Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Von Abgeworfenen und Aufstiegsverweigerern
Und was macht man, wenn man vom Pferd gefallen ist?, lautet eine gängige metaphorische Frage, die dazu animieren soll, nach einem Scheitern direkt wieder einen neuen Anlauf zu versuchen, um keine Angst zu entwickeln – eben direkt wieder aufs Pferd zu steigen. Bei eben jenen Reittieren mag das mit Mut und nettem Steigbügelhalter noch recht zügig gehen, auch bei so vielen andere Unwägbarkeiten im Leben, schwieriger wird es dagegen, sollte ein Kandidat einmal vom berüchtigten Trainerkarussell fallen beziehungsweise geworfen werden.
Denn während Hansi Flick es irgendwie geschafft hat, auf eben jenes – noch dazu beim Rekordmeister aus München – hinaufgeworfen zu werden, ist Sandro Schwarz nun erst einmal runter vom selbigen. Das 2:3 gegen Union Berlin war für die Verantwortlichen des FSV Mainz 05 zu viel. Sie haben genug Schwarz gesehen – nun wird hoffnungsvoll in die Zukunft geschaut. Co-Trainer JanMoritz Lichte übernimmt, Sportvorstand Rouven Schröder sagt aber nicht überraschend: „Wir werden einen neuen Cheftrainer suchen.“
Die Mainzer Gegner aus Berlin – Pardon, in dieser Saison muss man ja präzisieren: vom 1. FC Union Berlin – sind dagegen heilfroh mit ihrem Trainer. Urs Fischer heißt der Mann, der die Eisernen erst zum Aufstieg und nun sogar auf den elften Tabellenplatz führte. Sehr zum Leidwesen des Stadtnachbarn. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls bekam jene Hertha zwar ihr gewünschtes Heimspiel – verlor aber mit 2:4 gegen die Emporkömmlinge von RB Leipzig. Schlimm genug, noch schlimmer dürfte aber wiegen, dass Hertha trotz Einnahmen von 224 Millionen Euro durch Investor Lars Windhorst und trotz Neu-Aufsichtsratsmitglied Jürgen Klinsmann mit Tabellenplatz 12 nun nur noch Nummer 2 in der Hauptstadt ist. Vom ausgerufenen „Big-City-Club“ist noch nicht viel zu sehen. Hertha-Trainer Ante Covic hatte nach der Derby-Pleite jüngst sogar gesagt: „Wichtig ist, dass wir in der Tabelle noch vor Union stehen.“ Das ist nun Geschichte. Bleibt für ihn nur zu hoffen, dass er nicht ebenfalls zeitnah Historie ist und möglicherweise die große Rückkehr von Vorgänger Pal Dardei gefeiert wird.
Mit Comebacks auf dem Trainerstuhl kennen sich wohl nur wenige so aus wie der ewige Friedhelm Funkel. Auf über 500 Bundesligaspiele als Coach bringt es der 66-Jährige mittlerweile. Aber Wind macht er gerade umso mehr. Drei Mal geriet seine Fortuna aus Düsseldorf bei Schalke 04 in Rückstand, drei Mal litt Funkel, drei Mal glich Rouwen Hennings aus – oder wie es Schalke-Coach David Wagner formulierte: „Wir haben immer gut reagiert, wenn Düsseldorf den Ausgleich gemacht hat. Aber Düsseldorf hat auch gut reagiert, wenn wir in Führung gegangen sind.“Dem Triple-Packer war es egal. Der 32-jährige Hennings schnappte sich seinen Gedenkball und scherzte: „Diesen Ball dürfen meine Kinder nur angucken.“Einen ganz besonderen Platz hat er für sein Erinnerungsstück schon vorgesehen: „Ich habe einen, nun ja, Karton. Für wichtige Trikots und so“, sagte der Held des Tages, „da kommt er rein.“
Nicht mehr irgendwo rein, sondern eher ganz schnell raus, das wollte Armin Veh. Dessen Abschied als SportGeschäftsführer beim 1. FC Köln zum Saisonende stand längst fest, doch nicht mit Abschied-Armin, er geht mit sofortiger Wirkung. Anstatt Feierlaune zu Karnevalsbeginn herrscht am Rhein nun wie bei den Sonst-Feiergenossen aus Mainz eher Katerstimmung. Aber der FC muss nicht nur einen neuen Veh finden, sondern auch einen neuen Trainer. Die Lage ist so katastrophal, dass der Aufsteiger auf das traditionelle Training in Karnevalskostümen am Elften im Elften verzichtet. Der Schritt, den „hoch kompetenten Trainer“Achim Beierlorzer zu entlassen, sei zwar bedauernswert, sagte Frank Aehlig, der nach Vehs Abschied nun vorläufig die sportliche Leitung übernommen hat. Allerdings sei die Trennung angesichts der schlechten Ergebnisse alternativlos. Ex-VFBler Bruno Labbadia wäre ein Nachfolgekandidat gewesen, aber er möchte nicht. „Er hat mir gesagt, dass es für ihn im Moment keine Option ist“, sagte Aehlig.
Labbadia scheint also ausreichend Wege zurück aufs Karussell zu kennen – erst recht nach vormaligem Abwurf.