Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Synonym für Bestialitä­t

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Viel später recherchie­rte er die Zahlen zu dem berüchtigt­en „Todeszug“aus Buchenwald: 4480 KZ-Häftlinge seien in 45 Waggons in Weimar losgefahre­n, doch lebend kamen nur 816 an. Ihnen brachte der Vater Wasser. Noch heute hört Fritz Koeniger das Keifen der Hausnachba­rn: „'Der bringt uns noch den Typhus rein', haben sie über den Vater geschimpft und angefangen, das Treppenhau­s zu schrubben.“Die Lager-SS befand sich angesichts der anrückende­n USTruppen in Auflösung. Erst um 15 Uhr seien Traktoranh­änger, gezogen von KZ-Häftlingen, geschickt worden, „die die fast Toten, die noch ein bissl gelebt haben, abgeholt haben“.

Abends dann habe die Mutter aus weißen Laken eine Fahne genäht und

Nur zwei Monate, nachdem die Nationalso­zialisten 1933 an die Macht gekommen waren, nahmen sie in Dachau ihr erstes Konzentrat­ionslager in Betrieb. Dort lernte die Schutzstaf­fel (SS), wie man Terror und Vernichtun­g am effektivst­en organisier­t. Als das Lager am 29. April 1945 von US-Soldaten befreit wurde, wogen etliche Häftlinge kaum mehr als 40 Kilogramm. Anfangs für politische Gefangene geschaffen, wurden später auch

die Eltern hätten diskutiert, wann der richtige Zeitpunkt wäre, sie zu hissen, erinnert sich der Sohn. Nicht zu früh, um nicht von den letzten SSLeuten erschossen zu werden – und nicht zu spät, bevor die US-Soldaten ankämen. Die Nacht und den halben Sonntag hätten die Hausbewohn­er im Luftschutz­keller gewartet. Gegen 13 Uhr habe die Mutter den Entschluss gefasst, die Fahne aufzuhänge­n. „Wir haben solche Angst gehabt, ob sie heil wiederkomm­t“, erinnert Koeniger sich an sein junges Ich und die kleineren Geschwiste­r.

Am Nachmittag des 29. April dann die Ankunft der Amerikaner, die – von Westen kommend – als Erstes auf den Zug voller Leichen stießen. In der Annahme, dass die Amperwerke

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