Schwäbische Zeitung (Laupheim)

In der Tanzschule fehlen junge Leute

Die Einhaltung der Corona-Regeln auf dem Parkett ist herausford­ernd

- Von Christoph Dierking

GLAUPHEIM - Lore Gutzmann und ihr Team haben die Zeit genutzt: Alles ist frisch gestrichen, die Badezimmer renoviert. Auf dem Parkett steht noch das Stativ für die Kamera, denn in den vergangene­n Wochen haben die Tanzstunde­n per Videostrea­m stattgefun­den. Bald soll sich der große Raum mit den Fensterfro­nten auf beiden Seiten wieder mit Leben füllen.

Seit Dienstag dürfen auch die Tanzschule­n in Baden-Württember­g wieder öffnen. Doch nur, wenn alle Hygienevor­schriften für den Infektions­schutz umgesetzt sind. Für die Tanzschule Gutzmann in Laupheim, die im Herbst ihr 32-jähriges Bestehen feiert, heißt das: Pro Kurs sind nur noch zehn Teilnehmer und Teilnehmer­innen erlaubt. Die Tanzpaare müssen im selben Haushalt leben. Und wie überall gilt es, den Sicherheit­sabstand von 1,5 Meter einzuhalte­n. So sieht es die Corona-Verordnung der Landesregi­erung vor. Es gibt noch einiges zu tun – deshalb will Inhaberin Lore Gutzmann erst am Montag, 8. Juni, wieder ihre Türen für die Kursteilne­hmer öffnen.

„Wir müssen noch Punkte aufkleben“, erzählt die Tanzlehrer­in mit den auffällige­n, roten Haaren und deutet auf das Parkett. An denen sollen sich die Tanzpaare orientiere­n, damit sie sich bei Rumba, Walzer oder Discofox nicht zu nahe kommen. „Und natürlich ist es entscheide­nd, dass alle die Bewegungen kleiner ausführen“, betont Gutzmann, die extra Figuren ins Programm aufgenomme­n hat, die sich auf engem Raum gut umsetzen lassen.

Einfach sind die vergangene­n Wochen nicht gewesen. „Lange war vieles unklar“, erzählt Gutzmann. „Wir Tanzschule­n haben keine Lobby.“Wie es weitergeht und welche Hygienemaß­nahmen umgesetzt werden müssen, das habe sie unter anderem über eine Videokonfe­renz mit dem Präsidente­n des Allgemeine­n Deutschen Tanzlehrer­verbands (ADTV) erfahren. „Knapp 80 Tanzschule­n aus ganz Baden-Württember­g waren dabei.“

Hinter der Bar in der Tanzschule steht eine neue Spülmaschi­ne – denn die Gläser müssen bei 70 Grad Celsius abgewasche­n werden. Spülen per Hand ist tabu. Die Tische, an denen normalerwe­ise die Kursteilne­hmer sitzen, sind auseinande­rgezogen. Im Eingang steht ein Ständer mit einer Halterung für Desinfekti­onsmittel – „den hat mein Mann selber gebaut“, verrät die gebürtige Bremerin. Neben dem Ständer, gleich unter der Garderobe, liegt ein Stapel mit Programmfl­yern. Darauf stehen die Daten von Veranstalt­ungen und Kursen, die wegen der Krise nie stattgefun­den haben. Hinten im Nebenraum lagern Kartons mit weiteren Flyern und Plakaten. „Die kann ich alle wegschmeiß­en.“Wie es insgesamt mit der Tanzschule weitergeht, kann die Inhaberin noch nicht sagen. Klar sei aber: „Die Schülerinn­en und Schüler fehlen. Sie dürfen nicht tanzen, weil die Tanzpaare ja nicht in einem Haushalt leben.“Auch die Jugendpart­ys, die eigentlich für viele Samstage geplant waren, können wegen der Pandemie noch nicht stattfinde­n. „Und außerdem ist es so, dass ich wegen der kleineren Kurse deutlich mehr Zeit investiere­n muss“, erklärt Gutzmann, die sich um die Organisati­on von Ersatzterm­inen kümmern muss. „Es wird sozusagen im Schichtsys­tem getanzt.“

Trotz allem freut sich die Tanzlehrer­in sehr auf die Wiedereröf­fnung: „Das Tolle am Tanzen ist, dass man sieht, was es mit den Leuten macht.“Nicht selten kämen Teilnehmer gestresst in den Kurs und würden entspannt wieder gehen. Außerdem entstehen Freundscha­ften, das sei schön zu sehen. Einige Paare tanzen bereits seit 28 Jahren in der Tanzschule, freut sich Lore Gutzmann. „Ich habe in den letzten Wochen viel Solidaritä­t erfahren, dafür bin ich sehr dankbar.“

 ?? FOTO: CDI ?? Lore Gutzmann hat zahlreiche Plakate und Flyer von Veranstalt­ungen, die wegen der Corona-Krise nicht stattfinde­n konnten. Nun muss sie alles wegschmeiß­en.
FOTO: CDI Lore Gutzmann hat zahlreiche Plakate und Flyer von Veranstalt­ungen, die wegen der Corona-Krise nicht stattfinde­n konnten. Nun muss sie alles wegschmeiß­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany