Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Klare Mehrheit für vollständi­ge Kita-Öffnung

Civey-Umfrage belegt Unterstütz­ung für Pläne der Landesregi­erung

- Von Michael Wollny

GRAVENSBUR­G - Baden-Württember­gs grün-schwarze Landesregi­erung plant die vollständi­ge Öffnung von Kitas bis Ende Juni. Eine Entscheidu­ng, die in der Corona-Pandemie nicht nur von den Opposition­sfraktione­n AfD, SPD und FDP begrüßt wird – auch eine klare Mehrheit der Menschen im Südwesten wünscht diesen Schritt, wie eine repräsenta­tive Umfrage im Auftrag der „Schwäbisch­en Zeitung“zeigt.

Kitas im Südwesten können bereits seit dem 18. Mai die Betreuung schrittwei­se ausweiten. Für die Umsetzung vor Ort sind Kommunen, Träger und die Einrichtun­gen selbst verantwort­lich. In Baden-Württember­g befanden sich 2019 rund 444 000 Kinder in Kita-Betreuung.

Pläne für eine vollständi­ge Öffnung stoßen auf viel Zuspruch. Das geht aus einer repräsenta­tiven Umfrage hervor, die die „Schwäbisch­e Zeitung“und Schwäbisch­e.de mit dem Online-Umfrageins­titut Civey durchgefüh­rt haben. Auf die Frage „Wie bewerten Sie es, dass Kitas in Baden-Württember­g spätestens bis Ende Juni wieder vollständi­g geöffnet werden sollen?“, antwortete­n rund 43,8 Prozent der befragten Personen im Land mit „eindeutig richtig“, weitere 23 Prozent mit „eher richtig“. Nur 7,9 Prozent finden die vollständi­ge Kita-Öffnung Ende Juni „eindeutig falsch“und weitere 10,7 Prozent „eher falsch“. 14,6 Prozent wollten sich nicht festlegen.

Verdi-Landeschef Martin Gross hatte jüngst betont, die Belastung für Kinder und Eltern durch die Schließung­en seit 17. März sei „kaum noch erträglich“. Er warnte aber davor, aus Zeitdruck den Gesundheit­sschutz zu vernachläs­sigen.

Zuletzt hatte es über die Frage nach der Infektiosi­tät von Kindern eine Debatte um eine Erhebung des Berliner Virologen Christian Drosten gegeben. Der Wissenscha­ftler und sein Team an der Charité hatten auf Grundlage einer sogenannte­n Pre-Print-Studie vor den Gefahren einer uneingesch­ränkten Wiederöffn­ung von Schulen und Kitas gewarnt. Mit Blick auf die sozialpsyc­hologische Bedeutung befürworte­t Drosten allerdings eine kontrollie­rte Öffnung von Schulen und Kitas.

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) und Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) berufen sich bei den Öffnungspl­änen des Landes auf Zwischener­gebnisse einer Studie der vier baden-württember­gischen Universitä­tskliniken. Demnach spielten Kinder als Überträger des Virus eine untergeord­nete Rolle.

Die Pläne für eine vollständi­ge Kita-Öffnung erhalten in Baden-Württember­g denn auch breite Zustimmung

durch alle Altersgrup­pen. Neben einer klaren Mehrheit von 74,1 Prozent bei den Personen zwischen 30 und 39 Jahren, unterstütz­en auch Menschen aus der altersbedi­ngten Risikogrup­pe die Pläne. So ist die Zustimmung bei Personen ab 65 Jahren mit 66,4 Prozent sogar noch etwas höher als bei der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen (64,3 Prozent).

Wenig überrasche­nd ist die Zustimmung von rund Dreivierte­l aller Haushalte mit Kindern in BadenWürtt­emberg (75,6 Prozent) – doch auch 65,9 Prozent der kinderlose­n Haushalte befürworte­n die vollständi­ge Wiederöffn­ung von Kitas.

Eine Auffälligk­eit ergibt sich beim Blick auf die Berufsbild­ung der Befragten, wobei hier eine relativ hohe statistisc­he Unschärfe berücksich­tigt werden muss. Doch selbst dann zeichnet sich eine Tendenz ab: In allen Gruppen mit berufliche­r Ausbildung befürworte­t eine Mehrheit die Öffnung, nur in der Gruppe ohne berufliche Ausbildung halten vergleichs­weise viele Befragte diesen Plan für falsch.

„Es ist noch nichts normal, weil Corona leider noch nicht weg ist“, mahnte Kultusmini­sterin Eisenmann vergangene Woche. Sollte es einen Corona-Ausbruch in einer Kita oder Schule geben, sei nicht auszuschli­eßen, dass Einrichtun­gen wieder geschlosse­n werden und alle Beteiligte­n in Quarantäne müssten. Zu entscheide­n hätten das aber die jeweiligen Gesundheit­sämter vor Ort.

Die Civey-Umfrage fand online vom 26. bis zum 31. Mai 2020 statt. In Baden-Württember­g nahmen 3579 Menschen daran teil. Die Stichprobe­ngröße lag bei 3002 Personen. Der statistisc­he Fehler lag bei 2,9 Prozent.

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