Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Familienvater gesteht Bluttat
Ein 49-jähriger Mann steht wegen versuchten Mordes vor dem Ulmer Landgericht
GULM - Die Tat hatte den ganzen Ort im nördlichen Alb-Donau-Kreis erschüttert. Und die Einwohner rätselten, wie das in einer zumindest nach außen intakten Familie mit zwei Söhnen im Alter von 17 und 20 Jahren und ihrer 46-jährigen Mutter geschehen konnte, die um ein Haar ihr Leben verloren hätten. Seit Donnerstag steht der Familienvater, 49, vor dem Ulmer Schwurgericht. Er muss sich wegen versuchten Mordes verantworten.
Laut Anklage wollte der Mann seiner Frau, die sich von ihm getrennt und mit ihren beiden Söhnen das Haus im nördlichen Alb-DonauKreis verlassen hatte, mit einem Küchenmesser die Kehle durchschneiden. Dies wäre auch gelungen an besagtem Tag im Dezember 2019, wenn sich nicht die beiden Kinder schwer verletzt dazwischen geworfen und die Tat verhindert hätten.
Aufgrund der Abstandsregelung im Zusammenhang mit der CoronaPandemie
gab es nur eine begrenzte Zahl von Sitzplätzen für die Besucher im Schwurgerichtssaal des Landgerichts. Ebenso hielt auch das Schwurgericht Distanz untereinander, um eine Ansteckung zu verhindern. Punkt 8.30 Uhr begann das Verfahren am Donnerstzag, für das nur drei Tage lang Verhandlungen angesetzt sind. Am Montag, 27. April, wird mit dem Urteil gerechnet.
Die kurze Prozessdauer ist durch den Angeklagten selbst möglich geworden, der gleich zu Beginn der Beweisaufnahme nach der Verlesung der Anklageschrift nach monatelangem Schweigen in einer vom Verteidiger vorgetragenen Erklärung zu den Vorwürfen der Staatsanwältin Stellung bezog. Er bestätigte die Tat und ihren Ablauf. Auch mündlich entschuldigte sich der Angeklagte bei seiner Ehefrau, die als Nebenklägerin im weiten Schwurgerichtssaal ihm gegenüber saß. „Es tut mir alles leid“, sagte er mit dem Blick auf sie gewendet. Auch die Ehefrau wandte sich nicht ab.
Sie hatte bei dem Überraschungsangriff ihres Mannes insgesamt zehn Stich- und Schnittwunden im Thoraxbereich und an beiden Händen und Knien sowie eine tiefe Stichwunde am linken Oberschenkel erlitten. Bevor sich der Angeklagte auf die Mutter stürzte, hatte er, wie die Staatsanwältin den Verlauf der Bluttat am Donnerstag schilderte, seine beiden Söhne mit dem scharfen Küchenmesser attackiert. Der ältere Sohn erlitt einen Stich in den Unterbauch, der jüngere wurde in der Leistengegend schwer verletzt.
Es hätte der Tod der Dreien gewesen sein können, wenn die Angegriffenen nicht richtig reagiert hätten. Der Mutter gelang es, vor den Messerattacken auf die Kehle die Arme vor das Gesicht zu halten. Und die Söhne schafften es trotz ihrer schweren Stichverletzungen, sich auf den Täter zu stürzen und ihm im Gerangel das Messer nach heftigem Kampf abzunehmen und ihn am Boden zu fixieren, bis die alarmierte Polizei binnen Minuten eintraf und den Familienvater
festnahm. Der Rettungsdienst brachte die Verletzten in Krankenhäuser, wo sie stationär aufgenommen werden mussten.
Vorausgegangen war der Tat eine Aussprache, um die der Angeklagte gebeten hatte. Das Thema: Die Trennung der Frau, die ihren Mann mit den Söhnen verlassen hatte. Doch die Aussprache „scheiterte“und der Mann habe gezielt seine Frau umbringen wollen, so die Staatsanwaltschaft. Bei den Attacken auf seine Söhne, die ihn ja auch verlassen hatten, wurde der Tod der beiden laut der Anklagevertreterin billigend vom Angeklagten in Kauf genommen. Das Schwurgericht wird jetzt trotz des Geständnisses die Hintergründe etwa des Weggangs der Familie aufzudecken haben. Wie der Verteidiger des Angeklagten sagte, gibt es eine lange Vorgeschichte dazu.
Der nächste Verhandlungstag ist am Mittwoch, 22. April, mit zahlreichen Zeugen.