Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Zyniker mit der guten Laune
Der TV-Komiker Sebastian Pufpaff präsentiert sich im Roxy als Lackaffe und Schnösel – genau darin liegt sein Witz
GULM - Als Ignorant und Chauvi, dreist, selbstverliebt und empathiefrei, präsentierte sich der Kabarettist und Moderator Sebastian Pufpaff am Samstag im rappelvollen Ulmer Roxy – und zwar ganz bewusst. „Wir nach“heißt sein mit Witz und Ernst gespicktes Programm, für das ihn die Zuschauer am Ende feierten.
„Ich bin weiß, hetero, habe Abitur und bin ein Mann – das sind die vier Grundpfeiler des Erfolgs“, nordet er sein Publikum da gleich zu Beginn ein und verspricht, an diesem Abend ganz ohne Partei- und Politikernamen auszukommen. Und das gelingt ihm leicht.
Freudig puzzelt Pufpaff ein überbordendes Themenspektrum in einen zweistündigen Rahmen hinein und führt, jedenfalls vorerst, spöttisch-distanziert durch seinen Abend. Kapitalismus, Flüchtlinge,
Panikmache, Lehrermangel, Investmentbanker oder Tinder, er haut seine Pointen raus, fast so schnell wie Donald Trump die Twittersprüche. „Ich sehe alles nur noch positiv: In meiner Welt brennt nicht der Amazonas, ich seh‘ sinkende Fleischpreise“,
berichtet er und amüsiert sich über Emanzipation, „MeToo“und Rechtsruck zugleich, über „Schmierlappen mit hochgeklapptem Polohemd“und Urlaubsschnäppchen dank Terrorwarnung.
Bis er dann doch die Contenance verliert – und langsam aber sicher an die Decke geht, angesichts der Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen. Zum Beispiel, wenn er sich in Fantasien verliert, von einem schwerreichen Investor, der per Rennpferd zum eigenen Briefkasten galoppiert und seine gekieste Auffahrt von polnischen Arbeitern glattrechen lässt. „Ich hab ‘ne Macke“, stellt er dabei fest. Er sei kurz vor dem Amoklauf, doch damit sei er schließlich nicht allein: „25 Prozent von uns haben einmal im Jahr eine psychische Störung – jeder Zehnte ist depressiv, jeder Vierte katholisch“, sagt Pufpaff. Gegen das ganze Malheur helfe sowieso nur eins: „Lassen Sie das alles nicht an sich ran“.
Selektive Wahrnehmung ist laut Pufpaff das Geheimnis, die hält nämlich den Lackaffen bei Laune – jedenfalls solang es nicht ihm selbst ans Leder geht. Derart ungerührt vergleicht er schon mal Tote mit Toffifee. Aua! In solchen Momenten wird der glattgegelte Schnösel sogar selbst ein bisschen leise.
Eine neue Ebene trägt den zweiten Teil des Programms – da ist er Mensch und donnert und wettert gegen Elterntaxis vor der Kita, gegen marode Schulbauten und Laisser-faire-Pädagogik, der „Kapitulation vor dem Arschloch-Verhalten des Kindes“. „Wenn Sie nicht reinpassen, sind Sie raus“, so resümiert Sebastian Pufpaff übers deutsche Schulsystem und macht allüberall „digital sedierte Zombies“aus, kaltgestellt vom Fernsehen, vom Daddeln und Konsumieren.
Als „ gut gelaunten Zyniker“bezeichnet die Jury des Deutschen Kleinkunstpreises den 43-Jährigen, den sie in wenigen Wochen mit dem Preis in der Sparte Kabarett auszeichnen wird. Mit einer der wichtigsten Auszeichnungen der Branche wird Pufpaff endgültig in die Riege der Kabarett-Elite eingereiht. Deutschlandweit bekannt ist er schon lange – unter anderem aus der „Heute-Show“im ZDF und „Pufpaffs Happy Hour“.
Erste Fernseherfahrung sammelte der studierte Politikwissenschaftler allerdings im RTL-Teleshop, und vielleicht trifft dieser Kabarettist den Ton deshalb so gut bei seiner kurzen Reminiszenz ans Bettwäsche-Anpreisen im Fernsehstudio. Beendet wird der Abend im Ulmer Roxy aber ziemlich unverstellt: Mit der ernsthaften Hoffnung auf Veränderung und ernüchterten Erkenntnis: „Egal, über wen wir lästern, meistens sind wir der Arsch“.