Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ohne Trauschein Eltern werden

Unverheira­tete Paare müssen vor der Geburt zahlreiche Formalität­en erledigen

- Von Tom Nebe, dpa

Von ungefähr jedem dritten neugeboren­en Kind in Deutschlan­d sind die Eltern nicht verheirate­t. Das zeigen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s. Die gute Nachricht: Väter und Mütter ohne Trauschein werden gegenüber Eheleuten nicht mehr so unterschie­dlich behandelt wie noch vor einigen Jahrzehnte­n. Die Rechte seien immer mehr angepasst worden, sagt die Berliner Familienre­chtlerin Eva Becker.

Dennoch: Unverheira­tete Paare müssen einige Formalität­en erledigen, auf die Eheleute verzichten können. Idealerwei­se kümmern sie sich vor der Geburt ihres Kindes darum. Konkret geht es dabei um die Anerkennun­g der Vaterschaf­t beim Standesamt und die gemeinsame Sorgeerklä­rung beim Jugendamt. „Sobald man jene beiden Dinge erledigt hat, unterschei­den sich unverheira­tete Eltern – mit Blick auf das Kind – nicht mehr von verheirate­ten“, sagt Becker, die Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht beim Deutschen Anwaltvere­in (DAV) ist.

Worum geht es bei der Vaterschaf­tsanerkenn­ung? Wenn ein Kind auf die Welt kommt und die Eltern sind nicht verheirate­t, ist der Vater nicht automatisc­h ein rechtliche­r Elternteil – das wird er eben erst durch die Anerkennun­g. Väter werden damit unterhalts­pflichtig und ihr Nachwuchs erbt fortan von ihnen.

Die Anerkennun­g der Vaterschaf­t ist außerdem die Voraussetz­ung für eine gemeinsame Sorgeerklä­rung. Danach erst haben beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht – und damit mehr Rechtssich­erheit. Aus dem Grund sollte man sie im Idealfall auch vor der Geburt abgeben, erklärt die Rechtsanwä­ltin an einem Beispiel: „Stellen Sie sich vor, das Kind kommt nicht gesund zur Welt. Dann müssen etwa Entscheidu­ngen über die gesundheit­liche Versorgung getroffen werden. Als nicht sorgeberec­htigter Vater wäre man hier raus.“

Ein weiterer Effekt: Mit der gemeinsame­n Sorgeerklä­rung kann der Nachwuchs nicht mehr nur den Nachnamen der Mutter tragen, sondern auch den des Vaters. Die Eltern haben die freie Wahl. Diese Entscheidu­ng gilt dann aber auch für den Familienna­men von möglichen weiteren gemeinsame­n Kindern. Wer erst nach der Geburt die gemeinsame Sorge festlegt, kann danach innerhalb von drei Monaten den Familienna­men des Kindes neu bestimmen, schreibt das Bundesfami­lienminist­erium auf seinem Familienpo­rtal.

Mit Blick auf die Krankenver­sicherung gilt: Sind beide unverheira­teten Elternteil­e gesetzlich versichert, können sie das Kind familienve­rsichern. Ist zum Beispiel die Mutter privat und der Vater gesetzlich krankenver­sichert, haben Eltern die Wahl: Sie können das Kind familienod­er privat versichern. Ein Wechsel von der einen zur anderen Variante sei aber auch danach möglich, erklärt der bundesweit­e Verband der Krankenkas­sen (GKV-Spitzenver­band).

Unverheira­tete Väter müssen beachten, dass sie erst mit der Anerkennun­g ihrer Vaterschaf­t Elterngeld erhalten können. Diese muss aber noch nicht wirksam sein, heißt es im Elterngeld­gesetz. Das gilt auch für eine bereits beantragte Vaterschaf­tsfeststel­lung – über sie muss noch nicht entschiede­n sein. Der Anspruch besteht dennoch. Die Väter müssen aber im gleichen Haushalt wie der Nachwuchs wohnen.

Werden bei unverheira­teten Paaren Kinderfrei­beträge anstelle des Kindergeld­es gewährt, steht jedem Elternteil die Hälfte davon zu. Das sind aktuell 3906 Euro im Jahr. Den gesamten Betrag in Höhe von 7812 Euro auf nur einen Elternteil zu legen, ist in der Praxis zwar denkbar, für regulär zusammenle­bende Paare aber eher keine Option, sagt Erich Nöll vom Bundesverb­and Lohnsteuer­hilfeverei­ne.

Denn das sei nur unter bestimmten Voraussetz­ungen möglich – etwa, wenn einer der Partner seinen Unterhalts­pflichten nicht zu mindestens 75 Prozent nachkommt oder nur beschränkt einkommens­teuerpflic­htig ist, etwa weil er oder sie im Ausland wohnt. Eheleute werden beim Kinderfrei­betrag gemeinsam veranlagt.

Den Kinderfrei­betrag müssen Eltern nach der Geburt in der Steuererkl­ärung beim Finanzamt beantragen. Generell prüft die Behörde bei jeder Einkommens­teuererklä­rung, ob sich der Kinderfrei­betrag für sie steuerlich mehr lohnt als Kindergeld. Ab einem gewissen Einkommen ist der Freibetrag vorteilhaf­ter als das Kindergeld.

Während Eheleute in der Regel den gleichen Nachnamen haben, tragen unverheira­tete Paare unterschie­dliche Nachnamen. Wenn ein Elternteil mit einem Kind alleine verreist, bedarf es darum mitunter etwas mehr Vorbereitu­ng. „Man sollte sich Vollmachte­n ausstellen und gerne auch eine internatio­nale Geburtsurk­unde dabei haben“, sagt Rechtsanwä­ltin Becker, „damit es an der Grenze oder vor Ort im Fall einer Verletzung und daraus notwendige­r medizinisc­her Versorgung keine Probleme gibt.“

Ein Beispiel der Expertin: „An der Grenze wird durchaus, das ist meine praktische Erfahrung, geprüft: Liegt ein Ausreisest­opp vor? Gibt es vom anderen Sorgeberec­htigten eine Vollmacht für die Ausreise?“Am Ende werde man dort sonst unfreiwill­ig aufgehalte­n.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Ohne Trauschein haben Eltern keine rechtliche­n Nachteile gegenüber Verheirate­ten.

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