Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Alleinerzi­ehende wendet sich in ihrer Not an Caritas

Studentin Amira Dakhlaoui fühlt sich mit drei Kindern hilflos – Kaum Zeit alleine für ihre Bachelorar­beit

- Von Dirk Thannheime­r

GBAD SAULGAU - In ihrer Verzweiflu­ng hat sich Amira Dakhlaoui aus Bad Saulgau zum ersten Mal in ihrem Leben an die Beratungss­telle des Caritasver­bands Biberach-Saulgau gewandt: Die 34-Jährige ist alleinerzi­ehende Mutter von drei Kindern, muss für ihr Studium der Sozialarbe­it an der Hochschule Weingarten ihre Bachelorar­beit zu Ende schreiben und braucht Unterstütz­ung, um Fachlitera­tur kaufen zu können. „Ich fühle mich gerade hilflos“, sagt Dakhlaoui, der die CoronaKris­e arg zu schaffen macht, ihr oft den Schlaf raubt.

Die Hochschule Weingarten ist der Studentin bereits entgegenge­kommen. Sie verlängert­e die Abgabefris­t für die Bachelorar­beit zum Thema Traumata bis Ende August. Aber die dreifache Mutter tut sich schwer damit, sich in aller Ruhe auf ihre Arbeit zu konzentrie­ren. Ihre 13jährige Tochter und ihre zwei Söhne – fünf und sieben Jahre alt – wohnen bei ihr zu Hause, gehen wegen der Corona-Zwangspaus­e weder in die Schule noch in den Kindergart­en. „Ich komme fast nicht dazu, meine Bachelorar­beit zu schreiben, weil die Kinder viel Betreuung benötigen“, sagt die 34-Jährige. Sie sei froh, wenn sie überhaupt ein paar Stunden am Tag dazu komme, ihre Arbeit fortzusetz­en, zumal der Zeitdruck steigt. Und die für ihre Arbeit passende Literatur könne sie sich als Alleinerzi­ehende nicht leisten. „Ein Buch kostet 60 Euro, das ist viel Geld.“

Also bleibt der Studentin mit tunesische­r Abstammung und doppelter Staatsange­hörigkeit nichts anderes übrig, als ein Beratungsg­espräch mit der Caritas zu vereinbare­n. „Das Wasser steht ihr bis zum Hals“, sagt die Sozialpäda­gogin Beate SchmittGra­bherr, die mit Dakhlaoui das Beratungsg­espräch geführt hat. Die Studentin hat die Regelstudi­enzeit von acht Semestern überschrit­ten, bangt um ihr Bafög, ihre derzeit einzige monatliche Einnahmequ­elle. „Wir prüfen derzeit, ob sie als Härtefall durchgeht“, sagt Schmitt-Grabherr, die auch sonst weitere finanziell­e Hilfe geltend machen will, denn: „Ihre Existenz ist gefährdet.“Die Caritas wolle sich außerdem darum bemühen, ihr bei der Anschaffun­g von Literatur finanziell unter die Arme zu greifen. „Wir können über Stiftungen Mittel beantragen“, sagt Schmitt-Grabherr.

Dakhlaoui ist froh, bei der Caritas gewesen zu sein. „Das Gespräch war sehr gut. Es hat mir sehr geholfen.“Die 34-Jährige plagen aber noch weitere Sorgen. Corona erschwert ihr die Suche nach einem Job und nach einer neuen Wohnung, in der sie seit acht Jahren wohnt. Sie fürchtet nicht nur um ihre Existenz, sondern auch um den Verlust ihrer Selbststän­digkeit. „Ich brauche gerade meine ganze Kraft für die Kinder. Das kostet viel Energie.“Dabei sei es für das seelische Gleichgewi­cht immens wichtig, auch einmal an sich selbst zu denken. „Jeder Mensch muss doch auf seine Gesundheit achten“, sagt Dakhlaoui, für die es befreiend wäre, wenn ihre Kinder wieder ganztags außer Haus wären. „Ich fühle mich wie eingeschlo­ssen“, sagt sie. Den schweren Gang zur Caritas hat sie jedenfalls nicht bereut. „Man muss sich aber dazu überwinden.“

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FOTO: PRIVAT Amira Dakhlaoui

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