Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Eintauchen in irrationale Bildwelten
Doppelausstellung: Villa Rot zeigt „Anderswelten“und Werke David Czupryns
BURGRIEDEN (sz) - Zwei Ausstellungen zeigt das Museum Villa Rot von Sonntag, 1. November, an. „Anderswelten. Malerei heute“stellt Gemälde in den Mittelpunkt, die einladen, in fiktive irrationale Bildwelten einzutauchen. Parallel zu den „Anderswelten“ist eine Einzelschau mit Werken des Düsseldorfer Malers David Czupryn zu sehen. Die großformatigen Werke des Künstlers bestechen durch ihre intensive Farbigkeit und kompositorische Dichte.
„Elf Sekunden, das ist die Durchschnittsdauer, die Museumsbesucher im Schnitt vor einem Kunstwerk verbringen“, heißt es in der Pressemitteilung von Museumsleiter Marco Hompes. Mit der Ausstellung „Anderswelten. Malerei heute“möchte das Museum Villa Rot dieser Form der schnelllebigen Betrachtung etwas entgegensetzen.
Im Zentrum der Werkschau stehen Gemälde, die in fiktive, irrationalen Bildwelten entführen, die nicht selten von andersartigen Wesen bevölkert sind. Die Werkschau soll dazu einladen, in diesen Anderswelten Alternativen zum alltäglichen Leben zu entdecken. Das gelinge, indem Bekanntes und Erfundenes so miteinander verbunden werden, dass etwas Neues entsteht, das einen in den Bann zu ziehen vermag, so Hompes. Es ließen sich zwei Tendenzen innerhalb der Ausstellung ausmachen: auf der einen Seite Werke, die sich aus dem freien, oft unterbewussten Malprozess ergeben. So entwickeln etwa Juliane Hundertmark, Hyundeok Hwang und Edith Nürnberg hybride Mischwesen. Peter Nikolaus Heikenwälder lässt die Besucher in schwarze Bildwelten eintauchen, in denen sie abstrakten Gebilden begegnen und Andrey Klassens Tuschemalereien sind voller geheimnisvoller Figuren. Auch Jonas Burgert arbeitet ohne Vorstudien und malt seine düsteren, bühnenhaften Szenen direkt auf die Leinwand.
Auf der anderen Seite stehen Kunstschaffende, die für ihre Arbeiten Abbildungen aus dem Internet oder anderen Bildquellen nutzen und die ihre Werke deutlich detaillierter planen. „Indem sie diese neu kombinieren oder verändern, schaffen sie alternative Realitäten“, so der Museumsleiter. Zu den Motivmischern zählen etwa Zhang Rui, Maxim Brandt oder David Czupryn. Simon Pasieka und Florian Rautenberg planen ihre Bildwelten mit großer Sorgfalt und sie planen deren Wirkung im Voraus.
„Allen Arbeiten gemein ist, dass sie die Besucher zum Eintauchen in andersartige Welten einladen“, schreibt Hompes weiter. So seien viele der Werke als malerische Rückzugsorte zu sehen, in denen die Fantasie angeregt wird.
Parallel zu „Anderswelten“zeigt das Museum in seiner Kunsthalle eine Einzelschau mit Werken des Düsseldorfer Malers David Czupryn. Die Bilder bestechen nach Angaben der Ausstellungsmacher durch ihre intensive Farbigkeit und kompositorische Dichte. Bei genauerer Betrachtung zeige sich, dass Czupryn sich aus verschiedenen Bildquellen bediene. Kunsthistorische Referenzen, Motive der Popkultur, der Politik und Natur sowie abstrakte Formen arrangiere er zu komplexen, bühnenhaft wirkenden Kompositionen.
Czupryn gelinge es, die vielen Details seiner Arbeiten malerisch so miteinander zu verschmelzen, dass sie ausbalanciert wirken, schreibt Museumsleiter Hompes. „Das hat zur Folge, dass man nicht von der Flut an Informationen und Eindrücken abgeschreckt wird, sondern bereitwillig mit dem Auge das Dargestellte abscannt, um dabei wie auf einem Bildschirm die einzelnen Elemente zu erfassen.“Hierbei falle vor allem das Interesse des Künstlers an der Wiedergabe unterschiedlicher Materialien auf. Mit handwerklicher Präzision male Czupryn Holzmaserungen, Marmorflächen, Metallrohre oder Neonröhren.
Gezielt kombiniere er vom Menschen bearbeitete, natürliche Stoffe mit synthetischen Werkstoffen. „Die inhaltliche Relevanz dieser Kombinationen begründet sich damit, dass verschiedene Stoffe mit unterschiedlichen Kulturen, historischen Ereignissen
oder gesellschaftlichen Schichten assoziiert werden. Sie erhalten Wert- und Symbolzuschreibungen, werden imitiert oder verpönt, sind also eng mit menschlichen Wertzuschreibungen verknüpft.“Der Künstler selbst spreche in diesem Kontext von „material politics“, zu deutsch Materialpolitik. „Dass Czupryns Werke oft eine digitale Anmutung besitzen, mag kein Zufall sein“, so Hompes. „Immerhin hat die Digitalisierung einen großen Einfluss auf das wechselseitige Verhältnis von Subjekt und Material. Welche Folgen genau, lässt sich aktuell nicht beantworten. Die Bilder motivieren jedoch dazu, darüber nachzudenken.“
Die beiden Ausstellungen sind ab 1. November im Museum Villa Rot zu sehen. Die Schau endet am 21. Februar 2021. Weitere Informationen unter www.villa-rot.de