Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Aufstiegsformel steht
Zu Hause sind die Stuttgarter ohnehin eine Macht, nun läuft es auch auswärts
GSTUTTGART - Was soll den VfB Stuttgart jetzt noch aufhalten? In dieser Saison, in der nur der Aufstieg zählt, waren die verflixten Auswärtsspiele die Achillesferse der Bad Cannstatter. Nach dem nicht gerade souveränen, aber doch zielführenden 1:0 (0:0)-Sieg gegen den VfL Bochum war den Profis nach der Befreiung, für die Hamadi Al Ghaddioui (80.) gesorgt hatte, die Erleichterung anzumerken: „Über den dreckigen Sieg“(Pascal Stenzel), über die drei Punkte, vor allem aber über das Ende der Negativ-Serie nach 143 Tagen ohne Auswärtssieg. Dabei war nicht nur Daniel Didavi klar, dass die Vorstellung insgesamt nicht gerade bundesligareif war.
„Es war ein hartes Stück Arbeit, ein Zittersieg. Wichtig war, dass jeder gekämpft hat und es uns erneut gelungen ist, die Null zu halten.“Trainer Pellegrino Matarazzo hatte mit der Belastung noch am wenigsten zu kämpfen: „Die Auswärtsmisere hat mich nicht beschäftigt. Die war ja in der Hinrunde“, sagte der 42 Jahre alte Coach, der erst anschließend von Tim Walter übernahm. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: Mit zehn Punkten aus vier Spielen zählt der VfB zu den erfolgreichsten ZweitligaTeams und ist 2020 noch ohne Niederlage – sieht man vom Pokal-Aus gegen Bayer Leverkusen ab.
Und es war Kapitän Didavi, der nach der Auswärtsbefreiung die einfache Aufstiegsrechnung formulierte: „Wenn wir unsere Heimspiele gewinnen, führt kein Weg an uns vorbei.“Dabei ist der VfB dort auf dem besten Weg und hat den Platz an der Sonne inne. Auf Tabellenplatz eins stehen die Württemberger in diesem Ranking (siehe Tabelle rechts), noch vor dem Hamburger SV. Die vermeintliche Konkurrenz aus Bielefeld ist längst keine mehr, weit abgeschlagen hecheln die Mannen aus Ostwestfalen hinterher – alles könnte so schön sein. Leider gibt es in einer Saison nicht nur die Heimspiele. Routinier Didavi weiß ganz genau, worauf es ankommt, wenn es am Ende der direkte Aufstieg und nicht etwa der – unter Umständen akzeptable – Relegationsplatz sein soll: „Wir schauen weniger auf Hamburg oder Bielefeld, sondern auf uns und wollen einen Lauf starten.“
Dabei ist der VfB schon mittendrin und kann am Samstag gegen Jahn Regensburg (13 Uhr/Sky) direkt nachlegen. Eine klare Sache, geht es nach der Statistik. 27 der 41 Stuttgarter Punkte wurden zu Hause eingefahren. In dieser Saison gab es zu Hause in elf Spielen neun Siege und zwei Unentschieden – verlieren am Wasen ist also auch weiterhin nicht eingeplant. Die Regensburger kassierten dagegen schon fünf Auswärtsklatschen. Allerdings fing sich der VfB auswärts auch schon drei Niederlagen ein, spielte fünf Mal unentschieden und siegte in drei Partien.
Wie gut, dass nun wieder die Mercedes Benz Arena wartet. Doch warum ist die Truppe überhaupt so heimstark? „Zu Hause haben wir uns mittlerweile so eine Art Festung aufgebaut“, erläutert Atakan Karazor. „Wenn die Fans dann durchgängig hinter uns stehen, wollen wir auch etwas zurückgeben“, so der Mittelfeldspieler. Auch Sportdirektor Sven Mislintat führt vor allem den mentalen Aspekt an: „Es ist ein Privileg in diesem Stadion aufzulaufen, das gibt ein gutes Gefühl, die eigene Kurve hinter sich zu wissen.“
Doch ist es auch die spielerische Qualität des teuersten Kaders der 2. Bundesliga, der in der heimischen Arena vollends zum Tragen kommt. Der VfB hat unbestritten die größte individuelle Klasse der Liga in seinen Reihen, sodass sich die Gegner meist hinten verschanzen und auf ihre Chancen lauern. Die fremden Plätze machen es oft zusätzlich schwer – im Gegensatz zur heimischen Arena. Denn: „Zu Hause haben wir einen großen und guten Platz“, verdeutlicht Didavi: „Da nehmen wir den Gegner irgendwann auseinander. Auswärts hat es meist einen Pokalcharakter.“Umso besser für die Zielsetzung Aufstieg also, dass es, wie Mislintat mitteilt, „den Auswärtsfluch jetzt nicht mehr gibt“.