Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Verschwitzte Boxer und ein Model mit Mundschutz
In Nicaragua geht es für die Sportler um die Existenz
BERLIN (SID) - Das Nummerngirl zeigte Bauch, ihr Lächeln aber nicht. Das verschwand hinter einer Maske, so viel Coronaschutz hatten sich die Veranstalter des Box-Abends in Managua dann doch überlegt. Auch die Zuschauer trugen den Atemschutz, am Eingang wurden zudem ihre Hände desinfiziert und ihre Temperatur gemessen. Auf den Stühlen und der Tribüne mussten die mehreren Hundert Besucher den Mindestabstand wahren – aber das galt für den Boxring natürlich nicht.
Die Boxer prügelten aufeinander ein, sie verschnauften in den Armen des anderen, die verschwitzten Körper prallten immer wieder aneinander. Die Bilder, die im Sportsender ESPN aus der Hauptstadt des mittelamerikanischen Nicaragua zu sehen waren, wirkten angesichts des fast weltweiten Verbots von Sportevents gewöhnungsbedürftig.
Bei Jürgen Brähmer dürften sie auch ein wenig Neid auslösen. Der Ex-Weltmeister verhandelt mit der Politik und den Verbänden bislang vergeblich über die Erlaubnis für einen Kampf ohne Zuschauer, den er aus seinem Schweriner Gym heraus im Internet streamen will. Seine Verteidigung des IBF-Interconti-Titels im Supermittelgewicht wäre „ein Schritt zurück zur Normalität“, argumentiert der 41-Jährige. Brähmer fürchtet um seine berufliche Existenz – die Boxer in Nicaragua sogar um ein wenig mehr. „Wenn wir nicht arbeiten“, sagte Leichtgewichtler Freddy Fonseca bei ESPN, „können wir nicht essen.“Zuvor hatte die Regierung Nicaraguas dem Promoter keine Steine in den Weg gelegt. Anders als in fast allen anderen Ländern auf der Welt steht der Profisport im Sechs-Millionen-Einwohner-Staat, der bislang zwölf bestätigte CoronaFälle zählte, von denen drei tödlich verliefen, nicht still. „Die ganze Nacht war ein bisschen ungewöhnlich“, stand auf der Internetseite von ESPN, „aber es könnte der neue Normalzustand für die jetzige Zeit sein.“