Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Ex-Freundin vergewaltigt?
30-Jähriger steht vor Gericht – Er soll sich an seiner damaligen Partnerin vergangen haben
GNEU-ULM - Der JVA-Beamte nimmt dem Beschuldigten die Handfesseln ab, dieser schnauft tief durch, schüttelt seine Hände aus und reibt sich die Augen. Er wirkt nervös. Zwei schwere Vergehen werden ihm zur Last gelegt, die ihn möglicherweise für lange Zeit ins Gefängnis bringen könnten.
Der Vorsitzende Richter des Landgerichts Memmingen, Christian Liebhart, eröffnet den Prozess gegen den 30-jährigen Eriträer. Es ist der erste von drei geplanten Verhandlungstagen. Dem jungen Mann werden zwei Straftaten zur Last gelegt: Laut Staatsanwalt Sebastian Murer soll der Angeklagte an einem Abend im April 2019 seine damalige Freundin in ihrer Wohnung besucht haben. Sie hätten sich auf dem Wohnzimmer-Sofa unterhalten, bis der Angeschuldigte Sex mit der Frau wollte. Er habe nicht lockergelassen, auch nicht, als sie ihm sagte, dass sie keinen Geschlechtsverkehr wolle.
Stattdessen habe er sie überfallartig auf das Sofa gedrückt und ihr die Hose nach unten gezogen. Er soll die Frau an den Armen festgehalten haben und gegen ihren Willen in sie eingedrungen sein. Mehrere Minuten lang hat er laut Anklageschrift seine damalige Freundin vergewaltigt. Das Opfer habe mehrmals darum gebeten, dass er damit aufhören solle. Doch sie konnte sich wegen seiner körperlichen Überlegenheit nicht befreien. „Der mutmaßliche Täter wird beschuldigt, gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person, sexuelle Handlungen an dieser vorgenommen zu haben“, so Staatsanwalt Murer.
Ein zweites Vergehen trug sich paar Tage später in der Augsburger Straße in Neu-Ulm zu. In diesem Fall handelt es sich um den Tatvorwurf der Geiselnahme. Der Angeklagte trat laut Staatsanwalt am 3. Mai vergangenen Jahres gegen 0.46 Uhr von hinten an eine fremde Frau heran, die sich zu Fuß auf dem Nachhauseweg befand. Er soll die Frau nach einem kurzen Gerangel mit der rechten Hand an deren rechten Schulter festgehalten haben und ihr dabei mit der anderen Hand ihren Mund zugehalten haben. Laut Staatsanwalt habe der Beschuldigte dann gesagt, sie solle mit ihm kommen und „Sex machen“, sonst sterbe sie. Er wollte sie in einem nahe gelegenen Gebüsch vergewaltigen. Dabei habe er gedroht, sie umzubringen. Die Frau habe aus Angst nachgegeben. Der Angeklagte soll daraufhin die Frau in Richtung des Gebüsches gezogen haben, um sich dort an ihr zu vergehen. Als das Opfer versuchte, sich zu befreien, habe er sie weiterhin festgehalten. Er soll zu ihr gesagt haben: „Willst du sterben?“und forderte sie laut Murer dann erneut zum Sex auf. Als sie fast im Gebüsch waren, sagte die Frau: Es sei besser, wenn er mit ihr nach Hause gehe, sie wohne alleine. Der Angeschuldigte ließ sich darauf ein. Der Weg zur Wohnung der Frau habe ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß gedauert.
Der 30-Jährige habe dabei die ganze Zeit ihren Mund zugehalten, sodass sie schwerer atmen konnte, aber dennoch Luft bekam. Auf Höhe der Schubertstraße konnte sich die Geisel dann von ihm losreißen, als zufällig ein Auto vorbeifuhr. Sie rannte hilfesuchend zum vorbeifahrenden Wagen. Nachdem das Auto anhielt und die Geschädigte mit dem Fahrer, einem der Zeugen, sprach, erkannte der Angeschuldigte, dass sein Vorhaben gescheitert war und flüchtete aus Angst, entdeckt zu werden. Er wurde wenig später festgenommen und sitzt seitdem in U-Haft. Beweisaufnahme und Anhörung der Zeugen beginnen am 21. April.