Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mehr Schwung bei Gesetzgebung
Die gesetzgeberischen Mühlen mahlen mitunter extrem langsam – sehr zum Verdruss vieler Bürger. Während der CoronaPandemie werden indes Regelungen fast täglich neu beschlossen, überarbeitet, abgeschafft – sehr zum Verdruss vieler Abgeordneter im Stuttgarter Landtag. Steht durch die aktuelle Eile unsere Demokratie auf der Kippe? Und müssen die Gesetzgebungsprozesse nach der Krise wieder so langwierig werden wie davor? Zweimal ein klares Nein.
Von den ersten Beratungen eines Gesetzes bis zum Tag, an dem es in Kraft tritt, können mitunter Jahre vergehen. Es wird debattiert, werden Gutachten erstellt und Verbände gehört – all das frisst Zeit, die sich zu Politikverdrossenheit auswachsen kann. Derzeit lässt sich wie im Lehrbuch beobachten, dass es auch anders geht. Über Einschränkungen und Lockerungen zum Infektionsschutz entscheidet nämlich nicht der Stuttgarter Landtag, sondern die Regierung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine grünschwarze Ministerriege erlassen Verordnungen. Das geht schnell und ist durch das Infektionsschutzgesetz des Bundestages auch legitimiert. Jedoch setzt dies die Demokratie zugleich unter enormen Druck.
Welche Auswüchse eine zu starke Machtkonzentration nehmen kann, hat Deutschland in zwei Diktaturen erlebt: während des Dritten Reiches und in der DDR. Deshalb ist die Gewaltenteilung im Grundgesetz verankert. Das Parlament erlässt Gesetze, die Regierung kümmert sich um die Umsetzung. Und Gerichte wachen darüber, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Das sind die Grundpfeiler unserer Demokratie.
Dass vor allem die Regierung und nicht das Parlament derzeit am Steuer sitzt, muss niemanden ängstigen. Und doch ist es richtig, dass etliche Landtagsabgeordnete einfordern, wieder stärker beteiligt zu werden. Für diese Aufgabe sind sie gewählt. Schön wäre es, wenn sie sich auch fragen würden, wie Gesetzgebungsprozesse künftig schneller abgeschlossen werden können – ohne dabei die demokratische Beteiligung zu beschneiden.