Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gehaltszoff in der Premier League eskaliert
Spieler und Vereine halten weiter an ihrem Geld fest
LONDON (dpa) - Die reichste Fußball-Liga der Welt zeigt sich in Krisen-Zeiten alles andere als großzügig – und rückt damit zunehmend in die Kritik. Im Gegensatz zu Spielern aus den Top-Ligen in Deutschland, Spanien und Italien wollen die Profis der Premier League vorerst nicht Gehaltseinbußen hinnehmen. Die Spielergewerkschaft PFA begründete die Haltung damit, dass der englischen Regierung dann rund 200 Millionen Pfund (227 Millionen Euro) über einen Zeitraum von zwölf Monaten an Steuergeldern verloren gingen. „Das würde auf Kosten unseres nationalen Gesundheitsdienstes NHS oder anderen staatlich-unterstützten Diensten gehen“, erklärte die PFA.
Die Premier-League-Clubs waren am Freitag übereingekommen, die Spieler um einen Gehaltsverzicht von 30 Prozent zu bitten. Sollte die Saison nicht beendet werden können, müsste die Liga womöglich 762 Millionen Pfund (866 Millionen Euro) an die TV-Rechteinhaber zurücküberweisen. „Die Spieler sind sich bewusst, dass die kombinierte Steuer auf ihre Gehälter einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen leistet – die derzeit besonders wichtig sind“, hieß es von der PFA. Es seien weitere Details für einen solchen Schritt nötig. Die PFA monierte zudem, dass die 20-Millionen-PfundSpende an die NHS zu wenig sei. Auch Topstar Wayne Rooney meinte, verglichen mit dem, was von den Spielern verlangt werde, sei die LigaSpende in Höhe von 20 Millionen
Pfund für das Gesundheitswesen „ein Tropfen ins Meer“. Er bezeichnete die Diskussion als „Schande“. Die Liga habe den Druck auf seine Kollegen mit der Bekanntgabe der Liga-Einigung unnötig erhöht. Im Falle eines Scheiterns der nun anstehenden Gespräche werde es heißen „Reiche Spieler verweigern Gehaltsverzicht“, auch wenn vielleicht aus guten Gründen abgelehnt.
Kritik müssen sich aber auch einige Clubs gefallen lassen. Am Samstag teilte Liverpool mit, zahlreiche Mitarbeiter in Zwangsurlaub zu schicken. Der Club um Coach Jürgen Klopp nutzt dabei ein Programm der Regierung zur Rettung von Arbeitsplätzen, indem 80 Prozent der Löhne vom Staat übernommen werden. Den Rest steuert der Club bei, damit die Angestellten keine finanziellen Nachteile erleiden. Zuvor waren bereits Tottenham Hotspur, Norwich City, Newcastle United und AFC Bournemouth ähnlich verfahren.
Ein anonymer Liverpool-Mitarbeiter hat dafür wenig Verständnis. „Der Club bezeichnet die Mitarbeiter als Familie. Ich fühle mich nicht wie ein Familienmitglied. Warum nutzt ein Club, der mehr als 100 Millionen Pfund umsetzt, ein Regierungsprogramm für seine Mitarbeiter, wenn andere Unternehmen es mehr brauchen?“, sagte er der BBC. Erst im Februar hatte der Liga-Spitzenreiter einen Gewinn von 42 Millionen Pfund (etwa 50 Millionen Euro) verkündet. Der Umsatz ist demnach um rund 92 Millionen Euro auf 627 Millionen Euro gestiegen.