Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Im Schacht durch die Nacht
Verkehrsminister Scheuer denkt beim Paket-Lieferverkehr über U-Bahnen nach – Post und Hermes reagieren
GBERLIN (dpa) - Der Onlinehandel boomt – und mit ihm der Verkehr in den Städten. Denn immer mehr Pakete bedeuten immer mehr Lieferwagen, die sich den Weg durch den Stadtverkehr bahnen, zum Ausladen in der zweiten Reihe parken und Staus verursachen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wirbt deswegen nun für kreative Ideen, doch auch unterirdische Wege zu nutzen. „Ich wäre dazu bereit, ein Pilotprojekt mit einer Stadt zu machen, wo wir eine U-Bahn umbauen und eine spezielle Paket-U-Bahn daraus machen“, sagte der CSU-Politiker der „Schwäbischen Zeitung“(Samstag).
„Wir sollten bereit sein, neu zu denken und nicht immer das Aber zu sehen“, lautet die generelle Ermunterung des Ministers. So eine Bahn könne zum Beispiel nachts von 2 Uhr an fahren und Pakete sowie Päckchen zu Zwischenlagern – sogenannten Mikro-Hubs – an Haltestellen in einzelnen Stadtteilen transportieren. „Wir installieren Mikro-Hubs, von dort aus können die Lieferanten die Waren mit einem Elektro-Lastenfahrrad weitertransportieren“, sagte Scheuer. „Es geht darum, dass wir oberirdisch Verkehr reduzieren.“
Branchenvertreter stimmen zu, dass gerade angesichts des Drucks, den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen zu verringern, Änderungen nötig sind. „Dazu ist eine Verlagerung von Verkehren, sowohl für Personen als auch Güter, auf die umweltfreundlichen Verkehrsmittel zwingend notwendig“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Oliver Wolff, der Deutschen Presse-Agentur. Für Scheuers Idee zeigte er sich offen: „Um dies zu erreichen, sollte man auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Ideen durchaus diskutieren und abwägen.“
Denn die Paketbranche boomt. Immer mehr Menschen ordern online: Im vergangenen Jahr bestellten
Verbraucher Waren und Dienstleistungen im Wert von 94 Milliarden Euro und damit rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus Zahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel hervorgeht. Davon profitiert die Paketbranche: 2019 erwirtschafteten die Dienstleister in Deutschland der Bundesnetzagentur zufolge 18,78 Milliarden Euro. Tendenz steigend: 2018 lagen die Erlöse bei 17,66 Milliarden Euro. Wenn nun Pakete und Päckchen auch per UBahn
oder per Straßenbahn durch Großstädte transportiert würden, könnte das Entlastung bringen, betonte Scheuer. Er rechnet damit, dass der automobile Lieferverkehr um bis zu 20 Prozent sinken könnte. MikroHubs als Umladeplätze auf E-Fahrzeuge gehören etwa auch schon zu Konzepten von Modellstädten, in denen der Bund Maßnahmen für sauberere Luft fördert. Auch FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic erläutert: „Wir brauchen Smart-City-Konzepte mit IT-gestützter Optimierung der Verkehrswege.“Dafür seien MikroHubs für den Paketlieferverkehr ein guter Ansatz.
Daran arbeiten auch große Paketdienste. „Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren in den 80 größten deutschen Städten emissionsfrei zuzustellen“, teilte Hermes mit. Ein Mittel dazu sei, alternative Modelle wie die Zustellung per Lastenrad zu testen. Derzeit laufe die Auswertung einer „Logistiktram“, die 2019 in Zusammenarbeit mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main eingesetzt wurde.
Von der Deutschen Post DHL hieß es, unter bestimmten Bedingungen könne eine ergänzende Zustellung per Lastenrad in Innenstädten eine effektive und ökologisch sinnvolle Alternative sein. Damit allein ließen sich die steigenden Sendungsmengen aber nicht bewältigen. „Grundsätzlich begrüßen wir staatliche Initiativen, die Maßnahmen für noch nachhaltigere Logistik unterstützen“, erklärte ein Sprecher.