Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kurioser Titel für Pechstein – Große will „durchrütteln“
INZELL (dpa) - Rekordmeisterin Claudia Pechstein ist locker zu ihren Titeln 38 und 39 gestürmt, doch weit mehr Aufmerksamkeit genoss die 47 Jahre alte Olympiasiegerin mit ihrem Vorstoß zum vakanten Präsidentenamt in der Deutschen EisschnelllaufGemeinschaft. Nach dem überraschenden Rückzug von Präsidentin Stefanie Teeuwen wegen „Anfeindungen auf persönlicher Ebene“und fehlenden Rückhalts im Verband brachte Pechstein umgehend ihren Lebensgefährten Matthias Große als Nachfolger ins Gespräch. Der von ihr oft als Bodyguard und Mentalcoach bezeichnete Immobilien-Unternehmer aus Berlin bekräftigte seinen Führungsanspruch.
„Der Verband hat so viele Verbindlichkeiten. Die leben wie die Fürsten und haben gar kein Geld“, sagte Große: „Ich würde alles durchrütteln“, fügte er hinzu. Nach dem Rückzug des Hauptsponsors (DKB) ist eine Finanzlücke entstanden, die Schatzmeister Dieter Wallisch auf 400 000 Euro bezifferte. Während sein angestrebter „rigoroser Neuanfang“in der DESG-Führung heftig umstritten ist, lehnte sich Ex-Präsident Gerd Heinze nach Großes Bewerbungsrede weit aus dem Fenster: „Ein klares Angebot an die Mitglieder, klare Vorstellungen.“
Mit Teeuwens Rücktritt geriet der sportliche Aspekt der Titelkämpfe ins Hintertreffen. Bei der am Freitag in Minsk beginnenden Weltcup-Saison ruhen die Hoffnungen neben Pechstein auf Etablierten wie Patrick Beckert, der sich über 5000 und 10 000 Meter seine Titel 21 und 22 holte, sowie den Sprint-Champions Nico Ihle (1000 Meter) und Joel Dufter (500 Meter).
Pechstein durfte sich nach 3000Meter-Gold zum Auftakt über den wohl kuriosesten Meistertitel ihrer Karriere freuen. Über 5000 Meter lag sie beim erstmals international ausgeschriebenen Titelkampf in 7:10,07 Minuten fast zehn Sekunden hinter der Tschechin Martina Sablikova. Da sich Roxanne Dufter und Michelle Uhrig zuvor abgemeldet hatten, wurde sie als Meisterin bestätigt, obwohl sie niemanden besiegt hatte. Im Massenstartrennen riss Pechsteins Serie nach fünf Jahren. Der Titel ging an Inlinerin Josie Hofmann aus Erfurt.