Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gesetz gegen Hetze soll schnell kommen
Justizministerin legt Entwurf vor – Kritik an geplanter Passwortweitergabe
BERLIN - Bundesjustizministerin Christine Lambrecht will am Mittwoch dem Kabinett ihr überarbeitetes Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz vorlegen. Ziel sei, Täter im Internet „härter und effektiver zu verfolgen“, sagte die SPDPolitikerin.
Mit der Novelle sollen Kommunalpolitiker, die Opfer von Verleumdung und übler Nachrede werden, ihren Kollegen auf Landes- und Bundesebene gleichgestellt werden. Der erste Entwurf hatte wegen der geplanten Herausgabe von Passwörtern an Behörden für heftige Debatten gesorgt. Nun wird klargestellt, dass sich diese Herausgabe auf schwerste Straftaten beschränken soll.
Die Reform sieht zudem vor, dass Netzwerkbetreiber schwere Straftaten wie Morddrohungen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellungen, Kinderpornografie sowie die Billigung von Hassverbrechen nicht nur löschen, sondern an eine gerade im Aufbau befindliche Zentralstelle des Bundeskriminalamts (BKA) melden müssen. Zudem sollen Anbieter Kommunikationsdaten an Behörden weiterleiten müssen (Ausleitungspflicht). Das BKA geht von sechsstelligen Fallzahlen pro Jahr aus, die an die Justiz der Länder weitergeleitet werden sollen. Die Kosten für zusätzliche Staatsanwälte und Richter werden auf jährlich 24 Millionen Euro geschätzt.
Die Union begrüßte die Initiative: „Wir wollen das Gesetz jetzt sehr zügig voranbringen. Es hat ja sowieso schon länger gedauert, als ich es mir gewünscht hätte“, sagte Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei. Immerhin seien die Änderungen eine Reaktion auf den Anschlag von Halle. Er sei sehr froh, „dass wir die Melde- und Ausleitungspflicht bei kinderpornografischem Material in das Gesetz aufgenommen haben“. Die Aufregung um die Passwortweiterleitung hält Frei für übertrieben: „Die Passwortweiterleitung ist nur bei sehr schweren Straftaten geplant und steht unter Richtervorbehalt. Zudem sollen die entsprechenden Passwörter nur verschlüsselt herausgegeben werden. Insofern dürfte die praktische Relevanz dieses Instruments verglichen mit der Melde- und Ausleitungspflicht eher nachrangig sein.“
Anders sieht das die Opposition: Die Grünen-Netzpolitikerin Tabea Rößner fürchtet, „dass das wichtige Ziel der Bekämpfung von Hasskriminalität als Einfallstor für die grundsätzliche Beschneidung von freiheitlichen Grundsätzen genutzt“wird. Ebenso wie Rößner sieht auch der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser die Herausgabe von Passwörtern kritisch: „Wichtige Knackpunkte wie die Passwortweitergabe funktionieren ja bereits technisch nicht – zumindest wenn die Bundesregierung Cyber-Sicherheit und die Datenschutzgrundverordnung ernst nimmt“, sagte Strasser der „Schwäbischen Zeitung“. Sein Urteil über den Entwurf: „Es gibt viel Aktivismus und wenig Substanz.“Er fordert statt neuer Gesetze eine konsequente Strafverfolgung mit Schwerpunktstaatsanwaltschaften und „spezialisierten Kammern bei den Gerichten, die sich in diesem Bereich auskennen.“