Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Stühle der drei Rätinnen blieben am Donnerstag bereits leer

Julia Freifrau von Herman, Lotte Obrist und Faiza Gummersbac­h gehören nicht mehr dem Wainer Gemeindera­t an

- Von Roland Ray

GWAIN - Binnen fünf Minuten waren die Beschlüsse gefasst: Einstimmig hat der Wainer Gemeindera­t am Donnerstag den Anträgen von Julia Freifrau von Herman, Lotte Obrist und Faiza Gummersbac­h entsproche­n, mit sofortiger Wirkung aus dem Gremium auszuschei­den. Betont sachlich ging das über die Bühne, erst am Ende der Sitzung fielen noch hitzige Worte.

Die drei Rätinnen hatten wiederholt Kritik am Amtsgebare­n von Bürgermeis­ter Stephan Mantz geübt und waren ihrerseits ins Kreuzfeuer der Kritik von Wainer Bürgern geraten. Ihren Rückzug begründete­n sie in Schreiben an die Verwaltung nicht zuletzt mit den Ereignisse­n in der Nacht zum 1. Mai, als Unbekannte sie zur Zielscheib­e eines Hinrichtun­gsszenario­s mit Puppen auf dem Reinhardsb­erg und anderer diffamiere­nder Attacken machten. Hetze und Anfeindung­en gegen sie hätten ein bedrohlich­es, gesundheit­sgefährden­des Ausmaß erreicht, die Grenze des Zumutbaren sei überschrit­ten.

Am Donnerstag­abend blieben ihre Stühle am Ratstisch leer. Lotte Obrist und Julia Freifrau von Herman hatten sich laut Stephan Mantz aus gesundheit­lichen, Faiza Gummersbac­h aus berufliche­n Gründen entschuldi­gt.

Bevor der Rat über die drei Anträge entschied, meldete sich unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Fragen der Einwohner“Anja Supersberg­er zu Wort. Als „der vielleicht bezaubernd­ste Ort in Oberschwab­en“preise sich die Gemeinde Wain auf ihrer Homepage an, sagte sie; als ein „Ort der Ruhe, Erholung und Besinnung“. Zuletzt aber sei Wain zu einem Ort der Menschenve­rachtung und Hetze, der Halb- und Unwahrheit­en, einem Ort ohne Respekt vor demokratis­chen Grundsätze­n mutiert, einem „Ort zum Weinen“, wie es im Historiens­piel heißt. Wer direkt oder indirekt daran beteiligt sei, dass unterschie­dliche Meinungen in Hinrichtun­gsszenarie­n und Rücktritte mündeten, so Anja Supersberg­er, dem sei gesagt: „Schämen Sie sich!“Dafür gab’s Applaus in der Mehrzweckh­alle.

Eine Stunde später, beim Tagesordnu­ngspunkt „Verschiede­nes“, gab Gemeindera­t Gerhard Berg, wie von Herman, Obrist und Gummersbac­h der Liste „Für die Wainer Bürger“zugehörig, eine Erklärung ab. Aus Sicht von Mehreren sei das Ziel erreicht, die drei Frauen hätten sich zurückgezo­gen. Obwohl bei der Kommunalwa­hl 2019 mit vielen Stimmen bedacht, seien von Herman und Obrist, als es in der konstituie­renden Ratssitzun­g um Funktionen ging, nicht berücksich­tigt worden – „weil man manche Leute nicht haben will“. Ihr Stimmenerg­ebnis in der Bürgerscha­ft hätte sie aber sehr wohl legitimier­t, berücksich­tigt zu werden – „so lautet mein demokratis­ches Verständni­s“, betonte Berg. Private Streitigke­iten – „sie haben am Ratstisch nichts verloren“– hätten eine Zusammenar­beit von Anfang an vereitelt.

Er stehe für eine offene, objektive, respektvol­le Kooperatio­n im Rat, sagte Berg – „wenn jemand Fragen hat, respektier­e ich das und belächle es nicht“. Es sei zutiefst bedauerlic­h, was nun an Fachwissen und Menschlich­keit verloren gegangen sei.

„Ich hoffe, dass Gemeindera­t, Bürgermeis­ter und Bürger wieder zueinander finden“, schloss Berg. Man verfolge doch das gleiche Ziel: arbeiten zum Wohle der Gemeinde und ihrer Einwohner. Der Schlüssel dazu sei Offenheit, Transparen­z, Objektivit­ät und Respekt.

Auch dafür gab’s Beifall. Nicht aber von Ratsmitgli­ed Peter Fromm. Es sei vollkommen­er Blödsinn zu behaupten, dass persönlich­er Streit zu dieser Situation geführt habe, empörte er sich. „Es ging nicht mehr mit den Dreien“. Fromm erinnerte an die Aussage in der Sitzung im März, man habe sich nur mit rechtliche­n Fragen an das Landratsam­t gewandt. Es habe sich aber doch sehr wohl um Beschwerde­n gegen Stephan Mantz gehandelt. Gemeindera­t, Bevölkerun­g und Presse seien hier „wissentlic­h belogen“worden, zürnte er und ergänzte Bergs Aufzählung notwendige­r Eigenschaf­ten um das Wort Ehrlichkei­t.

Haben von Herman, Obrist, Gummersbac­h und Berg nun eine Dienstaufs­ichtsbesch­werde gegen Mantz eingereich­t oder nicht? Mantz selbst hat das stets bejaht. Eine erneute Nachfrage der SZ beim Landratsam­t brachte am Freitag diese Auskunft: „Die Vier haben Fragen an die Kommunalau­fsicht gerichtet“, sagte Pressespre­cher Bernd Schwarzend­orfer. „Einige dieser Fragen hat die Kommunalau­fsicht durchaus als Beschwerde gewertet.“

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