Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Ringen um die Masken
Erst nicht nötig, jetzt doch Pflicht? Die wichtigsten Fragen zum Mundschutz
GRAVENSBURG - Nun also doch: Wochenlang hatten Experten erklärt, das Tragen von Atemmasken mache bei Gesunden keinen Sinn und solle medizinischem Personal vorbehalten bleiben – jetzt schreibt die thüringische Stadt Jena die Benutzung in der Öffentlichkeit vor, nachdem Tschechien und Österreich es vorgemacht haben. Und auch im Süden Deutschlands wird über eine Masken-Pflicht debattiert. Aber ist die wirklich nötig? Und gibt es überhaupt genügend Masken für alle? Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Welche Arten von Masken gibt es?
GGrundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Maskentypen: einfache OP-Masken, sowie Schutzmasken der Standards FFP2 und FFP3. „Die OP-Masken sind zum Fremdschutz, die FFP-Masken zum Selbstschutz“, fasst Dr. Germar Büngener, der Vorsitzende der Kreisärzteschaft Bodensee, zusammen. „Die OP-Masken, die wir aus dem Fernsehen kennen, sind nur dafür da, dass der Träger die Erreger, die in seiner Ausatemluft sind, nicht an sein Gegenüber weitergibt. Die Masken reichen aber nicht aus, um sich selbst vor Ansteckung zu schützen.“
Für wen ist das Tragen einer Schutzmaske derzeit sinnvoll?
G„Ärzte und zum Beispiel auch Hochrisikopatienten sollten eine FFPMaske tragen. Damit schützen sie sich selbst vor Ansteckung“, erklärt Büngener. Für alle anderen reiche eine OP-Maske. Die solle jedoch verpflichtend getragen werden. „Wir wissen nicht, wer infiziert ist und wer nicht. Ich kenne Patienten, die sind topfit und coronapositiv. Denen sieht man das nicht an. Deshalb ist es in der jetzigen Zeit für jeden sinnvoll, zumindest eine OP-Maske zu tragen, um das Virus nicht unbemerkt weiterzutragen.“
Anders sieht das die Weltgesundheitsorganisation WHO. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass mit dem Tragen eines solchen Schutzes etwas gewonnen wäre, betont der WHONothilfedirektor Michael Ryan. Die WHO warnt sogar vor Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnähmen und sich dabei infizierten.
Trotzdem wird der Ruf nach einer Maskenpflicht lauter – und er kommt nicht nur aus der Medizin. Auch die Polizisten im Land sollten beim direkten Kontakt mit den Bürgern nach Auffassung der Deutschen Polizeigewerkschaft
Schutzmasken tragen. „Ich halte für unabdingbar, dass die Kollegen Maske tragen“, sagte Landeschef Ralf Kusterer der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. „Unsere Kollegen sind zu nah dran an den Menschen – man kann einen Personalausweis nicht aus zwei Meter Abstand kontrollieren.“
Kommt also bald die Maskenpflicht für alle?
GDanach sieht es erst einmal nicht aus. Denn: Schon jetzt sind Masken Mangelware. Im Internet gibt es noch Masken zu kaufen – allerdings oft zu überteuerten Preisen und mit langen Lieferzeiten. „Ich habe heute von einem Arztkollegen gehört, der gerade einmal fünf Masken für seine Praxis mit zwei Ärzten zugeteilt bekommen hat. Das ist ein Trauerspiel“, sagt Dr. Büngener. Neben Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder (CSU) sprach sich deshalb auch Südwest-Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) gegen eine Maskenpflicht aus. „Wir können zunehmend Schutzmittel beschaffen, es ist aber ein bisschen wie im Wilden Westen“, sagte er.
Wo bekommt man jetzt eine Maske her, wenn man nicht im Gesundheitswesen arbeitet?
Eine Möglichkeit sind selbstgenähte Masken. „Besser wäre es zwar, wenn man zertifizierte Masken hätte“, sagt Büngener. „Aber es ist auf jeden Fall besser als nichts.“So sieht das auch Gesundheitsminister Manfred Lucha: „Einen Spuckschutz etwa beim Einkaufen zu tragen, ist durchaus sinnvoll. Er schützt Sie zwar nicht vor Infektionen, aber er reduziert die Viren, die wir ausstoßen, um bis zu 30 Prozent.“Virologe Professor Thomas Mertens weist darauf hin, dass eine Maske mehrlagig sein und aus engmaschigem, benetzbarem Stoff bestehen sollte. Nach dem Tragen müsse sie entsorgt oder gewaschen und desinfiziert werden. Verschiedene Anleitungen zur Herstellung eines Mund-Nasen-Schutzes aus Stoff gibt es im Internet, zum Beispiel auf www.maskmaker.de. Über die Seite können selbst genähte Masken auch an Pflegeeinrichtungen gespendet werden.
Wann wird es wieder ausreichend Masken geben?
GDie Bundesregierung kauft derzeit Material, wo immer sie es bekommt und beliefert damit die Bundesländer und Kassenärztlichen Vereinigungen, die die Verteilung übernehmen. Zudem wurden gerade drei Milliarden Euro zusätzlich für Schutzkleidung und ähnliches bereitgestellt. Um so schnell wie möglich wieder genügend Masken zur Verfügung zu haben, bittet das Land Baden-Württemberg um Hilfe. „Sie können dem Land Unterstützung bei der Beschaffung beziehungsweise Herstellung von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) anbieten oder verfügen über entsprechende Kontakte?“, heißt es auf der Internetseite des Sozialministeriums. „Dann wenden Sie sich bitte telefonisch oder per E-Mail an die dafür zentral zuständige ,Task-Force Beschaffung’.“
Erste Lieferungen seien bereits verteilt. Und noch eine gute Nachricht kommt aus dem Gesundheitsministerium: „Wir haben jetzt einen Vertrag mit einem in Baden-Württemberg ansässigen Unternehmen geschlossen, das uns 30 Millionen Masken liefern wird. Am 7. April kommt die erste Tranche“, so Lucha. Es handle sich um FFP- und OP-Masken. „Dann können wir allen das geben, was sie benötigen.“