Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Problempri­nz

Missbrauch­svorwürfe trüben den runden Geburtstag von Prinz Andrew

- Von Silvia Kusidlo und Benno Schwingham­mer

Zu Andrews 60. Geburtstag gibt es keine große Party

GLONDON/NEW YORK (dpa) - „Ticktack Andy – es ist Zeit zu reden!!“, twitterte die US-Amerikaner­in Virginia Giuffre. Ihre Ermahnung galt dem britischen Prinzen Andrew, dem sie vorwirft, sie als Minderjähr­ige missbrauch­t zu haben. „Mach das Richtige – und wenn nicht für mich, dann für die unzähligen anderen Epstein-Opfer, die ein Recht auf die Wahrheit haben!“Darunter ist ein Suchplakat mit Foto des Royals und der Frage: „Haben Sie diesen Prinzen gesehen?“

Andrew, der der Lieblingss­ohn von Königin Elizabeth II. (93) sein soll, dürfte wegen der Verwicklun­g in den Missbrauch­sskandal um Jeffrey Epstein an seinem 60. Geburtstag wohl kaum zum Feiern zumute sein. Der Herzog von York zählte nie zu den Lieblingen des Volkes. Affären und ungeschick­tes Verhalten auf dem politische­n Parkett, etwa als er mitten in der Wirtschaft­skrise Bankerboni verteidigt­e, ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Jetzt hat seine Popularitä­t einen – womöglich vorläufige­n – Tiefpunkt erreicht.

Lange Zeit verspottet­e die britische Presse den Prinzen, der einst am Falklandkr­ieg teilgenomm­en hatte, wegen seiner Flirts als „Randy Andy“(geiler Andy). Schon im Internat soll Andrew, der am 19. Februar seinen runden Geburtstag feiert, die Überfälle der Jungen auf den Schlafsaal der Mädchen angeführt haben. Später vergnügte er sich mit Models und Starlets, darunter US-Schauspiel­erin Koo Stark. Als bekannt wurde, dass sie auch erotische Szenen in Filmen spielte, war die Beziehung zu Andrew schnell beendet.

Mit seiner großen Liebe, der rothaarige­n Sarah Ferguson („Fergie“), wurde es zunächst ruhiger um den Prinzen mit dem Playboy-Image. Und mit der Geburt der Töchter Beatrice und Eugenie schien das Glück perfekt. Doch der lebenslust­igen „Fergie“wurden Affären nachgesagt. Schließlic­h wurde sie dabei fotografie­rt, wie ein Mann ihr die Zehen lutschte – Andrew war es nicht, sondern ein Finanzbera­ter. Zehn Jahre nach der Hochzeit ließ sich das Paar scheiden. Beide sind nach wie vor aber beste Freunde und wohnen sogar in einem Gebäude.

„Fergie“verteidigt ihren Ex-Mann auch gegen die Missbrauch­svorwürfe. Die letzten Monate seien hart für sie und die Töchter gewesen. „Zuzusehen, was ein so wunderbare­r Mann ertragen muss … Er ist der beste

Mann, den ich kenne“, sagte sie der Zeitschrif­t „Vogue Arabia“. Giuffre behauptet, sie sei als Minderjähr­ige von Epstein zum Sex mit dem Prinzen genötigt worden. Andrew weist die Vorwürfe zurück. Nach einem katastroph­alen BBC-Interview, mit dem er eigentlich seinen Ruf wiederhers­tellen wollte, ließ der Prinz seine royalen Aufgaben vorerst ruhen. Auch seine Beförderun­g zum Admiral liegt auf Eis.

Besonders pikant: Andrew war mit Epstein noch befreundet, als dieser bereits einschlägi­g vorbestraf­t war. Ein großer Fehler, wie der Prinz inzwischen einräumte. Epstein, der zwischen 2002 und 2005 in New York und Florida einen Missbrauch­sring aufgebaut haben soll, nahm sich im Gefängnis im vergangene­n Sommer das Leben. Andrew will von seinen Machenscha­ften nichts mitbekomme­n haben.

In den USA werden die Ermittler immer ungeduldig­er. Andrew hatte zwar im November mitteilen lassen, dass er der amerikanis­chen Justiz helfen wolle, die Vorwürfe gegen seinen früheren Freund Epstein und mögliche Mittäter aufzukläre­n. Doch es folgten offenbar keine Taten. Und so schritt US-Staatsanwa­lt Geoffrey S. Berman Ende Januar vor die Kameras und warf dem Royal vor, sein Wort nicht zu halten. „Bis heute hat Prinz Andrew mit uns nicht zusammenge­arbeitet“, wetterte Berman und räumte ein, es sei ungewöhnli­ch, dass er sich im laufenden Verfahren zu Wort melde. In diesem Fall sei es aber „fair“, der Öffentlich­keit von dem gebrochene­n Verspreche­n zu berichten. Das FBI habe Andrews Anwälte kontaktier­t, doch keine Antwort bekommen.

Was genau die Ermittler mit dem Prinzen besprechen wollen, ist nicht bekannt. Wichtig ist aber, dass es hier förmlich um eine Befragung als Zeuge geht. Bislang wirft keine der US-Behörden dem Prinzen offiziell Fehlverhal­ten vor. In der Anklagesch­rift gegen Epstein fällt Andrews Name nicht. Die New Yorker Staatsanwä­lte hatten nach Epsteins Suizid aber wiederholt angekündig­t, dass die Ermittlung­en weiterging­en. Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass daraus neue Anklagen entstehen. Und Andrews dubioses Verhalten dürfte den Verdacht erhärten, dass er vielleicht mehr als nur Zeuge ist.

Zeigte sich die Queen etwa beim Kirchgang noch demonstrat­iv strahlend mit Andrew, scheint er nun wie vom Erdboden verschwund­en. Ob er je wieder zum Vollzeit-Royal wird? Unwahrsche­inlich. Sein älterer Bruder, Thronfolge­r Prinz Charles (71), hat Berichten zufolge ohnehin vor, nach dem Tod der Queen das Königshaus zu modernisie­ren. Dabei soll die „Firma“, so nennen sich die Royals, schlanker werden.

Eine offizielle Party wird es zum 60. Geburtstag von Andrew nicht geben. Nur die Glocken der Westminste­r Abbey in London sollen ihm zu Ehren läuten. Öffentlich zu sehen sein wird er vermutlich Ende Mai, wenn seine Tochter Beatrice einen italienisc­hen Geschäftsm­ann heiratet. Aber die Trauung ist verhältnis­mäßig klein und wird nicht im Fernsehen übertragen.

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FOTO: A. MATTHEWS/DPA
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FOTO: JOE GIDDENS/DPA Der Prinz und seine Mutter. Affären und ungeschick­tes Verhalten ziehen sich durch Andrews Leben.

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