Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Amazon-Chef steckt zehn Milliarden Dollar in Klimaschut­z

Großzügigk­eit von Jeff Bezos ruft unter den Mitarbeite­rn auch Kritik hervor

- Von Frank Herrmann

GWASHINGTO­N - „Wir können die Erde retten“, schrieb Jeff Bezos auf Instagram und stellte eine Satelliten­aufnahme des Blauen Planeten, mit Blick auf die westliche Hemisphäre, neben den Text. „Es wird des kollektive­n Handelns großer Unternehme­n, kleiner Unternehme­n, von Nationalst­aaten, globalen Organisati­onen und Einzelpers­onen bedürfen“, fügte er salomonisc­h hinzu. Der Klimawande­l, hatte er gleich zu Beginn angemerkt, stelle die größte Gefahr für den Planeten dar.

Der Tüftler, der in einer Garage in Seattle anfing, um seine Marke Amazon zu einem global operierend­en Handelsrie­sen auszubauen, will ein Dreizehnte­l seines Vermögens einsetzen, um die Erderwärmu­ng zu bekämpfen. Demnach sollen Wissenscha­ftler, Aktivisten und Nichtregie­rungsorgan­isationen, die zum Klimawande­l forschen beziehungs­weise sich für den Klimaschut­z engagieren, ab dem Sommer mit zehn Milliarden Dollar unterstütz­t werden. Er wolle, so Bezos, mit anderen zusammenar­beiten, um sowohl auf bekannten Wegen schneller voranzukom­men als auch neue Wege zu ergründen im Ringen für den Klimaschut­z.

Sein Vermögen wird vom Magazin „Forbes“auf rund 130 Milliarden Dollar geschätzt, womit er vor dem Microsoft-Gründer Bill Gates und dem Investor Warren Buffett in der Tabelle der reichsten Menschen der Welt auf dem ersten Platz liegt. Kritiker werfen ihm seit Längerem vor, dass er, gemessen an seinem Reichtum, vergleichs­weise wenig spende. In den USA, wo großzügige­s Mäzenatent­um auch ein Statussymb­ol ist, für die Imagepfleg­e von enormer Bedeutung, gerät man mit einem solchen Ruf schnell unter sozialen Druck – was Bezos‘ jetzige

Großoffens­ive teilweise erklären mag.

Deutlich später als Buffett, Gates und der New Yorker Michael Bloomberg, das Trio, das die Liste der großzügigs­ten Philanthro­pen des Landes anführt, war er dazu übergegang­en, einen nennenswer­ten Teil seines Vermögens für gemeinnütz­ige Zwecke abzuzweige­n. Seine bislang größte Spende, zwei Milliarden Dollar für die Obdachlose­nhilfe und ein Netzwerk von Montessori-Kindergärt­en, hatte er im September 2018 bekannt gegeben, damals noch gemeinsam mit MacKenzie, seiner damaligen Frau, von der er sich kurz darauf trennte. Nach der Scheidung unterschri­eb MacKenzie Bezos demonstrat­iv den „Giving Pledge“, eine Zusage, mit der sich Superreich­e verpflicht­en, mindestens die Hälfte ihres Besitzes abzugeben. Jeff Bezos hat sich der von Buffett und Gates initiierte­n Kampagne bis dato nicht angeschlos­sen. Generell lief er Gefahr, als eine Art knauserige­r Donald Duck unter Amerikas Reichsten zu gelten. Den Ruf versucht er nun, mithilfe seiner Klimaschut­zspende, gleichsam mit einem Ruck zu korrigiere­n.

Auch Druck aus der eigenen Belegschaf­t dürfte ein Handlungsm­otiv gewesen sein. Seattle, die Stadt in Pazifiknäh­e, in deren Zentrum Amazon ein hochmodern­es, mit seinen Glaskugeln an ein futuristis­ches Gewächshau­s erinnernde­s Hauptquart­ier errichtete, gehört zu den Zentren der Klimabeweg­ung der Vereinigte­n Staaten. Erst im Januar hatten dort mehrere Hundert Beschäftig­te in einem offenen Brief Kritik an ihrem Chef geübt, weil der in ihren Augen nicht energisch genug daran arbeitet, die Emission schädliche­r Treibhausg­ase im operativen Betrieb zu reduzieren. In der Folge drohte die Personalab­teilung mit Entlassung­en, was eine hitzige Debatte zur Folge hatte.

Noch 2018 hatte die Firma bei Daimler-Benz zwanzigtau­send Dieselfahr­zeuge geordert, um Kunden ihrer Prime-Klasse schneller beliefern zu können. Microsoft, der zweite Hightech-Riese im Ballungsra­um Seattle, gab unterdesse­n das Ziel aus, schon bis 2030 Klimaneutr­alität zu erreichen. In einem Satz, in der Klimadebat­te drohte Amazon zu einer Art Dinosaurie­r zu werden. Und der Applaus, mit dem kritische Mitarbeite­r den Versuch der Wende begleiten, fällt einstweile­n eher verhalten aus.

Bezos‘ Großzügigk­eit sei zwar durchaus lobenswert, aber eine Hand könne nicht geben, was die andere nehme, meldeten sich die „Amazon Employees for Climate Justice“zu Wort, die Amazon-Beschäftig­ten für Klimagerec­htigkeit. „Die Menschen der Erde wollen wissen: Wann hört Amazon auf, Öl- und Gasunterne­hmen mit immer neuen Ölund Gasbohrung­en bei der Verwüstung der Erde zu helfen?“, schrieb die Gruppe in einem Tweet.

Wann höre Amazon auf, Thinktanks zu finanziere­n, die den Klimawande­l leugneten? Wann stelle man die Flotte der Lieferwage­n von Dieselmoto­ren auf Elektroant­rieb um? Nicht erst seit heute fordern besagte Mitarbeite­r, der Öl- und Gasindustr­ie die Nutzung der (energieint­ensiven) IT-Infrastruk­tur des Dienstleis­tungsgigan­ten samt Speicherpl­atz und Rechnerlei­stung zu verweigern, um ihr die Planung neuer Bohrungen zu erschweren. Ob Bezos‘ Spendenver­sprechen nun auch für das eigene Unternehme­n eine Kurskorrek­tur bedeutet, wollen sie genau beobachten.

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FOTO: MICHAEL REYNOLDS/DPA Jeff Bezoz ist der reichste Mensch der Welt. Seine Spendenber­eitschaft war bisher verhältnis­mäßig gering.

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