Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Eine „Task Force“bewertet täglich die Lage
Michael Mrachacz über den Umgang der Uhlmann-Gruppe mit den Risiken durch das Coronavirus
LAUPHEIM - Das Coronavirus breitet sich von China rasant um den Erdball aus, bedroht Menschenleben und die Weltwirtschaft. Wie geht ein Weltunternehmen wie Uhlmann mit dieser Gefahrenlage um? Roland Ray sprach darüber mit Michael Mrachacz, Geschäftsführer Vertrieb/ Marketing/Aftersales der Uhlmann Pac-Systeme GmbH & Co. KG in Laupheim.
SZ: Herr Mrachacz, Uhlmann ist weltweit der führende Systemlieferant für das Verpacken von Pharmazeutika. Was am Hauptsitz in Laupheim produziert wird, geht zu mehr als 80 Prozent in den Export. Zur Unternehmensgruppe gehören auch die Firma Wonder in der chinesischen Stadt Jinzhou, Provinz Liaoning, 500 Kilometer nordöstlich von Peking, und eine Vertriebsund Serviceniederlassung in Schanghai. Wie hart trifft Uhlmann das Coronavirus?
Mrachacz: Wir hatten bisher in der gesamten Unternehmensgruppe zum Glück noch keinen Corona-Fall und sind bemüht, Risiken für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden. Als die neuartige Infektionskrankheit sich auszubreiten begann, haben wir frühzeitig und schnell reagiert.
Was haben Sie unternommen?
Seit drei Wochen gibt es bei uns in Laupheim das „Sondergremium Corona“, eine Art Task Force, der Vertreter von Geschäftsführung und Betriebsrat, Arbeitssicherheit, Vertrieb, Service und Marketing sowie der Betriebsarzt angehören. Sie kommen täglich zusammen, um die aktuelle Entwicklung zu bewerten, falls notwendig Maßnahmen einzuleiten und Fragen aus der Belegschaft zu beantworten.
Auf welches Expertenwissen stützen Sie sich dabei?
Maßgeblich für uns sind die Aussagen von Behörden sowie Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts, der Weltgesundheitsorganisation und des Auswärtigen Amts.
Welche Vorkehrungen haben Sie getroffen?
Wir versuchen unsere Beschäftigten dafür zu sensibilisieren, wie sie sich und andere im Alltag und bei der Arbeit schützen können. Eine aktuelle Bitte an die Belegschaft lautet: Wer in den vergangenen Tagen privat in Italien war, möge uns dies melden – und im Zweifel zunächst zu Hause bleiben. Wir haben einen Quarantäneraum eingerichtet; sollte jemand während der Arbeitszeit Anzeichen einer Corona-Infektion zeigen, könunseren nen wir ihn unverzüglich isolieren. Dienstreisen in betroffene Gebiete sind komplett ausgesetzt; wir schicken momentan niemanden dorthin und empfangen auch keine Besucher von dort. Ansonsten gilt die Devise: nur so viel reisen wie unbedingt nötig. Einen Mitarbeiter, der in der vergangenen Woche bei einem Einsatz in Italien war, haben wir gebeten, vorsorglich zu Hause zu bleiben.
Wie reagieren Kunden aus Fernost auf die Restriktionen?
Nach unseren bisherigen Erfahrungen verständnisvoll. Vor etwa drei Wochen hätte eine Delegation aus China eine Verpackungslinie in Laupheim abnehmen sollen. Beide Seiten waren wegen der Corona-Problematik verunsichert, und so haben wir einvernehmlich darauf verzichtet.
Und wie lösen Sie das Problem?
Wir haben die Abnahme mithilfe von Videoaufzeichnungen und Videokonferenzen bewerkstelligt, die Maschinen sind jetzt auf dem Weg. Um chinesischen Kunden zu signalisieren, dass wir sie nach Kräften unterstützen, ist unsere Hotline derzeit für alle rund um die Uhr freigeschaltet. Normalerweise bleibt das Kunden mit einem speziellen Service-Vertrag vorbehalten.
Die Firma Wonder in Jinzhou fertigt mit mehr als 210 Beschäftigten Pharma-Verpackungsmaschinen für den Binnenbedarf und aufstrebende internationale Märkte. Wird dort gearbeitet?
Wegen des Virus wurden auch bei Wonder die Schließtage über das chinesische Neujahrsfest hinaus nach Vorgaben der lokalen Behörden verlängert. Inzwischen läuft die Produktion wieder in vollem Umfang. Vier von fünf Maschinen bleiben im Land, Ausfuhren gestalten sich wegen der eingeschränkten Transportmöglichkeiten derzeit eher schwierig. Was Auflagen und Kontrollen anbelangt, arbeitet Wonder eng mit den lokalen Behörden zusammen.
Wie ist es um die Uhlmann-Mitarbeiter in Schanghai bestellt?
Die etwa 40 Beschäftigten arbeiten zurzeit überwiegend von zu Hause aus. Wir haben die Anzahl der Home-Office-Anschlüsse in einem Eilverfahren erhöht.
Mussten Sie Personal aus China oder Schanghai evakuieren?
Glücklicherweise nicht. Als die Zahl der Infektionen sprunghaft anstieg, war niemand aus Laupheim vor Ort.
Bezieht Uhlmann Pac-Systeme in Laupheim Bauteile von Lieferanten aus China?
Ja. Wir stellen fest, dass der Warenstrom aus China allmählich schwieriger wird, die Produktion ist aber zur Stunde nicht gefährdet. Vorsorglich schauen wir uns nach alternativen Bezugsquellen um.
Wie viele Uhlmann-Mitarbeiter reisen regelmäßig dienstlich ins Ausland?
Etwa 200 – Servicetechniker, Projektmanager
und Leute aus dem Vertrieb.
Befürchtet Uhlmann wegen Corona negative Auswirkungen auf den Geschäftsgang?
Viel wird davon abhängen, wie sich die Situation in Europa entwickelt. Mit mehr als 50 Prozent der Geschäftstätigkeit ist das eine Region mit hoher Bedeutung.