Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Abitur: Viele Fragen sind noch offen
Zwei Rektoren aus der Region befürworten schriftliche Prüfungen trotz Corona-Krise
GBIBERACH/OCHSENHAUSEN - An den Abiturprüfungen ab dem 18. Mai festhalten, die Termine noch weiter nach hinten verschieben oder einfach komplett streichen? Elke Ray, Schulleiterin des Gymnasiums Ochsenhausen und Vorsitzende der Direktorenvereinigung Südwürttemberg, kann auf diese Frage derzeit keine Antwort geben. „Wir müssen abwarten, was und wie nun von der Landespolitik entschieden wird“, sagt Elke Ray. „Es gibt noch tausend offene Fragen – und auf die meisten noch keine Antwort.“Ihr Kollege Ralph Lange, Rektor des Biberacher Wieland-Gymnasiums (WG), sagt: „Wir haben die räumlichen Möglichkeiten, um die Prüfungen guten Gewissens durchführen zu können.“
Die 65 Abiturienten in Ochsenhausen gingen unterschiedlich mit den Vorbereitungen um, sagt Elke Ray. Manche lernten sehr selbstständig, andere bräuchten Unterstützung. Für die meisten sei es aber eine belastende Situation: „Wie bei allen anderen Schulabschlüssen auch, geht es um etwas Entscheidendes für die Zukunft.“
Die fehlende Planungssicherheit sorge für zusätzlichen psychischen Stress, erläutert die Rektorin. Nach der Freiburger Petition sei bislang noch kein Schüler an sie herangetreten. Diese fordert, statt der Abiturprüfung eine Durchschnittsnote aus den Leistungen der letzten beiden Schuljahre zu bilden.
Elke Ray fände es mit Blick auf den Stellenwert des Abiturs grundsätzlich gut, wenn es auch dieses Jahr schriftliche Abiturprüfungen geben würde – „allerdings nur, wenn gesundheitliche Risiken sowohl für die Prüflinge als auch für die begleitenden Lehrkräfte ausgeschlossen werden können“.
Elke Ray geht davon aus, dass der Schulbetrieb nach den Osterferien nicht sofort wieder in vollem Umfang aufgenommen werden kann.
„Möglicherweise starten wir gestaffelt“, sagt sie. „Und vielleicht machen dann auch die Abiturienten den Anfang.“Bislang gebe es aber kein Modell, wie die Schulen Risikogruppen im schulischen Alltag schützen könnten.
Auch hier fehle es an Schutzausstattung wie Behelfsmasken oder
Desinfektionsmitteln, erläutert die Rektorin. Sie wünscht sich, dass das Kultusministerium mehrere Szenarien für den Wiedereinstieg durchspielt: „Die Möglichkeiten sollten offen und transparent reflektiert werden.“Nur so könnten die Verantwortlichen vor Ort dafür sorgen, dass der Schulbetrieb wieder anlaufen kann, ohne eine erneute exponentielle Steigerung der Infektionszahlen zu riskieren.
Auch am Biberacher WielandGymnasium hat Rektor Lange bislang noch keine Probleme aus der Reihe seiner Abiturienten vernommen. „Die wissen, was sie zu lernen haben“, sagt er. „Ich denke, man wird bei der Korrektur der Prüfungen die jetzige Situation berücksichtigen und sensibel damit umgehen.“Ob auch WG-Schüler die Freiburger Petition unterschrieben haben, wisse er nicht. Eine Durchschnittsnote aus den Leistungen der vergangenen beiden Schuljahre zu bilden, könne nur eine Notlösung sein, falls die Zahl der Corona-Fälle das Schreiben der Abiturprüfungen nicht zulasse, so Lange. „Man weiß aber nicht, ob auch das zu Klagen führen könnte, wenn jemand sich der Chance beraubt sieht, seine Note noch verbessern zu können.“
Am WG jedenfalls sehe man sich gerüstet, die Prüfung so abzuhalten, dass man dabei ein gutes Gewissen habe. „Wir können die Prüfungen in der Turnhalle schreiben und dort die geforderten Abstände einhalten“, sagt Lange.
Ob und wenn ja, in welcher Form der Unterricht nächste Woche weitergehen könnte, weiß auch er nicht. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir ab Montag bereits zur Normalität zurückkehren“, so Lange.