Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zukunft des Schüleraustauschs ungewiss
Pandemie hat Auswirkungen auf Sprachreisen, die in Ulm angeboten werden
GULM - Fast gehören die Französisch sprechenden Schülergruppen zum Ulmer Straßenbild, wenn sie – mit Stadtführer oder ohne – zwischen Februar und Oktober (jeweils in Zeiten von Ferien an ihren Heimatorten) durch Ulm ziehen. Die Corona-Epidemie verunmöglicht auch die fürs Lernen einer Fremdsprache und für die Offenheit anderen Kulturen gegenüber wichtigen Sprachreisen, die der in Paris ansässige Anbieter LEC seit Jahrzehnten auch nach Ulm anbietet.
Die Sicherheit der Schüler wie der Gasteltern gehe selbstverständlich vor, schreibt LEC-Präsident Roland Stern aus Paris. Alle Frühjahrsprogramme des Sprachreisen-Anbieters, die von französischsprachigen Schülern aus aller Welt genutzt werden, sind gestrichen. Ulrike Soulier, die die Programme für Ulm-Reisen über LEC seit 17 Jahren organisiert, hofft, dass der Juli-Termin in Ulm stattfinden kann. „Und wenn nicht der, dann hoffentlich spätestens der Termin im Oktober.“
Ob die Eltern der Schüler nach der Epidemie-Krise wieder das Vertrauen haben werden, ihre Kinder in andere Länder zum Sprachunterricht bei fremden Lehrern und zu Gasteltern reisen zu lassen? Und ob Gasteltern in Ulm, Neu-Ulm und der Region irgendwann nach einem Ende des sozialen Rückzugs noch das Vertrauen haben, fremde Jugendliche bei sich zu beherbergen und in die Familie zu integrieren? „Wir hoffen es und können nichts vorhersagen“, sagt Soulier.
Das LEC-Büro, in der von der Epidemie ebenfalls stark betroffenen französischen Hauptstadt Paris, ist jedenfalls geschlossen, Mitarbeiter sind im Homeoffice. Soulier hofft, dass die Pandemie nach Monaten nicht zur Folge haben wird, dass aufgrund der jetzt notwendigen Maßnahmen weniger Offenheit für Neues und weniger Freude am Kennenlernen anderer Länder und Lebensweisen bestehen wird. Dass man wieder mit Jugendlichen, deren Muttersprache Französisch ist und die aus Frankreich, aber auch aus China, Italien oder aus den französischen Übersee-Departements nach Ulm kommen, auf den Münsterturm steigen kann. Und Kässpätzle essen, die manche der Gastschüler so gern mögen, dass sie sich zu Weihnachten ein Paket Spätzle aus Schwaben wünschen.
Gerade die Juli-Programme in
Ulm würden von Gastschülern besonders gern angenommen – Lichterserenade, Nabada und (in Jahren, in denen es stattfindet) auch das Donaufest schaffen Eindrücke, von denen die Gastschüler nach langer Zeit noch erzählen.
Auf junge Franzosen, die in den vergangenen Jahren in Ulm waren, wirkt die Epidemie eher verbindend mit dem Gastland: Manon Christoph beispielsweise, die mehrfach in Ulm war, berichtet ihrer Gastfamilie von der dramatischen Situation im Elsass und fragt nach, ob ihre Freunde in Ulm gesund sind. Ähnlich handeln andere Gastschüler, die sich in Ulm wohlfühlten. „Hoffen wir, dass die Epidemie irgendwann in den Griff zu bekommen ist und die Freude am Lernen einer Sprache und am Kennenlernen fremder Lebensweisen auch danach noch da ist“, sagt Soulier.