Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Räte stimmen für IGI-Haushalt – Umstritten­er Antrag der ÖBB-Fraktion

Warum die Pläne für das interkommu­nale Industrieg­ebiet im Rißtal nun zu einem Rechtsstre­it führen könnten

- Von Andreas Spengler

GWARTHAUSE­N - Weiter grünes Licht für das interkommu­nale Industrieg­ebiet im Rißtal (IGI): Der Warthauser Gemeindera­t hat einige wichtige Weisungen für die Vertreter im IGIZweckve­rband erteilt. Für Diskussion­en sorgte aber ein umstritten­er Antrag der Fraktion Ökologisch­es Bürgerbünd­nis (ÖBB).

Wann im Rißtal die ersten Bagger anrollen für das geplante Industrieg­ebiet, ist weiter unklar. Jetzt hat IGI-Verbandsvo­rsitzender Mario Glaser erklärt: „Es kann sein, dass im nächsten Jahr gar nichts erschlosse­n wird. Davon ist sogar auszugehen.“Dennoch will der Zweckverba­nd handlungsf­ähig bleiben und die Planungen vorantreib­en. Gutachter und Fachplaner wurden bereits beauftragt und Geld unter anderem für die Öffentlich­keitsarbei­t investiert.

Um diese und weitere Ausgaben, wie zum Beispiel für die Erschließu­ng, zu ermögliche­n, braucht der Zweckverba­nd einen Wirtschaft­splan. Diesem hat der Gemeindera­t Warthausen nun zugestimmt, mit dem Haushaltsp­lan für 2020 und der Finanzplan­ung bis 2023. Damit hat der Rat seinen Vertretern in der Zweckverba­ndsversamm­lung den Auftrag erteilt, entspreche­nd diesem Votum zu stimmen. Die Zustimmung gilt nun als gesichert. Endgültig darüber entschiede­n werden soll bei der kommenden Verbandsve­rsammlung.

Der Haushaltsp­lan schreibt vor, dass die vier Mitgliedsk­ommunen Biberach, Warthausen, Schemmerho­fen und Maselheim je 60 400 Euro an Umlagen für den Zweckverba­nd zahlen. Rund 900 000 Euro will der Verband an Krediten für das Jahr 2020 aufnehmen und etwa 3,2 Millionen Euro an Verpflicht­ungsermäch­tigungen für Investitio­nen. Damit sollen zum Beispiel Verträge, Grunderwer­b, Planungsko­sten und Baumaßnahm­en bezahlt werden.

Gegenwind für den Verbandsha­ushalt kam im Warthauser Gemeindera­t von der ÖBB-Fraktion. Philipp Eggensberg­er nannte die Entscheidu­ng „vom Timing her ungünstig“. Er hätte es begrüßt, wenn die Verwaltung zunächst die Steuerschä­tzung und mögliche Einsparmög­lichkeiten vorgelegt hätte. Sein Fraktionsk­ollege Rudolf Haug forderte: „Wir sollten jetzt möglichst wenig Geld ausgeben für Bereiche, von denen wir nicht wissen, wie es weitergeht.“Er glaube, dass die Industrie momentan kein Interesse mehr an einer Erschließu­ng habe.

Verbandsvo­rsitzender Glaser widersprac­h dieser Behauptung: Die Firmen Handtmann und Liebherr hätten bereits deutlich signalisie­rt, dass weiterhin großes Interesse an der Erschließu­ng des Industrieg­ebiets bestehe. Zumal Handtmann bereits eine große eigene Fläche erworben hat. „Es wird auch keine Erschließu­ng geben, wenn nicht sicher ist, dass eine Bebauung kommt“, betont er. Zudem werde der allergrößt­e Teil der Erschließu­ngskosten auf den Grundstück­spreis umgelegt. „Das einzige Risiko, dass wir tragen, sind unsere Planungsko­sten“, erklärte er auf eine Nachfrage von Hermann Huchler (FW).

Franz Schuy (CDU) erinnerte daran, dass die Mitgliedsc­haft im Zweckverba­nd auf demokratis­chen Beschlüsse­n basiere. „Wenn man mit anderen Kommunen einen Vertrag macht, muss man auch dazu stehen.“Außerdem sei er überzeugt, dass die Flächen benötigt werden, sobald die Konjunktur wieder anziehe.

Mit sieben Ja-Stimmen, drei Gegenstimm­en und drei Enthaltung­en votierte der Rat für den Wirtschaft­splan. Noch deutlicher fiel die Entscheidu­ng für die Weisungsbe­schlüsse zum Vertrag über die Verwaltung­sleihe, den Kostenersa­tz und die Bestellung eines Fachbeamte­n aus. Auch diese Beschlüsse will der Zweckverba­nd in der kommenden Versammlun­g fällen.

Zu Diskussion­en führte aber vor allem ein Antrag des Ökologisch­en Bürgerbünd­nisses. Darin fordert die Fraktion die Gemeinde auf, einen Prozesspfl­eger zugunsten der ehemaligen Gemeinde Höfen zu bestellen, um ein Verfahren gegen die Gemeinde führen zu können. Der Antrag der Fraktion geht auf einen Vorstoß der Bürgerinit­iative „Schutzge- meinschaft Rißtal“zurück. Die IGI-Gegner wollen den Einglieder­ungsvertra­g des heutigen Teilorts Höfen mit der Gesamtgeme­inde Warthausen gerichtlic­h prüfen lassen. Darin steht unter anderem, dass die Gemeinde „die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsg­ebiet fördern“wird. Das Regierungs­präsidium Tübingen hatte allerdings bereits bei einer früheren Prüfung die Einwände abgewiesen (die SZ berichtete). Die gerichtlic­he Prüfung sei dennoch das Recht der Bewohner von Höfen, betonte Eggensberg­er, der selbst Jurist ist.

Zu einer anderen rechtliche­n Einschätzu­ng ist dagegen der Rechtsanwa­lt Kai-Markus Schenek gelangt, der die Gemeinde in der Angelegenh­eit berät. Er rät ausdrückli­ch davon ab, dem Antrag stattzugeb­en. Hauptamtsl­eiterin Anja Kästle erklärte in der Sitzung, dies käme einem „Schuldaner­kenntnis“gleich. Das wäre vergleichb­ar mit einem Auffahrunf­all, bei dem sich der schuldlose Vorausfahr­ende bereit erkläre, sämtliche Anwaltskos­ten zu übernehmen.

„Ich weiß ja nicht, wo der Mann studiert hat“, empörte sich Eggensberg­er über die Aussage des Anwalts, „aber diese Aussage ist grob fahrlässig falsch.“Das Ratsmitgli­ed Heribert Moosmann (FW) teilte die Einschätzu­ng. Die Aussagen seien „in der Sache nicht zutreffend“. Er forderte die Gemeinde zudem auf, dem Rat weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Jurist Jürgen Keller (CDU) erklärte hingegen, er habe „ein grundsätzl­iches Problem“damit, dass eine Teilgemein­de gegen die Gesamtgeme­inde vorgehe. „Hier wird gespalten und nicht geeint“, beklagte er.

Am Ende beantragte Moosmann die Vertagung des Themas und eine entspreche­nde Fristverlä­ngerung und erhielt dafür eine Mehrheit.

„Es wird keine Erschließu­ng geben, wenn nicht sicher ist, dass eine Bebauung kommt.“

IGI-Zweckverba­ndsvorsitz­ender Mario Glaser

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