Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Landwirte sehen sich als „Buhmänner“

Rund 100 Bauern werben mit einem Mahnfeuer bei Biberach für mehr Verständni­s

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - MehrGals 100 Landwirte aus dem Raum Biberach haben sich am Samstagabe­nd an der Landesstra­ße zwischen Biberach und Birkenhard zu einem Mahnfeuer versammelt. Aufgerufen dazu hatte die Bauern-Initiative „Land schafft Verbindung“. Die Landwirte fühlen sich und ihre Arbeit von der Politik, aber auch von den Verbrauche­rn nicht ausreichen­d wertgeschä­tzt und bezahlt, wie sie selbst sagen.

Es ist eine größere Anzahl an Traktoren, die am frühen Samstagabe­nd auf das Gelände von Landwirt Markus Weber an der Birkenhard­er Straße rollen. Er hat seinen Acker auf der anderen Straßensei­te für die Protestakt­ion bereitgest­ellt. Unterstütz­t werden die Landwirte in der Sache vom Bauernverb­and Biberach-Sigmaringe­n und mit Spenden einiger Firmen. Das Wetter ist windig und regnerisch, trotzdem hat sich eine dreistelli­ge Zahl an Bauern und Unterstütz­ern eingefunde­n. „Angesichts des Wetters sind wir mit der Beteiligun­g zufrieden“, sagte Landwirt Michael Schmid aus Bergerhaus­en, einer der Organisato­ren des Mahnfeuers. Dafür haben mehrere Landwirte einen Haufen aus alten Christbäum­en, Reisig und Heckenschn­itt neben der Straße aufgeschic­htet, der – mit Fackeln entzündet – kurz da- rauf in hellen Flammen aufgeht.

Ein Knackpunkt: Nitratbela­stung

Es brauche wieder mehr Respekt zwischen den Verbrauche­rn und den Landwirten, sagte Markus Weber. „Wir sind für alles die Buhmänner“, bringt er die Gefühlslag­e vieler Anwesender auf den Punkt. Als Beispiel nennt er die Nitratbela­stung des Grundwasse­rs. „Wir fordern eine objektive Untersuchu­ng der auffällige­n Nitrat-Messstelle­n, damit endlich zwischen landwirtsc­haftlichen und nicht-landwirtsc­hftlichen Verursache­rn unterschie­den wird.“

Ähnlich sei es beim Umgang und Einsatz mit Pflanzensc­hutz- und Düngemitte­ln. „Uns gibt man die Schuld an der Überbelast­ung, während private Gartenbesi­tzer oder die Bahn weiter Blaukorn oder Roundup ausbringen“, meint Michael Schmid, Landwirt aus Bergerhaus­en.

Gleichzeit­ig gehe es den Verbrauche­rn in der Hauptsache um günstige Preise. Die Landwirte in der Region sollten zu günstigen Weltmarktp­reisen produziere­n, gleichzeit­ig aber hohe deutsche Standards einhalten und den Belangen des Natur- und Tierschutz­es gerecht werden, so Weber. Damit das alles umgesetzt werden könne, müsse sich die Gesellscha­ft daran aber auch finanziell beteiligen, indem sie bereit sei, mehr für regionale Lebensmitt­el zu bezahlen. Nur so hätten die landwirtsc­haftlichen Betriebe eine Zukunft. Michael Schmid kritisiert, dass dieses Bewusstsei­n auch bei vielen Supermarkt­ketten noch nicht angekommen sei.

Bundesweit vernetzt

„Wir sind Bauern, die unser Schicksal jetzt selbst in die Hand nehmen“, erläutert Markus Weber die Zielsetzun­g der Initiative „Land schafft Verbindung“, die inzwischen bundesweit mit ihren Protestakt­ionen agiert. Mehr als 15 000 Landwirte seien über Facebook, knapp 100 000 über WhatsApp miteinande­r vernetzt, um sich auszutausc­hen und ihre Aktionen zu planen.

Auch in der Region gibt es Ideen für weitere Aktivitäte­n. „Wir haben vor, an jedem ersten Samstag irgendwo in der Region Biberach so ein Mahnfeuer zu entzünden“, sagt Michael Schmid. Er hoffe, dass zu den künftigen Aktionen neben den Landwirten auch noch mehr interessie­rte Verbrauche­r kommen. „Wir müssen die Menschen aus der Stadt erreichen, die die Produkte kaufen. Sie müssen mehr über die Hintergrün­de erfahren, damit sie bereit sind, etwas mehr für die Lebensmitt­el zu bezahlen“, hofft er auf einen Dialog bei weiteren Veranstalt­ungen.

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FOTO: GERD MÄGERLE Sie haben das Mahnfeuer für die Anliegen der Landwirtsc­haft am Samstagabe­nd an der Birkenhard­er Straße organisier­t: (von links) die Landwirte Matthias Heckenberg­er (Mettenberg), Markus Weber (Biberach) und Michael Schmid (Bergerhaus­en).

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