr, in dem der Jungstar zwischenzeitlich die erste echte Krise seiner Karriere zu bewältigen hatte, zeigte er sich in den vergangenen Monaten im Aufwind – allerdings noch nicht wirklich stabil. „Ich hatte nicht die Saison, die ich haben wollte“, sagte Zverev nun. „Aber ich bin immer noch unter den Top Acht. Davon würden viele träumen.“
Um die Qualifikation für den Wettstreit der besten acht Tennisspieler der Saison hatte Alexander Zverev diesmal allerdings lange zittern müssen. Erst beim Masters in Paris vor gut einer Woche erhielt er nach Patzern der Konkurrenz sein Ticket. Nun ist er in seiner nach Andre Agassi benannten Vorrundengruppe mit dem Weltranglistenersten Nadal, dem zuletzt überragenden Russen Daniil Medwedew und Griechenlands 21jährigem Hoffnungsträger Stefanos Tsitsipas eher in der Außenseiterrolle. Wie jedoch auch schon im Vorjahr – damals mit bekanntem Ausgang.
„Das ist ein besonderer Ort für mich“, sagte Zverev, der den Triumph 2018 als „bisher größten Titel meiner Karriere“bezeichnet. Die Chance, mit einem guten Abschneiden oder sogar einem neuerlichen Titel-Coup einen versöhnlichen Jahresabschluss zu schaffen – ehe es gemeinsam mit Superstar Roger Federer auf Südamerika-Tour mit mehreren Showmatches geht – will der gebürtige Hamburger nutzen. Becker, der prominente Trainingskiebitz, sieht für Zverev zumindest „die Möglichkeit, für Furore zu sorgen“.
Das gilt laut dem 51-Jährigen explizit auch für Kevin Krawietz und Andreas Mies, die nach einem beinahe märchenhaften Aufstieg und dem Triumph bei den French Open in der Doppel-Konkurrenz zum Teilnehmerfeld gehören. Erstmals seit seiner Finals-Premiere vor drei Jahren ist Zverev damit nicht der einzige deutsche Hoffnungsträger in London. Auch für das neue Spitzenduo geht es am Montag (13 Uhr) gegen Horia Tecau/Jean-Julien Rojer (Rumänien/ Niederlande) los. Weitere Gruppengegner sind die Kolumbianer Juan Sebastian Cabal/Robert Farah und die Franzosen Pierre-Hugues Herbert/ Nicolas Mahut. „Wir haben alle Grand-Slam-Sieger in unserer Gruppe, da kann jeder jeden schlagen, so lapidar sich das anhört“, sagte Mies
Da ist die Ausgangslage eine komplett andere als bei Zverev. Schließlich war schon die Qualifikation für Krawietz/Mies ein Bonbon am Ende einer grandiosen Saison. „Das ist ein absolutes Highlight, eines der acht besten Teams der Welt zu sein“, sagte Krawietz. „Da müssen wir jeden Moment genießen und alles reinhauen.“
Becker, der die beiden jüngst im „Kreis der Weltbesten“begrüßte, wird auch das genau beobachten.