Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Was ist das Grundstück Sankt Theresia wert?
Katholische Gemeinde will an die Stadt verkaufen, eine Einigung steht aus – Kindergarten schließt Ende 2020
GLAUPHEIM - Wegen Corona ruht der Betrieb im katholischen Kindergarten Sankt Theresia seit Wochen. Ende 2020 aber schließt die Kirche die Einrichtung – Stand heute – für immer. Fristgerecht hat der Kirchengemeinderat von Sankt Petrus und Paulus den Vertrag mit der Stadt zum 31. Dezember gekündigt. Voraufgegangen waren jahrelange Gespräche über eine Sanierung; die wollte zunächst die Stadt nicht, dann die Kirchengemeinde nicht mehr.
Sankt Theresia, 1960 erbaut, sei dringend sanierungsbedürftig, schrieb Kirchenpfleger Eugen Moll im Juli 2016 der Stadtverwaltung. „Vor dem Hintergrund zunehmender Eltern-Nachfragen zum baulichen Zustand“habe der Kirchengemeinderat beschlossen, die zweigruppige Einrichtung in der Richard-Wagner-Straße zu ertüchtigen. Die Stadt möge das im Haushaltsjahr 2017 berücksichtigen und, wie vertraglich vereinbart, 70 Prozent der nicht durch Zuschüsse gedeckten Investitionskosten übernehmen, eine gute halbe Million Euro.
Die Stadt habe daraufhin deutlich gemacht, dass sie einer Sanierung von Sankt Theresia zumindest zum damaligen Zeitpunkt negativ gegenüber stehe, weil damit keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen würden, hat Eugen Moll protokolliert. Möglicherweise stehe der Kindergarten auch den Ideen des Stadtplanungsamts im Weg, folgerte er. 2015 hatte der Gemeinderat den Bebauungsplan „Musikerviertel“auf den Weg gebracht; darin komme zum Ausdruck, das kirchliche Grundstück sei prädestiniert für eine Nachverdichtung.
Im Oktober 2016 lehnte die Ratsmehrheit eine städtische Beteiligung an einer reinen Sanierung ab und beschloss, den Standort Sankt Theresia aufzugeben. Gleichwohl erklärte sich die Kirchengemeinde in einem Positionspapier grundsätzlich bereit, die
Betriebsträgerschaft für eine neue, drei- bis viergruppige Kita in Laupheim zu übernehmen.
Im Mai 2019 bot sie der Stadt das Grundstück an der Richard-WagnerStraße samt Kindergartengebäude zum Kauf an. Der Gemeinderat lehnte ab, weil der Preis als zu hoch erschien. Stattdessen schlug OB Gerold Rechle der Kirchengemeinde vor, den Standort zu belassen und Sankt Theresia zu sanieren. Die Stadt sei „sehr gerne bereit“, ihren Anteil an den Investitionskosten zu tragen.
„Wir haben uns über die Kehrtwende gewundert“, sagt Eugen Moll. „Die letzte Erklärung dafür fehlt.“Allerdings winkte nun der Verwaltungsausschuss des Kirchengemeinderats ab: Eine Sanierung im Bestand und zu den Bedingungen des geltenden Finanzierungsvertrags könne man nicht mitgehen. Zum einen, weil die Kirchengemeinde bei Investitionen in Kindergärten keine Bauträgerschaft mehr anstrebe. Zum anderen, weil sich ihre investiven Prioritäten mit Blick auf die Sanierung und den Umbau des Gemeindehauses „maßgeblich verschoben haben“. Man sei aktuell nicht in der Lage, eine Investition in Sankt Theresia mit 30 Prozent Kostenanteil zu stemmen, signalisierte Eugen Moll dem OB im Juli 2019, und: „Die Kirchengemeinde ist auf den Verkauf des Grundstücks angewiesen.“Der Ausschuss müsse sich „leider vorbehalten, dem Kirchengemeinderat die Kündigung des Kindergartenvertrags bezüglich der Einrichtung Sankt Theresia vorzuschlagen“.
Das ist noch vor Weihnachten geschehen. „Bis 31. Dezember 2020 läuft der Betrieb weiter“, sagt Eugen Moll. Übergangslösungen seien denkbar. Vom kirchlichen Personal werde niemand seinen Job verlieren, „das ist den Mitarbeitern zugesichert“. Die Stadtverwaltung teilte auf SZ-Anfrage mit, man sei dabei, für die Ende des Jahres verbliebenen Kinder „anderweitig eine adäquate Betreuungseinrichtung zu schaffen“.
Das Gemeindehaus-Projekt ist mit vier Millionen Euro veranschlagt. Die katholische Gemeinde hat angekündigt, davon rund eine Million durch den Verkauf von Grundvermögen finanzieren zu wollen.
Seit Monaten verhandeln die Kirchengemeinde und die Stadt nun über das Kindergartenareal, eine Einigung steht aus. „Es gibt auch andere Interessenten. Unser Wunschpartner für einen Verkauf ist aber die Stadt“, beteuert Eugen Moll. „Das Problem ist der Preis.“Momentan handelt es sich um eine Gemeinbedarfsfläche
und unbebaubare Grünfläche. Sollte jedoch das Bebauungsplanverfahren „Musikerviertel“wieder aufgegriffen und zu Ende geführt werden, erführe das 3500 Quadratmeter große Grundstück eine erhebliche Wertsteigerung, dessen ist Moll sich sicher. Deshalb liege die Preisvorstellung der Kirchengemeinde „Richtung Bauland“.
OB Rechle bestätigt: „Wir sind in Verhandlungen.“Dafür gebe es einen Auftrag des Gemeinderats, „den versuchen wir wahrzunehmen“. Das Bebauungsplanverfahren „Musikerviertel“ruhe seit Jahren – „wir haben immer gesagt, wir warten die Neugestaltung der Kapellenstraße ab, an die der rechtsgültige Bebauungsplan in Teilen heranreicht, um die Bezüge zu haben. Aber da sind wir noch nicht so weit.“Das sei die Basis des städtischen Gebots.
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