Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Erst Trainerwechsel, jetzt Kurzarbeit
Seine ersten 100 Tage als Präsident des VfB Stuttgart wird Claus Vogt wohl nie vergessen
STUTTGART (dpa) - Äußerlich verändert hat sich Claus Vogt während seiner ersten 100 Tage als Präsident des VfB Stuttgart nicht. Spurlos allerdings ging diese turbulente Zeit auch an dem 50-Jährigen nicht vorbei. Vogt war gerade mal acht Tage im Amt, als sich der VfB einen Tag vor Heiligabend von Trainer Tim Walter getrennt hat. Er war 15 Tage im Amt, als der Fußball-Zweitligist Pellegrino Matarazzo als Walter-Nachfolger verpflichtete. Und jetzt muss Vogt durch die Corona-Pandemie in verantwortlicher Position eine Krise bewältigen, die auch der VfB in seiner langen Geschichte so noch nie erlebt hat.
„Diese 100 Tage fühlen sich an wie ein paar Jahre“, sagt Claus Vogt am Telefon. Man hört ihn lachen; er erweckt nicht den Eindruck, als könne die ungewisse Zukunft auch seines
„Ein Saisonabbruch wäre mit existenziellen Problemen für die Clubs verbunden, auch für den VfB. Aber ich gehe davon aus, dass wir auch diese Situation managen könnten.“
Claus Vogt zu eventuellen Folgen der Corona-Krise auf den Fußball
Vereins ihm seine positive Art nehmen. Fast den ganzen Tag kümmert Claus Vogt sich im Moment um den VfB. Nur morgens und abends nimmt er sich noch etwas Zeit für sein Gebäudemanagement-Unternehmen in Böblingen, das die Auswirkungen der Krise ebenfalls spürt. Die Hauptrolle in Claus Vogts derzeitigem Leben aber spielt sein Verein: „Was ich in dieser ersten Zeit erlebt habe, das erleben manche wahrscheinlich nicht in ihrem ganzen Fußballleben.“
Als Claus Vogt vor Monaten seine Kandidatur für die Nachfolge von Wolfgang Dietrich bekannt gegeben hatte, punktete er bei den VfB-Mitgliedern nicht zuletzt mit glaubhafter Kritik an einer zunehmenden Kommerzialisierung des Profifußballs.
Vogt sei „ein VfBler durch und durch, hat einen gesunden Wertekompass und führt ein erfolgreiches Unternehmen“, sagte vor einigen Monaten der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der einen engen Draht zu Vogt hat.
Anders als seine Vorgänger drängt es den verheirateten Familienvater nicht in den Vordergrund. Vogt sieht seine Rolle im Vergleich zum mächtigen Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger so: „Man könnte Thomas Hitzlsperger als VfB-Bundeskanzler
und mich als VfB-Bundespräsidenten bezeichnen.“
Lediglich repräsentative Aufgaben nimmt Vogt jedoch nicht wahr. Neben seinem Job als Präsident kontrolliert er als Aufsichtsratsvorsitzender die Entscheidungen der sportlichen Führung um Hitzlsperger. Operative Beschlüsse trifft er selbst aber nicht. Vogt agierte bislang eher im Hintergrund. Doch die aktuelle Situation rückt ihn in den Fokus – schneller, als er es vermutet hatte. Nach der Anmeldung
zur Kurzarbeit dürften sich die rund 300 Mitarbeiter des VfB von Hitzlsperger und auch ihm Antworten erhoffen, wie es langfristig weitergeht.
„Es ist extrem schwer, diese Situation perfekt zu managen, weil keiner beim VfB – egal ob Thomas Hitzlsperger oder ich – jemals so eine Situation erlebt hat“, weiß Claus Vogt. Es könnte also gut sein, dass sich auch die nächsten, die zweiten 100 Tage Präsident-Sein anfühlen werden wie Jahre.