Schwäbische Zeitung (Laupheim)
In der Tanzschule fehlen junge Leute
Die Einhaltung der Corona-Regeln auf dem Parkett ist herausfordernd
GLAUPHEIM - Lore Gutzmann und ihr Team haben die Zeit genutzt: Alles ist frisch gestrichen, die Badezimmer renoviert. Auf dem Parkett steht noch das Stativ für die Kamera, denn in den vergangenen Wochen haben die Tanzstunden per Videostream stattgefunden. Bald soll sich der große Raum mit den Fensterfronten auf beiden Seiten wieder mit Leben füllen.
Seit Dienstag dürfen auch die Tanzschulen in Baden-Württemberg wieder öffnen. Doch nur, wenn alle Hygienevorschriften für den Infektionsschutz umgesetzt sind. Für die Tanzschule Gutzmann in Laupheim, die im Herbst ihr 32-jähriges Bestehen feiert, heißt das: Pro Kurs sind nur noch zehn Teilnehmer und Teilnehmerinnen erlaubt. Die Tanzpaare müssen im selben Haushalt leben. Und wie überall gilt es, den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter einzuhalten. So sieht es die Corona-Verordnung der Landesregierung vor. Es gibt noch einiges zu tun – deshalb will Inhaberin Lore Gutzmann erst am Montag, 8. Juni, wieder ihre Türen für die Kursteilnehmer öffnen.
„Wir müssen noch Punkte aufkleben“, erzählt die Tanzlehrerin mit den auffälligen, roten Haaren und deutet auf das Parkett. An denen sollen sich die Tanzpaare orientieren, damit sie sich bei Rumba, Walzer oder Discofox nicht zu nahe kommen. „Und natürlich ist es entscheidend, dass alle die Bewegungen kleiner ausführen“, betont Gutzmann, die extra Figuren ins Programm aufgenommen hat, die sich auf engem Raum gut umsetzen lassen.
Einfach sind die vergangenen Wochen nicht gewesen. „Lange war vieles unklar“, erzählt Gutzmann. „Wir Tanzschulen haben keine Lobby.“Wie es weitergeht und welche Hygienemaßnahmen umgesetzt werden müssen, das habe sie unter anderem über eine Videokonferenz mit dem Präsidenten des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbands (ADTV) erfahren. „Knapp 80 Tanzschulen aus ganz Baden-Württemberg waren dabei.“
Hinter der Bar in der Tanzschule steht eine neue Spülmaschine – denn die Gläser müssen bei 70 Grad Celsius abgewaschen werden. Spülen per Hand ist tabu. Die Tische, an denen normalerweise die Kursteilnehmer sitzen, sind auseinandergezogen. Im Eingang steht ein Ständer mit einer Halterung für Desinfektionsmittel – „den hat mein Mann selber gebaut“, verrät die gebürtige Bremerin. Neben dem Ständer, gleich unter der Garderobe, liegt ein Stapel mit Programmflyern. Darauf stehen die Daten von Veranstaltungen und Kursen, die wegen der Krise nie stattgefunden haben. Hinten im Nebenraum lagern Kartons mit weiteren Flyern und Plakaten. „Die kann ich alle wegschmeißen.“Wie es insgesamt mit der Tanzschule weitergeht, kann die Inhaberin noch nicht sagen. Klar sei aber: „Die Schülerinnen und Schüler fehlen. Sie dürfen nicht tanzen, weil die Tanzpaare ja nicht in einem Haushalt leben.“Auch die Jugendpartys, die eigentlich für viele Samstage geplant waren, können wegen der Pandemie noch nicht stattfinden. „Und außerdem ist es so, dass ich wegen der kleineren Kurse deutlich mehr Zeit investieren muss“, erklärt Gutzmann, die sich um die Organisation von Ersatzterminen kümmern muss. „Es wird sozusagen im Schichtsystem getanzt.“
Trotz allem freut sich die Tanzlehrerin sehr auf die Wiedereröffnung: „Das Tolle am Tanzen ist, dass man sieht, was es mit den Leuten macht.“Nicht selten kämen Teilnehmer gestresst in den Kurs und würden entspannt wieder gehen. Außerdem entstehen Freundschaften, das sei schön zu sehen. Einige Paare tanzen bereits seit 28 Jahren in der Tanzschule, freut sich Lore Gutzmann. „Ich habe in den letzten Wochen viel Solidarität erfahren, dafür bin ich sehr dankbar.“