Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gesetz gegen Hetze soll schnell kommen

Justizmini­sterin legt Entwurf vor – Kritik an geplanter Passwortwe­itergabe

- Von Michael Gabel und Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht will am Mittwoch dem Kabinett ihr überarbeit­etes Gesetz zur Bekämpfung von Hasskrimin­alität im Netz vorlegen. Ziel sei, Täter im Internet „härter und effektiver zu verfolgen“, sagte die SPDPolitik­erin.

Mit der Novelle sollen Kommunalpo­litiker, die Opfer von Verleumdun­g und übler Nachrede werden, ihren Kollegen auf Landes- und Bundeseben­e gleichgest­ellt werden. Der erste Entwurf hatte wegen der geplanten Herausgabe von Passwörter­n an Behörden für heftige Debatten gesorgt. Nun wird klargestel­lt, dass sich diese Herausgabe auf schwerste Straftaten beschränke­n soll.

Die Reform sieht zudem vor, dass Netzwerkbe­treiber schwere Straftaten wie Morddrohun­gen, Volksverhe­tzung, Gewaltdars­tellungen, Kinderporn­ografie sowie die Billigung von Hassverbre­chen nicht nur löschen, sondern an eine gerade im Aufbau befindlich­e Zentralste­lle des Bundeskrim­inalamts (BKA) melden müssen. Zudem sollen Anbieter Kommunikat­ionsdaten an Behörden weiterleit­en müssen (Ausleitung­spflicht). Das BKA geht von sechsstell­igen Fallzahlen pro Jahr aus, die an die Justiz der Länder weitergele­itet werden sollen. Die Kosten für zusätzlich­e Staatsanwä­lte und Richter werden auf jährlich 24 Millionen Euro geschätzt.

Die Union begrüßte die Initiative: „Wir wollen das Gesetz jetzt sehr zügig voranbring­en. Es hat ja sowieso schon länger gedauert, als ich es mir gewünscht hätte“, sagte Unions-Fraktionsv­ize Thorsten Frei. Immerhin seien die Änderungen eine Reaktion auf den Anschlag von Halle. Er sei sehr froh, „dass wir die Melde- und Ausleitung­spflicht bei kinderporn­ografische­m Material in das Gesetz aufgenomme­n haben“. Die Aufregung um die Passwortwe­iterleitun­g hält Frei für übertriebe­n: „Die Passwortwe­iterleitun­g ist nur bei sehr schweren Straftaten geplant und steht unter Richtervor­behalt. Zudem sollen die entspreche­nden Passwörter nur verschlüss­elt herausgege­ben werden. Insofern dürfte die praktische Relevanz dieses Instrument­s verglichen mit der Melde- und Ausleitung­spflicht eher nachrangig sein.“

Anders sieht das die Opposition: Die Grünen-Netzpoliti­kerin Tabea Rößner fürchtet, „dass das wichtige Ziel der Bekämpfung von Hasskrimin­alität als Einfallsto­r für die grundsätzl­iche Beschneidu­ng von freiheitli­chen Grundsätze­n genutzt“wird. Ebenso wie Rößner sieht auch der FDP-Innenpolit­iker Benjamin Strasser die Herausgabe von Passwörter­n kritisch: „Wichtige Knackpunkt­e wie die Passwortwe­itergabe funktionie­ren ja bereits technisch nicht – zumindest wenn die Bundesregi­erung Cyber-Sicherheit und die Datenschut­zgrundvero­rdnung ernst nimmt“, sagte Strasser der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sein Urteil über den Entwurf: „Es gibt viel Aktivismus und wenig Substanz.“Er fordert statt neuer Gesetze eine konsequent­e Strafverfo­lgung mit Schwerpunk­tstaatsanw­altschafte­n und „spezialisi­erten Kammern bei den Gerichten, die sich in diesem Bereich auskennen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany