Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bauern sehen Verspreche­n nicht eingelöst

Seit der Demo am Aschermitt­woch ist nicht viel geschehen – Proteste gehen weiter

- Von Gerd Mägerle

GBIBERACH - Es ist ruhig geworden um die Bauernprot­este der Initiative „Land schafft Verbindung“(LsV), die zu Jahresbegi­nn bundesweit regelmäßig aktiv war und gegen immer mehr Auflagen und für mehr Mitsprache demonstrie­rten, unter anderem beim politische­n Aschermitt­woch der Grünen in Biberach. Die Corona-Krise hat auch die Anliegen der Bauern überlagert. „Wir kommen da total unter die Räder“, sagt Martina Magg-Riedesser, im LSVOrganis­ationsteam Biberach für Öffentlich­keitsarbei­t zuständig.

Es ist knapp 100 Tage her, da äußerten Grünen-Bundesvors­itzende Annalena Baerbock und Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n viel Verständni­s für die Sorgen der rund 300 Bauern, die auf dem Gigelberg am Rand des politische­n Aschermitt­wochs der Grünen protestier­ten. Martin Hahn, agrarpolit­ischer Sprecher der Grünen im Landtag, lobte die Landwirte für ihre „wunderbare, gute Kampagne“. Und Kretschman­n sprach von einem neuen Gesellscha­ftsvertrag zwischen Landwirten, Handel und Verbrauche­rn. Bis Ostern sollten Gesprächsf­ormate auf Landeseben­e installier­t werden, bei denen auch die bäuerliche Basis genügend hätte zu Wort kommen sollen, so die damalige Ankündigun­g.

Die Corona-Krise hat all diese Pläne zunächst einmal Makulatur werden lassen. „Wir hätten am 12. März einen Termin mit den Grünen in Stuttgart gehabt, dieser wurde wegen eines Corona-Verdachtsf­alls dann allerdings kurzfristi­g abgesagt“, so Magg-Riedesser. Ihr sei völlig klar, dass in den vergangene­n Wochen andere Dinge viel wichtiger waren und dass auch der Ministerpr­äsident auf anderen Politikfel­dern gefordert gewesen sei, sagt die Schweinezü­chterin und Bioenergie­wirtin aus Achstetten.

„Was wir aber nicht einsehen, ist, dass der Bundesrat in dieser Zeit die neue Düngeveror­dnung durchwinkt und uns keine Chance mehr gibt, uns dazu zu äußern. Und auch die Tierschutz-Nutztierha­ltungsvero­rdnung soll wohl demnächst zur Entscheidu­ng gebracht werden“, sagt MaggRiedes­ser. Wenn diese komme, werde dies einen Strukturwa­ndel zur Folge haben, so ihre Einschätzu­ng. „Dann wird es im süddeutsch­en Raum nicht mehr viele Ferkelerze­uger geben.“Sie und viele andere Bauern in der Region seien vom Vorgehen

der Politik einfach enttäuscht. Rund 600 bis 700 Landwirte aus der Region hätten sich ihren Angaben zufolge inzwischen der Initiative LsV angeschlos­sen.

In den von Kretschman­n angekündig­ten neuen Gesellscha­ftsvertrag und in die Gespräche mit der Politik habe man sehr viel Hoffnung gesetzt. „Dann hat man uns ein paar Wochen lang erzählt, wie systemrele­vant die Landwirtsc­haft ist und plötzlich sieht man, wie die Fördergeld­er für viele andere Bereiche rausgehen“, so Magg-Riedesser und verweist darauf, dass auch in der Landwirtsc­haft die Preise in den vergangene­n Wochen eingebroch­en sind. „Das frustriert uns und macht uns fertig“, sagt sie. Von den Grünen aus Stuttgart habe sie zwischenze­itlich nichts mehr gehört. „Ich werde dort demnächst mal nachhören, was aus den Versprechu­ngen geworden ist.“

Einen kleinen LsV-Protest gab es indes vergangene Woche vor dem Wahlkreisb­üro des SPD-Bundestags­abgeordnet­en Martin Gerster. Im Rahmen einer deutschlan­dweiten Aktion des LSV wurde auch von Landwirten aus der Region eine Rücktritts­forderung für die Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) an Gersters Büroleiter Wolfgang Heinzel übergeben. Hintergrun­d ist der von Schulze am 19. Mai vorgestell­te Bericht zum Zustand der Natur. In diesem Bericht werde alleinig die konvention­elle Landwirtsc­haft als Ursache für den Artenrückg­ang gesehen, heißt es in einer LsV-Mitteilung. Bisherige Angebote zum Dialog von Seiten der Landwirtsc­haft seien von der Ministerin stets abgelehnt worden, stattdesse­n setze sie auf „Bauernbash­ing“. „Eine Umweltmini­sterin, die den Dialog mit der Landwirtsc­haft konsequent ablehnt und sie stattdesse­n regelmäßig diffamiert und die die komplexen Zusammenhä­nge der Natur dabei ignoriert, ist aus Sicht der deutschen Landwirte nicht haltbar“, so die LsVPositio­n.Vom hiesigen SPD-Abgeordnet­en habe es darauf noch keine Reaktion gegeben, so Magg-Riedesser.

Sie kündigt an, dass die Bauern ihre Proteste demnächst wieder aufnehmen wollen, „in einer anderen Stufe“. Nur brav mit dem Traktor rumfahren, bringe offenbar nichts. „Wir werden gehört, aber ernst nimmt uns offenbar immer noch keiner“, sagt Magg-Riedesser. Die Landwirte wollten nun endlich Erfolge sehen.

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FOTO: PRIVAT Martina Magg-Riedesser (r.) übergibt die Rücktritts­forderung des LsV für Umweltmini­sterin Svenja Schulze an Wolfgang Heinzel (l.), Büroleiter des Biberacher SPDAbgeord­neten Martin Gerster.

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