Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Räte stimmen für IGI-Haushalt – Umstrittener Antrag der ÖBB-Fraktion
Warum die Pläne für das interkommunale Industriegebiet im Rißtal nun zu einem Rechtsstreit führen könnten
GWARTHAUSEN - Weiter grünes Licht für das interkommunale Industriegebiet im Rißtal (IGI): Der Warthauser Gemeinderat hat einige wichtige Weisungen für die Vertreter im IGIZweckverband erteilt. Für Diskussionen sorgte aber ein umstrittener Antrag der Fraktion Ökologisches Bürgerbündnis (ÖBB).
Wann im Rißtal die ersten Bagger anrollen für das geplante Industriegebiet, ist weiter unklar. Jetzt hat IGI-Verbandsvorsitzender Mario Glaser erklärt: „Es kann sein, dass im nächsten Jahr gar nichts erschlossen wird. Davon ist sogar auszugehen.“Dennoch will der Zweckverband handlungsfähig bleiben und die Planungen vorantreiben. Gutachter und Fachplaner wurden bereits beauftragt und Geld unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit investiert.
Um diese und weitere Ausgaben, wie zum Beispiel für die Erschließung, zu ermöglichen, braucht der Zweckverband einen Wirtschaftsplan. Diesem hat der Gemeinderat Warthausen nun zugestimmt, mit dem Haushaltsplan für 2020 und der Finanzplanung bis 2023. Damit hat der Rat seinen Vertretern in der Zweckverbandsversammlung den Auftrag erteilt, entsprechend diesem Votum zu stimmen. Die Zustimmung gilt nun als gesichert. Endgültig darüber entschieden werden soll bei der kommenden Verbandsversammlung.
Der Haushaltsplan schreibt vor, dass die vier Mitgliedskommunen Biberach, Warthausen, Schemmerhofen und Maselheim je 60 400 Euro an Umlagen für den Zweckverband zahlen. Rund 900 000 Euro will der Verband an Krediten für das Jahr 2020 aufnehmen und etwa 3,2 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen für Investitionen. Damit sollen zum Beispiel Verträge, Grunderwerb, Planungskosten und Baumaßnahmen bezahlt werden.
Gegenwind für den Verbandshaushalt kam im Warthauser Gemeinderat von der ÖBB-Fraktion. Philipp Eggensberger nannte die Entscheidung „vom Timing her ungünstig“. Er hätte es begrüßt, wenn die Verwaltung zunächst die Steuerschätzung und mögliche Einsparmöglichkeiten vorgelegt hätte. Sein Fraktionskollege Rudolf Haug forderte: „Wir sollten jetzt möglichst wenig Geld ausgeben für Bereiche, von denen wir nicht wissen, wie es weitergeht.“Er glaube, dass die Industrie momentan kein Interesse mehr an einer Erschließung habe.
Verbandsvorsitzender Glaser widersprach dieser Behauptung: Die Firmen Handtmann und Liebherr hätten bereits deutlich signalisiert, dass weiterhin großes Interesse an der Erschließung des Industriegebiets bestehe. Zumal Handtmann bereits eine große eigene Fläche erworben hat. „Es wird auch keine Erschließung geben, wenn nicht sicher ist, dass eine Bebauung kommt“, betont er. Zudem werde der allergrößte Teil der Erschließungskosten auf den Grundstückspreis umgelegt. „Das einzige Risiko, dass wir tragen, sind unsere Planungskosten“, erklärte er auf eine Nachfrage von Hermann Huchler (FW).
Franz Schuy (CDU) erinnerte daran, dass die Mitgliedschaft im Zweckverband auf demokratischen Beschlüssen basiere. „Wenn man mit anderen Kommunen einen Vertrag macht, muss man auch dazu stehen.“Außerdem sei er überzeugt, dass die Flächen benötigt werden, sobald die Konjunktur wieder anziehe.
Mit sieben Ja-Stimmen, drei Gegenstimmen und drei Enthaltungen votierte der Rat für den Wirtschaftsplan. Noch deutlicher fiel die Entscheidung für die Weisungsbeschlüsse zum Vertrag über die Verwaltungsleihe, den Kostenersatz und die Bestellung eines Fachbeamten aus. Auch diese Beschlüsse will der Zweckverband in der kommenden Versammlung fällen.
Zu Diskussionen führte aber vor allem ein Antrag des Ökologischen Bürgerbündnisses. Darin fordert die Fraktion die Gemeinde auf, einen Prozesspfleger zugunsten der ehemaligen Gemeinde Höfen zu bestellen, um ein Verfahren gegen die Gemeinde führen zu können. Der Antrag der Fraktion geht auf einen Vorstoß der Bürgerinitiative „Schutzge- meinschaft Rißtal“zurück. Die IGI-Gegner wollen den Eingliederungsvertrag des heutigen Teilorts Höfen mit der Gesamtgemeinde Warthausen gerichtlich prüfen lassen. Darin steht unter anderem, dass die Gemeinde „die freie Landschaft des Gebiets der bisherigen Gemeinde Höfen als Erholungsgebiet fördern“wird. Das Regierungspräsidium Tübingen hatte allerdings bereits bei einer früheren Prüfung die Einwände abgewiesen (die SZ berichtete). Die gerichtliche Prüfung sei dennoch das Recht der Bewohner von Höfen, betonte Eggensberger, der selbst Jurist ist.
Zu einer anderen rechtlichen Einschätzung ist dagegen der Rechtsanwalt Kai-Markus Schenek gelangt, der die Gemeinde in der Angelegenheit berät. Er rät ausdrücklich davon ab, dem Antrag stattzugeben. Hauptamtsleiterin Anja Kästle erklärte in der Sitzung, dies käme einem „Schuldanerkenntnis“gleich. Das wäre vergleichbar mit einem Auffahrunfall, bei dem sich der schuldlose Vorausfahrende bereit erkläre, sämtliche Anwaltskosten zu übernehmen.
„Ich weiß ja nicht, wo der Mann studiert hat“, empörte sich Eggensberger über die Aussage des Anwalts, „aber diese Aussage ist grob fahrlässig falsch.“Das Ratsmitglied Heribert Moosmann (FW) teilte die Einschätzung. Die Aussagen seien „in der Sache nicht zutreffend“. Er forderte die Gemeinde zudem auf, dem Rat weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Jurist Jürgen Keller (CDU) erklärte hingegen, er habe „ein grundsätzliches Problem“damit, dass eine Teilgemeinde gegen die Gesamtgemeinde vorgehe. „Hier wird gespalten und nicht geeint“, beklagte er.
Am Ende beantragte Moosmann die Vertagung des Themas und eine entsprechende Fristverlängerung und erhielt dafür eine Mehrheit.
„Es wird keine Erschließung geben, wenn nicht sicher ist, dass eine Bebauung kommt.“
IGI-Zweckverbandsvorsitzender Mario Glaser