Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Nazisymbol zieht weiter Kreise in Ulm
Um Kampagne-Film „Ulm – wir sind alle Vielfalt“wurde in der Ulmer Vhs diskutiert
GULM - Seit vergangen Oktober kursiert der von der Stadt Ulm in Auftrag gegebene Kampagnenfilm „Ulm – wir sind alle Vielfalt“im Netz. Initiiert aus dem Gedanken heraus, den Titel einer „internationalen Stadt“auch nach außen zu repräsentieren, entstand ein etwa dreiminütiger Zusammenschnitt von offenbar als alltäglich angesehenen Situationen. Hier setzte jedoch bereits kurz nach Verbreitung im Internet eine Debatte ein, die unter anderem am vergangenen Samstag im Club Orange eine Fortsetzung fand.
Auslöser war wie berichtet eine Filmfigur, die die „Schwarze Sonne“– ein Ersatz- und Erkennungssymbol der rechtsextremen Szene – als Tattoo auf dem Nacken trägt. In einigen Kommentaren wurde der Stadt Ulm unterstellt, durch das Zeigen des Symboles Sympathie für Menschen mit rechtsextremen oder faschistischen Einstellungen zu zeigen. Die Stadt Ulm bedauerte per Pressemitteilung, dass dieser Eindruck bei einigen Betrachtern des Filmes entstanden sei – weist diese Unterstellungen aber gleichzeitig mit Hinweis auf ihre dauerhaften Bemühungen im Kampf gegen demokratiefeindliche Tendenzen entschieden zurück.
Moderiert vom Leiter des Volkshochschule Ulm, Christoph Hantel, diskutieren Oberbürgermeister Gunter Czisch, Nicola Wenge vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg, Sybille Thelen von der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg, Frank Buchheit, Landeskriminalamt Stuttgart sowie der Regisseur Hosam Sidou Abdulkader.
Im Film erscheinen unter anderem ein an Hand von Symbolen erkennbarer Neonazi, welcher um das Leben seiner – blondbezopften – Tochter bangt. Ein Umdenkungsprozess des Mannes mit rechtsradikalem Hintergrund war als Kernaussage dieser Szene seitens des Regisseurs gedacht. Ausgerechnet der muslimische Arzt im Krankenhaus steht ihm bei.
Allein die Anhäufung des Films mit Klischees und Stereotypen wäre eine Podiumsrunde wert, aber eigentlich sollte an diesem Abend nur eine Überleitung geschaffen werden zum aktuellen Thema Rechtsextremismus. Dies gelang nur zum Teil, wenn auch die Beiträge und Stellungnahmen mancher Diskussionsteilnehmer durchaus mit zustimmendem Beifall quittiert wurden. Das Publikum des voll besetzten Saals wirkte mitunter verstört, es kam keine richtige Interaktion zwischen den Besuchern und den Podiumsgästen zustande. Ob dies allein am Umstand lag, Fragen nur schriftlich einreichen zu können, sei dahingestellt. Immer wieder führte das Gespräch zurück zu besagter Filmsequenz und sowohl Auftraggeber – in Person des Oberbürgermeisters – als auch der Produzent scheuten, Stellung zu beziehen. Soll das Publikum doch damit anfangen, was es möchte, mögen sich die Verantwortlichen gedacht haben. Künstlerische Freiheit kontra Zweckbestimmung?
Eines hat der Film bereits erreicht: Überregionale Tageszeitungen berichteten von der Kampagne. Das sei auch kein Imagefilm, wurde dann auch Czisch nicht müde zu betonen. Hier sei aber ein Weiterdenken erlaubt: Nicht jeder, der den kurzen Streifen sieht, glaubt an die Läuterung des Neonazis. Was wiederum zur Konsequenz hätte, Ulm eben nicht als weltoffen und international erscheinen zu lassen. Das Publikum war in dieser Hinsicht gespalten. Wäre dann der Sinn erfüllt? Auch hier war keine klare Aussage der Diskussionsteilnehmer zu bekommen – trotz schriftlich eingereichter Frage. Einig war man sich offenbar nur, dass für Rechtsextremismus in der Stadt Hans und Sophie Scholls kein Platz sein darf. Für dieses Fazit gab es dann auch einhellig Beifall. Dennoch verließ der ein oder andere Zuhörer etwas ratlos die fast zweistündige Veranstaltung. Mitunter wurde noch in kleinem Kreis weiterdiskutiert.